Neue Initiative zur Errichtung eines Denkmals für das Lager Zgoda – Aktualisierung

Der 75. Jahrestag der Oberschlesischen Tragödie fruchtet mit Initiativen

Ein Denkmal in Schwientochlowitz-Zgoda nach dem Projekt des Architekten Andrzej Grabowski ist eine davon.

Aus dem in diesem Jahr begangenen 75. Jahrestag der Oberschlesischen Tragödie heraus haben sich verschiedene lokale Initiativen entwickelt. Eine davon gründet auf der Idee, das 2004 zunächst nicht realisierte Vorhaben zur Errichtung eines Denkmals in Schwientochlowitz-Zgoda, damals begleitet von dem Architekten Andrzej Grzybowski, wiederzubeleben.

Im Winter 1944/45 marschierten sowjetische Truppen in Oberschlesien ein. Die tragischen Umstände der Besetzung blieben jahrzehntelang ein Tabuthema. Erst nach dem gesellschaftspolitischen Systemumbruch der Jahre 1989/90 bestand die Möglichkeit, die für die bisherigen Machthaber prekären Tatsachen publik zu machen. Ein Teil der Gesellschaft erfuhr zum ersten Mal von den massenhaften Deportationen von Oberschlesiern in die Sowjetunion und von der Tatsache, dass manche der deutschen Konzentrationslager nach dem Krieg als polnische Lager weiterexistiert hatten. So war es auch im Fall des in der Nähe der „Zgoda“-Betriebe gelegenen Lagers in Schwientochlowitz. Zwischen Juni 1943 und der Auflösung des Lagers durch die Deutschen im Januar 1945 bestand hier ein Nebenlager des Konzentrationslagers Auschwitz. Die neuen Machthaber übernahmen die bestehende Infrastruktur im Februar 1945. Funktionäre des Sicherheitsamtes, der Miliz und des NKWD hielten hier ohne jegliche staatsanwaltschaftliche Sanktionierungen Personen deutscher Nationalität, Volksdeutsche sowie Personen fest, denen eine feindliche Einstellung gegenüber dem neuen System vorgeworfen wurde. Vielen der Insassen wurde zum Verhängnis, dass sie während des Krieges in die zweite Abteilung der Deutschen Volksliste eingruppiert worden waren. Außerdem fanden sich vor Ort Polen aus Zentralpolen sowie 38 Ausländer (Österreicher, Rumänen, Tschechien, Franzosen, Jugoslawen, Amerikaner, Niederländer und Belgier) wieder. Gemeinsam mit ihren Eltern wurden auch Kinder interniert. Eine Typhusepidemie, schwere Arbeit und körperliche Misshandlungen dezimierten die Zahl der Inhaftierten. Im Lager herrschten entsetzlicher Hunger und katastrophale Hygiene- und Lebensbedingungen vor. Aus den erhalten gebliebenen Dokumenten geht hervor, dass dort innerhalb weniger Monate über 1.850 Menschen ihr Leben ließen. Die Leichen wurden in Massengräbern auf zwei katholischen und einem evangelischen Friedhof verscharrt.

In Schwientochlowitz existieren mehrere Orte der Erinnerung an die Opfer des Lagers in Zgoda, aber die Hauptfeierlichkeiten finden seit Jahren am ehemaligen Lagertor statt, wo sich im Herbst 1945 weinende Frauen versammelten, die Fotos ihrer Söhne, Töchter, Ehemänner oder Brüder in den Händen hielten, in der Hoffnung, sie unter den aus dem Lager lebenden, freigelassenen Personen wiederzufinden. Hier wird der Opfer beider totalitärer Gewaltsysteme – des nationalsozialistischen und des kommunistischen – gedacht. An dieser Stelle befindet sich auch der Zielpunkt des 2009 ins Leben gerufenen „Marsches nach Zgoda“, der an die Oberschlesische Tragödie erinnert und bei dem die Teilnehmer in den Spuren der Häftlinge wandeln, die im Winter 1945 die zehn Kilometer lange Strecke von Kattowitz nach Schwientochlowitz bewältigen mussten. Seit vielen Jahren treffen sich immer am 17. Juni an dieser Stelle Menschen, um den Opfern des Lagers Zgoda zu gedenken.

Am 15. bzw. 23 Januar 2020 fassten Senat und Sejm der Republik Polen den Beschluss zum Gedenken an die Oberschlesische Tragödie. Die Stadtverwaltung von Schwientochlowitz startete eine Initiative zur Begehung von Feierlichkeiten und zur Wiederaufnahme der Planungen zum Bau eines Denkmals, die 2004 aufgrund fehlender finanzieller Mittel zum Stillstand gekommen war. Im September 2020 wurde das fünfköpfige Sozialkomitee zum Bau des Denkmals für die Opfer des Lagers Zgoda berufen. Die Ehrenpatenschaft übernahm Halina Bieda, Senatorin der Republik Polen. Überdies sicherte man sich die Unterstützung des Instituts für Nationales Gedenken für das Vorhaben. Ein Spendenkonto ist inzwischen auch eingerichtet worden. Die Gesamtkosten des Baus werden auf 300.000 Złoty (ca. 70.000 EUR) geschätzt. Die feierliche Enthüllung des Denkmals ist für den 19. Juni 2021 vorgesehen. Herz der gesamten Initiative ist einer der letzten noch lebenden Häftlinge des Lagers, der 90-jährige Gerhard Gruschka. Gemeinsam mit Josef Malek und dessen Ehefrau Helena (die ihren Vater im Lager verloren hat) sowie Reinhard Malina mauerte er im Jahr 1994 in eine der Säulen des Lagertors einen Stein mit dem gekreuzigten Christus ein, und begann damit, Spendengelder für die aktuelle Realisierung einzusammeln. Gruschka nahm Kontakt zur Konsulin Birgit Fisel-Rösle auf und gewann ihre wohlwollende Unterstützung. Er wandte sich außerdem an Herrn Heiko Hendriks, den Beauftragten für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern des Landes NRW, bei dem er ebenfalls auf Offenheit und Hilfsbereitschaft stieß. Überdies gelang es ihm, private Spender zu finden, die bereit waren, die Initiative zu unterstützen. Gerhard Gruschkas größter Wunsch wäre es, wenn das Denkmal zu einem Gedenkort sowohl für die jüdischen Opfer des Nebenlagers Auschwitz-Eintrachthütte als auch für diejenigen des kommunistischen Unrechtssystems und seines Arbeitslagers Zgoda würde.

Wir bitten um Unterstützung des Projekts durch die Verbreitung der Information über unsere Initiative im In- und Ausland.

Kontaktpersonen sind:

Adrian Blondzik, Pressedienst der Stadtverwaltung in Schwientochlowitz/Świętochłowice, tel. +48 32 349 18 26, E-Mail:  rzecznik@swietochlowice.pl

Izabella Kühnel, Tel. +48 508 985 552, E-Mail: Izabella-kuehnel@wp.pl

Eugeniusz Nagel, Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in der Wojewodschaft Schlesien, Tel. +48 608 864 343, E-Mail: e.nagel@interia.pl

Unser Vorhaben kann durch Einzahlung auf das nachfolgend aufgeführte Konto unterstützt werden

IBAN: PL31 1090 2011 0000 0001 4683 6010
SWIFT für Auslandsüberweisungen: WBK PPL PP
Bank: Santander Bank Polska

Text: Izabela Wójcik-Kühnel
Übersetzung: David Skrabania