Die unsanierten Hinterhöfe der Ohlauer Vorstadt in Breslau spielen Ostberlin der 1980er Jahre
Die sechsteilige Serie wird in Polen, in Bayern und Berlin gedreht.
Im Zentrum der neuen deutschen TV-Produktion steht der Berliner Friedrichstadt-Palast. Die größte Bühne der Welt wird zum ersten Mal in ihrer 100-jährigen Geschichte Schauplatz einer spannenden Ost-West-Familiengeschichte. „Der Palast“ erzählt von den Zwillingsschwestern Chris und Marlene (die anspruchsvolle Doppelrolle spielt Svenja Jung), die kurz nach der Geburt durch den Bau der Berliner Mauer getrennt wurden. Chris lebt mit ihrer Mutter in Ostberlin und ist Solotänzerin am Friedrichstadt-Palast, Marlene dagegen bei ihrem Vater im Westen.
Mit 26 Jahren, im Jahre 1987, stehen sich die Zwillingsschwestern das erste Mal in ihrem Leben gegenüber. Mit dieser Begegnung prallen zwei unterschiedliche Welten aufeinander: der Osten mit seinem real existierenden Sozialismus und dem glitzernden Showbusiness des Friedrichstadt-Palastes und der Westen mit seiner Konsumgesellschaft und einem konservativen Familienunternehmen des Vaters. Die Heldinnen entscheiden sich heimlich, die Rollen zu tauschen, um ihre Familiengeschichte zu entdecken und Familienmitglieder kennenzulernen. „Diese schicksalhafte Begegnung der beiden Frauen beschwört nicht nur ihre eigenen Träume, Wünsche und Hoffnungen herauf, sondern auch die Lust, das Leben jenseits aller äußeren und inneren Mauern zu genießen. Welche Bühne wäre dazu besser geeignet, als die größte Theaterbühne der Welt, damals auch als «Las Vegas des Ostens» weltweit bekannt“ – lesen wir in der Filmankündigung auf Constantin Film Webseite .
Anfang Dezember wurden einige Szenen auf dem Hof in der Łukasińskiego-Straße (früher Martha-Straße in der Ohlauer Vorstadt) in Wroclaw (Breslau) gedreht. Die Gebäude Nummer 15a und 15b spielen einen Ost-Berliner Hinterhof von 1987. Dies ist wahrscheinlich der letzte „Auftritt“ des Hofes in einem Film, denn nächstes Jahr wird dort mit einer mehrstufigen Renovierung begonnen. Die Mietshäuser werden an das städtische Heizungsnetz angeschlossen, die alten Garagen werden abgerissen, das Gelände wird entwässert und beleuchtet. Die Investition umfasst auch den Bau eines Sport- und Spielplatzes und eines Freizeitgeländes.
Das Projekt wird teilweise im Rahmen des städtischen Bürgerbudgets realisiert. Jedes Jahr dürfen Breslauer Bürger eigene Projekte anmelden und wenn sie genügend Stimmen bekommen, muss das Projekt von der Stadt realisiert werden. Den Bürgern von der Łukasińskiego-Str. ist es gelungen, ihr Anliegen durchzusetzen. Im Rahmen des angemeldeten Projekts entsteht „der Hinterhof aller Einwohner“ – solchen Namen wählten die Ideengeber für eigene Initiative aus. Was sagen die Einwohner zu den Dreharbeiten? „Man weiß nicht, ob man sich freuen oder schämen sollte… Es gibt leider hier viele Ecken, die sogar Berlin der Nachkriegsjahre spielen könnten“ – sagen sie. Man versteht die Einwohner gut, aber es ist auch klar, dass nicht der Ring oder die Dominsel für die Regisseure attraktiv sind, sondern die von den Touristen weniger besuchten Gassen und Straßen, die oft vernachlässigten Treppenhäuser und Innenhöfe.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Ohlauer Vorstadt als Filmkulisse „Berlin“ dient. Mit „Aimée & Jaguar“ (1999) drehte hier sein Filmdebüt der Regisseur Max Färberböck. In dieser Gegend arbeitete der Regisseur Dror Zahavi bei dem Film „Die Luftbrücke – Nur der Himmel war frei“. Im Jahre 2015 realisierte hier Steven Spielberg in seinem Film „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ eine imposante Szene mit dem Bau der Berliner Mauer. Breslau als Ostberlin finden wir auch in dem Film „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“ (2018) des polnischen Regisseurs Paweł Pawlikowski. Die nächste Filmproduktion ist „Der Palast“ von Uli Edel. Der Termin für die Premiere steht bisher nicht fest.
Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka