Im Dezember jährte sich zum 71. Mal der Todestag von Josef Koždoň

Der einst einflussreiche Politiker aus Österreichisch-Schlesien ist heute weitgehend vergessen

„Ich bin kein Deutscher. Ich bin aber auch kein Pole und will keiner werden“ – lautete das politische Motto Koždoňs.

Konsequent behauptete er, dass die polnischsprachige Bevölkerung des habsburgischen Teschener Schlesiens trotz der linguistischen Verwandtschaft keinen Bestandteil der polnischen Nation bilde. Er ging davon aus, dass die Schlesier der polnischen Zunge ein separates Volk seien, das aufgrund der historischen Entwicklung dem deutschen Kultur-kreis zugehörig sei. In der Periode vor dem Ersten Weltkrieg stellte Koždoňs Schlesische Volkspartei (poln. Śląska Partia Ludowa) in Österreichisch-Schlesien eine ernst-zunehmende politische Kraft dar und hatte ihre Repräsentanz im Troppauer Landtag. Die größte Unterstützung genoss die Partei im Osten der Region, insbesondere in den von polnischsprachiger, aber zu einem nicht geringen Teil protestantischer Bevölkerung bewohnten ländlichen Gebieten der Kreise Bielitz/ Bielsko und Teschen/ Cieszyn.


Koždoň um 1914, aus der Sammlung von Jacek Proszyk, Wikimedia Commons.

Eine Gefahr für die einheimischen Schlesier sah der 1873 in Ober Lischna/ Leszna Górna bei Teschen geborene charismatische Politiker in erster Linie in der Polonisierung durch die zunehmende Zuwanderung aus dem ebenfalls habsburgischen Galizien und in den – seiner Ansicht nach schlesienfeindlichen – Aktivitäten der polnischen Nationalbewegung. In den Zeiten Österreich-Ungarns sprach sich Koždoň für eine möglichst breite Autonomie und eine uneingeschränkte deutsch-polnische Zweisprachigkeit der Region aus. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie setzte er sich für die Gründung des Freistaates Oberschlesien ein, der neben dem Teschener auch den preußischen Teil der Region umfassen sollte. Die Teilung beider Gebiete zwischen Polen und der Tschechoslowakei bzw. zwischen Polen und Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg empfand er als große Enttäuschung, zumal die Hochburgen seiner Schlesischen Volkspartei 1920 von den Siegermächten Polen zugesprochen wurden. Ihre Anhänger wurden fortan von der polnischen Verwaltung in diverser Form schikaniert, wodurch die Schlonsaken-Bewegung ihre frühere politische Bedeutung rasch verlor. Bereits 1918 waren Koždoň und einige seiner Mitarbeiter von den Polen entführt und für mehrere Wochen in Krakau inhaftiert worden. Damit hatte Warschau bereits vor den endgültigen Entscheidungen in klarer Form signalisiert, dass es zukünftig in seinem Teil Schlesiens keine separatistischen Tendenzen dulden wird.

Symbolisches Grab Josef Koždoňs in Tschechisch-Teschen, Darwinek, Wikimedia Commons.

In der Zwischenkriegszeit war Koždoň Bürgermeister von Tschechisch-Teschen/ Český Těšín. Als im Oktober 1938 der bis dahin tschechoslowakische Teil des Teschener Schlesiens an Polen angeschlossen wurde, zog er nach Troppau/ Opava, das nun im deutsch gewordenen Sudetenland lag. Von den Nazis wurde er als „Kämpfer für das Deutschtum“ gefeiert, doch er nutzte seine Einflüsse, um politisch Verfolgte, zum Teil sogar seine früheren Gegner, vor dem Terror zu schützen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte die polnische Seite Koždoň als angeblichen Kollaborateur verhaften, doch scheiterten die Bemühungen um seine Auslieferung an dem entschiedenen Widerstand der tschecho-slowakischen Regierung. Auch misslang der Versuch des Stabes der Polnischen Armee, ihn zu entführen. Der Politiker starb vier Jahre nach Kriegsende in Troppau und wurde dort beigesetzt. Auf dem Friedhof in Tschechisch-Teschen, der Stadt dessen Bürgermeister er 15 Jahre lang war, befindet sich zudem sein symbolisches Grab.

Text: Dawid Smolorz