Koszęcin (Koschentin) im Lublinitzer Land

„Śląsk“ und einiges mehr

Koschentin ist weit über die Grenzen Oberschlesiens hinaus bekannt.

Das kleine Koschentin ist weit über die Grenzen Oberschlesiens hinaus bekannt. Grund dafür sind jedoch in erster Linie nicht die interessanten Relikte der Vergangenheit. Diese stehen trotz ihres hohen Wertes meistens im Schatten des Tanz- und Gesangensembles „Śląsk”, das in Koschentin seinen Sitz hat. Neben „Mazowsze“ ist es das zweite staatliche Ensemble, das die polnische Tradition der Volksmusik und des Volkstanzes pflegt. Jährlich gibt „Śląsk” im Schnitt  200 Konzerte. Das Ensemble besuchte bisher 44 Länder auf fünf Kontinenten. In Anlehnung an seine Aktivitäten wurde 2005 das Schlesische Zentrum für Regionalbildung (Śląskie Centrum Edukacji Regionalnej) gegründet. Kindern, Jugendlichen und Lehrern bietet die Einrichtung Bildungsmaßnahmen an, deren Schwerpunkt die slawisch-oberschlesische Kultur im breiteren Sinne bildet.

Tanz- und Gesangensemble „Śląsk”. Quelle: wikimedia commons, JoannaAdamowicz.

Seit der Gründung 1953 hat das Ensemble im Koschentiner Schloss sein Domizil. Die Anlage gehörte seit dem Ende des 18. Jahrhunderts dem Geschlecht Hohenlohe-Ingelfingen und verdankt  dieser Familie seine bis heute erhaltene spätklassizistische Gestalt. Vor einigen Jahren gründlich renoviert bildet das Schloss zusammen mit dem Park einen wichtigen Punkt auf der kulturellen Karte des östlichen Oberschlesien.

Schloss Koschentin. Quelle: wikimedia commons, MichalPL.

Ein Objekt, das dem Schloss an Wert und Bedeutung nicht nachsteht, ist die am südlichen Ortsrand gelegene Schrotholzkirche aus dem 18. Jahrhundert. Zwar sind Gotteshäuser aus Holz keine Seltenheit in Oberschlesien, doch die Koschentiner Kirche macht vor allem ein Ausstattungselement berühmt, nämlich die gemalte Geschichte ihrer Entstehung. Das historische Gemälde, das sich in acht Felder teilt, erinnert ihrer Form nach an einen Comic, in dem jedem Bild ein polnischsprachiger, gereimter Text zugeordnet wurde. Es erzählt von einer Müllerstochter, der mehrmals drei Kinder erschienen seien. Diese sollten der Sage nach die heilige Dreifaltigkeit verkörpern und die lokale Gemeinschaft dazu aufgerufen haben, in Koschentin eine Wallfahrtskirche zu errichten.

In dem städtisch anmutenden Dorf mit 4.500 Einwohnern befindet sich darüber hinaus ein untypisches, sozusagen privates Denkmal. Ein Koschentiner Bürger errichtete nämlich auf seinem privaten Grundstück ein Mahnmal, das an 370 junge Männer aus diesem Ort erinnert, welche in den vergangenen 200 Jahren als Soldaten verschiedener Armeen ihr Leben verloren haben. Dem Initiator gelang es, durch eigene Recherche die Namen aller Gefallenen zu identifizieren.

Text: Dawid Smolorz