Deutsches Kulturfest in Breslau zieht zahlreiche Besucher an

Ein wichtiger Tag für die Deutschen in Polen

Über 4000 Besucher strömen am 10. September in die Breslauer Jahrhunderthalle zum Kulturfestival der Deutschen Minderheit.

Über 4000 Besucher strömen am 10. September in die Breslauer Jahrhunderthalle zum Kulturfestival der Deutschen Minderheit. Aus Deutschland, Tschechien, Lettland, der Slowakei, der Ukraine und aus ganz Polen waren sie angereist.

„Alle unterhaken!“ ist die Ansage und dann spielt die kleine Kapelle auf. So ein Tag, so wunderschön wie heute! Und die eingehakten Menschen schunkeln mit, rechts, links, rechts, der Text sitzt bei allen. An mehr als 40 Ständen präsentieren sich in der Vorhalle deutsche und schlesische Vereine und an jeder Ecke wird gefühlt die komplette deutsche Volksliedersammlung rauf und runter gespielt. Da vergisst man schnell: Wir sind in Polen. Es ist ein wundersamer Zauber, der über diesem Fest liegt.

Die Jahrhunderthalle in Breslau.

Für Hartmut Koschyk von der Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ mit Sitz in Bayreuth ist es eine besondere Veranstaltung. Koschyk, seines Zeichens eigentlich Politiker, präsentiert sich diesmal als Frontmann der Band „Die lustigen Oberfranken“ in einer ganz neuen Rolle. „Ich habe in einer Schülerband Klavier gespielt und gesungen. Und mit den Freunden hier haben wir immer Musik gemacht. Wir spielen Lieder der Heimat, deutsche Volkslieder aus ganz Europa. Die Idee ist vor anderthalb bis zwei Jahren gereift und dahinter steckt viel Arbeit, um sie heute hier auf die Bühne zu bringen“, sagt Koschyk und schiebt nach: „Wir wollen das Liedgut der deutschen Minderheiten, Aussiedler und Vertriebenen aus Deutschland erhalten. Und mit tollen Arrangements die Lieder so machen, dass die Leute Lust haben, mitzusingen.“

Volkstümliches modern arrangiert – das kommt an und sorgt für Stimmung am Stand. Auch bei der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen mit Sitz in Berlin und Bonn, sie präsentiert sich stolz mit Volksmusikern der deutschen Minderheit aus Lettland. Im Gepäck der Kulturstiftung aber auch mit dabei zwei Ausstellungen, von der eine in Schlesien verbleibt: „Die Wanderausstellung Backsteinarchitektur im Ostseeraum war in verschiedenen Städten Polens zu sehen, zuletzt in Elbing. Sie wird nun als Dauerleihgabe ins Dokumentationszentrum nach Oppeln kommen“,sagt Thomas Konhäuser, Vorsitzender der Kulturstiftung.

Die lustigen Oberfranken.

Die Eröffnung des Festivals kurz vorher. Man kann sagen: pompös. Fast hat es etwas Staatstragendes. Und ein bisschen ist es auch wie bei einem großen Fußballspiel. Als die Hymnen Polens und Deutschlands und die Europahymne gespielt und Staatsflaggen auf die Bühne getragen werden, soll jedem Besucher klarwerden: Diese Veranstaltung ist eine mit Gewicht!

Immerhin: Nur alle drei Jahre findet das Kulturfest der Deutschen in Polen statt, und mit Breslaus historischer und prestigeträchtiger Jahrhunderthalle als Veranstaltungsort lässt man sich nicht lumpen. Auch die Schirmherren Frank Walter Steinmeier und Andrzej Duda, Deutschlands und Polens Staatspräsidenten, geben schließlich nicht für alles ihren Namen her.

Insgesamt präsentieren sich mehr als 400 Künstler auf der Bühne. Der Männerchor der Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien zum Beispiel ist eigens für das 7. Kulturfestival gegründet worden. Der Chor erinnert an die einst lebendige Tradition der Männerchöre und bringt die Generationen zusammen.

Deutsche Volksmusikerinnen aus Lettland.

Und dann am Abend der Höhepunkt. Auf sie haben alle gewartet: die Schlagerstars Stefan Mros und Anna Carina Wojtschak. „Mein Opa kommt aus der Nähe von Kattowitz und heißt auch Stefan Mros. Ich habe ihn leider nie kennengelernt, nur aus Erzählungen und Fotos kenne ich ihn. Wir hatten vor vielen Jahren schon einmal ein Konzert in Kattowitz und da waren ganz viel Mros da. Das hat mich sehr gefreut. Und es ist immer wieder ein schönes Gefühl. Ich bin heute das zweite Mal hier. Du glaube ich das erste Mal. Und wir freuen und wirklich auf den heutigen Abend“, sagt Mros.“ Man habe schon öfter Kollegen nach Breslau eingeladen, berichtet Mros, und die Kollegen hätten erzählt: Das wird total toll!

„Ich hoffe, uns versteht heute jeder“, bangt Mros. Anna Carina habe auf der achtstündigen Fahrt in die niederschlesische Metropole ein bisschen Polnisch geübt. „Ich bin gespannt, ob man unsere Lieder mitsingen kann, ob man die Titel kennt. Das ist für uns sehr aufregen“, sagt sie. Und wie sich zeigt: Ja, die Menschen hier kennen die Lieder und ja, sie singen mit. Da ist er wieder, dieser wundersame Zauber.

Auf sie haben alle gewartet, Stefan Mros und Anna Carina Wojtschak.

Über 4000 Besucher waren dabei an diesem 10. September 2022 in der Breslauer Jahrhunderthalle zum 7. Kulturfestival der Deutschen Minderheit. Das sind knapp 1000 weniger als beim letzten Mal. Der Zauber aber, der darüber liegt, der ist noch immer derselbe.

Text und Bilder: Marie Baumgarten