Neues Leben für den Offizierspavillon in Kowary

Die Perle der Gartenarchitektur des 18. Jahrhunderts verfällt seit Jahrzehnten

Junge Unternehmerin möchte den Pavillon sanieren und sucht nach historischen Zeugnissen.

Eine der originellsten Architekturperlen in Niederschlesien ist der aus dem 18. Jahrhundert stammende Offizierspavillon in Kowary (Schmiedeberg). Nach 1945 in gutem Zustand, diente der Bau noch in den 1960er Jahren den Touristen als Aussichtspunkt auf das Riesengebirge. Jahrzehnte lang wurde der seit 1986 unter Denkmalschutz stehende Bau vernachlässigt und verfiel zunehmend. In den 1990er Jahren ist er zusammen mit dem nahestehenden Wohnhaus in Privatbesitz gelangt. Die vom Denkmalschutz geforderten Auflagen wurden nicht erfüllt, die verhängten Strafen nicht bezahlt, im Endeffekt wurden die Besitzer enteignet und haben eine komplette Ruine hinterlassen.

Im Zuge der Zwangsversteigerung wurde das Objekt im April 2021 von einer jungen Unternehmerin erworben. Es ist kein Zufall, denn Emilia Baszak ist 1988 in Kowary geboren und aufgewachsen. Sie ging zum Ökonomie-Studium nach Wrocław (Breslau) und ist in der niederschlesischen Metropole geblieben, wo sie erfolgreich zwei Restaurants führt. Während des pandemiebedingten Lockdowns verbrachte die junge Geschäftsfrau wieder mehr Zeit in ihrer Heimatstadt und wurde auf den Gartenpavillon aufmerksam.

Emilia Baszak vor ihrem „Pilzchen“ in Kowary.

„Im Volksmund nennen wir das Objekt Pilzchen (poln. grzybek) – wegen seiner charakteristischen Form. Als Kind wohnte ich sogar in der Nähe, wir haben hier gespielt. Nicht weit entfernt befindet sich bis heute eine Grundschule. Als erwachsener Mensch habe ich mich dann immer wieder gefragt, warum dem schönen Objekt dieses traurige Schicksal zuteil wird. Als ich von der Zwangsversteigerung erfuhr, beschloss ich, das Pilzchen zu retten“, so Emilia Baszak.

Warum ist der Gartenpavillon so besonders?
Das Offizierspavillon in Kowary (Schmiedeberg) wurde um 1780 als eines der schönsten Beispiele der Gartenarchitektur der “friderizianischen Ära” in Niederschlesien errichtet. Das einzigartige Gebäude, das sich von allen anderen dieser Art unterscheidet, diente zunächst als Pavillon im Privatgarten der Stadtvilla der Familie von Arnauld de la Perière und wurde später, nachdem die Villa in eine Kaserne umfunktioniert worden war, zum Teehaus und Erholungsort des VII. Grenadier-Regiments „König Wilhelm I.“ aus Liegnitz (heute Legnica). Seit der Zeit spricht man vom Offizierspavillon.

Offizierspavillon in Kowary (Schmiedeberg) vor 1945. Fotopolska.eu
Offizierspavillon in Kowary (Schmiedeberg) vor 1945. Fotopolska.eu

Der Pavillon wurde auf einem elliptischen Grundriss als Mischung aus Rokoko und der europäischen Variante des chinesischen Stils (Chinoiserie) erbaut und besteht aus drei Hauptteilen: dem steinernen Sockel, der das Untergeschoss mit einer Außentreppe abdeckt, dem sonnigen, gelb verputzten Piano Nobile mit dem Hauptaufenthaltsraum und dem weitläufigen Dach, das mit Schiefer in abwechselnden Streifen gedeckt und mit einer kleinen Palme aus poliertem Kupferblech gekrönt war.

Der ovale Saal des Piano Nobile wurde durch regelmäßig verteilte Porte-Fenêtre-Fenster mit Holzverschalung und Verglasung erhellt. Der Charakter der Fassade dieses Stockwerks wurde zudem durch orientierende Pilaster zwischen den Fenstern hervorgehoben. Diese im Querschnitt halbkreisförmigen Pilaster enden an der Giebelseite mit einer vereinfachten Darstellung einer Knospe aus Palmenblättern. Die Holzdecke über dem Saal war verputzt und hatte eine zusätzliche Stuckverzierung in Form einer Ellipse aus kannelierten Leisten. Das Vorhandensein einer polychromen oder tapezierten Wanddekoration im Inneren der Halle kann nicht ausgeschlossen werden. Von der Ebene des Saals aus konnte man auf den Balkon gelangen, der in Form einer Galerie einen Rundgang um den Ruheraum ermöglichte. Die auf einem Steinsockel ruhende Galerie war mit einer filigranen schmiedeeisernen Balustrade mit Segmenten in Form eines vertikalen Andreaskreuzes ausgestattet. Die Galerie wurde von der Traufe eines schlanken Kegeldaches überdacht, dessen Trauflinie die ellipsenförmige Projektion des Gebäudes nachbildete.

In regionalen Publikationen der Vorkriegszeit wurde der Gartenpavillon als eine der wichtigsten touristischen Attraktionen der Stadt erwähnt. Fotopolska.eu

Vom Garten aus betrachtet, befand sich der Gartenpavillon mit der Teestube am Ende der Hauptachse der Raumkomposition. Zu beiden Seiten wurden Reihen von geformten Linden und Buchen gepflanzt, die den Blick auf die Schneekoppe vom Garten aus verdeckten. Dies war beabsichtigt: Nur beim Betreten des Pavillons, auf dem Boden des Piano Nobile, konnte der Besucher das herrliche Panorama der Berge bewundern. Von außen betrachtet war das in die Steinmauer des Gartens eingebettete Teehaus eine der wichtigsten Stationen des Wanderweges durch Schmiedeberg. Der Steinsockel des Gebäudes ermöglichte den Zugang vom Garten direkt auf die Promenade. In regionalen Publikationen der Vorkriegszeit wurde der Gartenpavillon als eine der wichtigsten touristischen Attraktionen der Stadt erwähnt. Im Schmiedeberger Rathaus wurde er sogar im Ratssaal abgebildet.

Ein neues-altes Teehaus?
Emilia Baszak möchte dem Objekt ein zweites Leben geben. Das renommierte und für Altbausanierung und -umbau bekannte Architekturbüro von Dr. Ing. Roman Rutkowski aus Wrocław hat bereits einen Entwurf für die ganzheitliche Renovierung und Ertüchtigung des Baus als Teehaus Herbaciarnia w Kowarach erarbeitet. Der Entwurf ist bereits von der Denkmalschutzbehörde genehmigt.

Aktuell bemüht sich Emilia Baszak um eine öffentliche Förderung ihres Vorhabens. „Das ist ein kleines Gebäude, seine Nutzung für gastronomische Zwecke ist heutzutage mit klar definierten Auflagen verbunden, die die Nutzfläche noch minimieren werden. In beiden Stockwerken und mit der Terrasse werden es um die 200 qm sein. Es bleibt ein Gartenpavillon ohne Heizung, das heißt, die Gastronomie wird nur saisonal in den Sommermonaten möglich sein. Reich wird man hier als Gastronom nicht. Trotzdem würde ich den Betrieb nach wirtschaftlichen Prinzipen aufbauen, sobald der Pavillon fertig saniert ist. Aber ich bin nicht imstande, die ganze Sanierung, die ja größtenteils ein regelrechter Wiederaufbau sein wird, zu finanzieren. Allein das neue Dach wird um die 220.000 Złoty (ca. 50.000 Euro) kosten. Die Ämter haben bei dem Objekt jahrelang versagt, jetzt wäre es richtig und wichtig, dass sich die öffentliche Hand an dem Sanierungsprojekt beteiligt. Ich bin dabei, Ministerien, Ämter, Denkmalschutzbehörden in Wrocław und Warszawa aber auch deutsch-polnische Stiftungen anzuschreiben. Ich gebe mir ein Jahr Zeit, um ein tragbares Finanzierungsmodel zu erarbeiten“, sagt Emilia Baszak.

Suche nach alten Zeugnissen
Gleichzeitig sucht die Investorin nach alten Fotografien, Grafiken und schriftlichen Zeugnissen aus Zeitungen, Briefen oder Reiseberichten, in denen der Gartenpavillon erwähnt wurde. „Wir haben einige alte Fotografien des Baus von außen, zum Grundriss und zur äußeren Hülle sind wir sind beim Herder-Institut fündig geworden, wo ein Inventurdokument aus dem Jahre 1927 zu diesem Objekt aufbewahrt wird. Vom Inneren des Pavillons haben wir jedoch trotz langer und intensiver Recherche noch gar nichts gefunden. Dabei würden wir uns gern auch bei der Innenausstattung des Teehauses am historischen Vorbild orientieren. Deswegen wende ich mich mit der großen Bitte an die ehemaligen Bewohner von Schmiedeberg, an ihre Nachfahren, an Kunsthistoriker, Archivare, Schlesienfreunde und -kenner, an alle, die helfen könnten: Schauen Sie in ihren Beständen nach, ob Sie etwas zum Gartenpavillon in Schmiedeberg finden. Jeder Hinweis, jedes Bild ist kostbar.“

Rückmeldungen werden an die Adresse der Redaktion von SILESIA News (abormann@schlesisches-museum.de) erbeten.

Text: Agnieszka Bormann
Bildmaterial: Emilia Baszak
Herbaciarnia w Kowarach