Von Cosel nach Gleiwitz
Zum Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme gehörte der Kanal zu den modernsten Wasserstraßen der Welt.
Viele der eingesetzten technischen Lösungen waren damals ein Novum, um nur das Wassersparsystem und die Programmiergeräte für die Schließung und die Öffnung der Kammertore zu nennen. Den Höhenunterschied von 43 m zwischen den Endpunkten, die die Häfen in Cosel/Koźle und in Gleiwitz/Gliwice bilden, überwinden die Schiffe dank sechs Schleusen. Eine interessante technische Sehenswürdigkeit ist der sogenannt Siphon der Klodnitz. Bei diesem östlich von Kandrzin-Cosel/Kędzierzyn-Koźle gelegenen Ingenieurbauwerk handelt sich um eine höhenfreie Kreuzung eines Flusses und des Gleiwitzer Kanals. Die Klodnitz fließt dort in drei großen Betonrohren von einer Länge von ca. 50 m unter dem Kanal.
Der Bau der neuen Wasserstraße in Oberschlesien begann in der zweiten Jahreshälfte 1934. Am 8. Dezember 1939 wurde der Adolf-Hitler-Kanal, so die damalige offizielle Bezeichnung, an der Schleuse in Sersno/Dzierżno bei Peiskretscham/Pyskowice mit großem Pomp eröffnet. Zeitgleich mit der Inbetriebnahme des Gleiwitzer Kanals erfolgte der erste Spatenstich für den Donau-Oder-Kanal. Bis auf einen kurzen Abschnitt wurde dieses Vorhaben allerdings nicht umgesetzt.
Der neue Kanal ersetzte den mittlerweile stark überholten Klodnitzkanal. Doch auch dieser alte Wasserweg hatte einst eine enorme Bedeutung für Oberschlesien – fast könnte man ihn als Autobahn seiner Zeit bezeichnen. Im frühen 19. Jahrhundert, als weder die Eisenbahn noch gute Straßen existierten, förderte er die Entwicklung nicht nur des noch jungen Industriegebiets, sondern der gesamten peripher gelegenen Region des Königreichs Preußen. Im 20. Jahrhundert war der Klodnitzkanal aber längst nicht mehr imstande, mit der Eisenbahn zu konkurrieren.
Heute wird das Potenzial des Gleiwitzer Kanals bei Weitem nicht genutzt. Während des Zweiten Weltkrieges kaum zerstört erlebte er in der sozialistischen Periode seine Blütezeit, vor allem wurde damals die oberschlesische Kohle zum Haften Stettin und an die an der Oder gelegenen Heiz- und Kraftwerke transportiert. Seit den 1990er Jahren herrscht auf dem Wasserweg zwischen Gleiwitz und Cosel deutlich weniger Betrieb. Die umfassende Sanierung aller Schleusen, die vor wenigen Jahren mit hohem Kostenaufwand durch den Betreiber, die Gesellschaft „Wody Polskie“, durchgeführt wurde, deutet darauf hin, dass der Gleiwitzer Kanal doch in einer längeren Perspektive als wichtiger Transportweg betrachtet wird.
Text: Dawid Smolorz