Oberschlesien, die Hochburg der Minderheiten

Laut letzter Volkszählung ist Oberschlesien die am stärksten multikulturelle Region Polens

Die ethnische Zugehörigkeit der Bevölkerung Polens kann seit neuestem auch in den einzelnen Kreisen und Gemeinden analysiert werden.

Einige Monate nach der Bekanntgabe der globalen Ergebnisse der Volkszählung von 2021 hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit der Bevölkerung Polens veröffentlichte das Statistische Hauptamt in Warschau (GUS, Główny Urząd Statystyczny) eine Information über den Anteil alteingesessener, nicht-polnischer Bevölkerung in den einzelnen Kreisen und Gemeinden.

Wie der Zensus ergab, ist Oberschlesien mit seiner deutschen Minderheit und einem mancherorts hohen Anteil ethnischer Oberschlesier die am stärksten multikulturelle Region Polens. Die meisten Deutschen leben in den Landkreisen Krappitz/ Krapkowice (13,6%), Oppeln/Opole (12,1%), Rosenberg/ Olesno (11,6%) und Groß Strehlitz/ Strzelce Opolskie (11,3). Die Gemeinde mit dem höchsten Anteil deutscher Bevölkerung in Polen ist mit 34,9 Prozent Radlau/ Radłów im nordoberschlesischen Kreis Rosenberg.

Zweisprachiger Wegweiser im Siedlungsgebiet der belarussischen Minderheit. Quelle: Mikołaj Grycuk, Wikimedia Commons.

Die schlesische bzw. oberschlesische Nationalität gaben am häufigsten die Einwohner der Landkreise Rybnik/ Rybnik (36,3%) und Nikolai/ Mikołów (31,5%) an. Hoch ist der Anteil der ethnischen Oberschlesier überdies in den kreisfreien Städten Ruda/ Ruda Śląska (30%), Deutsch Piekar/ Piekary Śląskie (26,7%) sowie Schwientochlowitz/ Świętochłowice und Königshütte/ Chorzów (je 25,5%). Auf der Gemeindeebene erweisen sich Gaschowitz/ Gaszowice bei Rybnik und Zembowitz/ Zębowice im Kreis Rosenberg als Hochburgen der (ober)schlesischen Nationalität, da sich dort 46,3 bzw. 35,4 Prozent zur dieser Nationalität bekennen.

Zweisprachige Amtsschilder an der Stadtverwaltung im oberschlesischen Leschnitz  (Leśnica). Foto. D. Smolorz.

Die Gemeinde mit dem polenweit höchsten Prozentsatz nicht-polnischer Bevölkerung liegt jedoch nicht in Oberschlesien, sondern in der Woiwodschaft Podlachien im äußersten Nordosten Polens. In Puńsk und Umgebung fühlen sich über 60 Prozent der Einwohner als Litauer. In derselben Woiwodschaft gibt es – vor allem nahe der Grenze zu Belarus – auch Kommunen, in denen Belarussen bis zu 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Kleine Siedlungsgebiete der lemkischen bzw. ukrainischen Minderheit gibt wiederum in den Karpaten und in der Woiwodschaft Ermland-Masuren entlang der Grenze zur russischen Exklave Königsberg (Kaliningrad). In der Woiwodschaft Pommern betrachtet sich ein Teil der dortigen Bevölkerung als Kaschuben. Das Kaschubische ist wohlgemerkt die einzige in Polen offiziell anerkannte Regionalsprache.

Insgesamt gaben bei der Volkszählung von 2021 über 144.000 polnische Bürger die deutsche Volkszugehörigkeit an. Als Schlesier bzw. Oberschlesier fühlen sich mehr als 596.000 Menschen. Letztere Gruppe ist in Polen als ethnische Minderheit nicht anerkannt.

Text: Dawid Smolorz

In der Galerie unten sehen Sie drei von vielen Grafiken von Wojciech Brol von der Seite WB DATA, die die Ergebnisse der Volkszählung nach Kreisen und Gemeinden visualisieren.