(Ober)Schlesier sind die größte ethnische Minderheit Polens
Das Statistische Hauptamt in Warschau (GUS) veröffentlichte die endgültigen Ergebnisse der Volkszählung von 2021.
Genau 596.224 polnische Bürger fühlen sich als Schlesier bzw. Oberschlesier. Diese Zahl überrascht nicht – schließlich ergaben bereits die Volkszählungen von 2002 und 2011 die Existenz dieser ethnischen Gruppe. Bei dem ersteren Zensus erklärten über 173.000 Menschen, (ober)schlesischer Nationalität zu sein. Bei der Volkszählung 2011 lag die Zahl der (Ober)Schlesier bei ca. 847.000. Damals gaben 376.000 Bürger die (ober)schlesische Nationalität als einzige, 436.000 als erste und 411.000 als zweite Volkszugehörigkeit an. Seit 2011 können bei Volkszählungen in Polen zwei Nationalitäten angegeben werden. Die erste ist als führende zu verstehen, die zweite als jene, mit der man sich darüber hinaus oder gleichzeitig stark verbunden fühlt.

Von den fast 600.000 Menschen, die 2021 ihre Nationalität als „schlesisch“ bezeichneten, halten sie über 236.000 Bürger für ihre erste und mehr als 359.000 für ihre zweite Volkszugehörigkeit (meist zusammen mit der polnischen oder der deutschen). Die stärkste (ober)schlesische Identität weisen die Einwohner der Landkreise Pless (Pszczyna) und Rybnik auf. Anzumerken sei an dieser Stelle, dass es sich dabei um dieselben Gebiete handelt, in denen bei der Volksabstimmung von 1921 Polen das beste Ergebnis erzielte.

Das Phänomen der oberschlesischen Identität ist nicht neu. Schon seit der Entstehung moderner Nationen im 19. Jahrhundert definiert ein Teil der slawischsprachigen Bevölkerung in der Region seine ethnische Zugehörigkeit als „schlesisch“ bzw. „oberschlesisch“, wobei es nicht immer bedeutet, dass man sich damit sowohl vom deutschen als auch vom polnischen Volk distanziert. Manchmal wird damit vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass man in beiden Kulturen beheimatet ist und sich mit beiden Völkern identifiziert.
Der polnische Staat erkennt die schlesische Nationalität nicht an. Somit sind die (Ober)Schlesier die größte, aber offiziell nichtexistierende Minderheit des Landes. Zwar werden sie in offiziellen Statistiken berücksichtigt, doch in den Genuss der Rechte, die anerkannten nicht-polnischen Volksgruppen zustehen, kommen sie dennoch nicht. Die Bemühungen um die Anerkennung der schlesischen Nationalität, die seit den 1990er Jahren unternommen werden, blieben bisher erfolglos. Eindeutig negativ ist diesen Bestrebungen gegenüber die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eingestellt, doch auch in der Regierungszeit der liberalen Bürgerplattform 2007-2015 gab es für sie kein gutes Klima.
Das offizielle Ergebnis der Volkszählung in Polen 2021 (Bereich Nationalitäten) kann als Excel-Datei in polnischer Sprache hier heruntergeladen werden.
Text: Dawid Smolorz