Auf den Spuren von Marek Hłasko in Wrocław und Wiesbaden

Das Jahr 2024 wurde von dem polnischen Sejm zum Marek-Hłasko-Jahr erklärt

Anlass ist der 90. Geburtstag und der 55. Todestag des hervorragenden polnischen Schriftstellers und Drehbuchautoren, der auch mit Wrocław (Breslau) verbunden war.

Der polnische Sejm (eine der Kammer des polnischen Parlaments) hat das Jahr 2024 zum Marek-Hłasko-Jahr erklärt. In diesem Jahr jährt sich nämlich der 90. Geburtstag und der 55. Todestag des hervorragenden polnischen Schriftstellers und Drehbuchautoren, der unter anderem mit Wrocław (Breslau) und Wiesbaden verbunden war.

Das Jahr 2024 wurde vom polnischen Sejm zum Marek-Hłasko-Jahr erklärt (Quelle: Kancelaria Sejmu, autor zdjęcia M. Hłaski: Adam Mottl/PAP).

Marek Hłasko wurde am 14.01.1934 in Warschau geboren. Hier wohnte er mit seiner Mutter (die Eltern ließen sich 1937 scheiden, zwei Jahre später starb sein Vater) bis 1944. Als der Warschauer Aufstand niedergeschlagen wurde und die totale Zerstörung Warschaus begann, floh Maria Hlasko mit dem kleinen Sohn Marek zuerst nach Częstochowa (Tschenstochau), dann nach Chorzów (Königshütte) und Białystok. Anfang 1946 ließ sie sich mit ihrem neuen Partner und dem 12-jährigen Marek in Wrocław nieder. Marek besuchte hier einige Schulen, aber in keiner hat er lange ausgehalten. Zwischendurch begann er mit seinen ersten Gelegenheitsarbeiten, z. B. 1948 arbeitete er als Bote bei dem Weltkongress der Intellektuellen für die Verteidigung des Friedens. Sein Notizbuch mit dem Autogramm von u. a. Pablo Picasso ist im Historischen Museum (im Königlichen Schloss) in Wrocław ausgestellt.

Das Notizbuch von Marek Hłasko mit dem Autogramm von Pablo Picasso.

Im Jahr 1950 begann er als LKW-Fahrer für eine Transportfirma in Bystrzyca Kłodzka (Habelschwerdt) zu arbeiten. Seine Erfahrungen wurden zum Stoff für seine ersten Kurzgeschichten, mit denen er große Popularität erlangte. Im Jahr 1951 zog er nach Warschau. Er kehrte aber mehrmals nach Wrocław und Niederschlesien zurück: 1953, als er ein Stipendium des polnischen Schriftstellerverbandes erhielt oder in den Jahren 1957 und 1958, als anhand von seinen Erzählungen drei Filme, u. a. „Der achte Wochentag“ von Aleksander Ford gedreht wurden. Bei den Dreharbeiten lernte Hłasko in Wrocław die deutsche Schauspielerin Sonja Ziemann kennen, die bald seine Frau wurde.

1958 ging Hłasko nach Paris. Nachdem in Polen eine Kampagne gegen Hłasko begonnen hatte, und ihm als „Verräter des Sozialismus“ die Rückreise nach Polen verweigert wurde, musste er im Exil leben. Er versuchte in verschiedenen Ländern Fuß zu fassen und weiter zu schreiben, aber überall fühlte er sich fremd. Im Ausland entstanden seine weiteren Werke, u. a. „Wszyscy byli odwróceni“ / „Alle hatten sich abgewandt. Erzählung“ (übersetzt von Vera Cerny und Janusz von Pilecki. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1965) oder eines seiner bekanntesten Bücher, „Piękni dwudziestoletni“ / „Die schönen Zwanzigjährigen“ (übersetzt von Roswitha Matwin-Buschmann. Neue Kritik, Frankfurt am Main 2000).

Seine letzten Jahre verbrachte er in Israel, wo seine Erzählung „Alle hatten sich abgewandt“ mit Sonja Ziemann in der Hauptrolle vom ZDF verfilmt wurde. Weil noch weitere Filme entstehen sollten, ist Marek Hłasko nach Wiesbaden gekommen. Er wollte mit dem ZDF-Redakteur Hans-Jürgen Bobermin die Einzelheiten besprechen. Dem Vertrag nach, sollte jährlich ein Drehbuch zu israelischen Themen entstehen. Leider starb Marek Hłasko unerwartet am 14.06.1969 in Wiesbaden an einer Überdosis von Schlaftabletten und Alkohol. Es war ein unglücklicher Unfall (die Version von einem Selbstmord wurde von der polnischen kommunistischen Presse verbreitet und hat später dazu beigetragen, dass viele Legenden um den Schriftsteller entstanden sind). Marek Hłasko wurde auf dem Wiesbadener Südfriedhof begraben. Im Jahre 1975 wurde seine Asche nach Warschau gebracht. In Wiesbaden blieb nur sein symbolisches Grab.

„Gibt es einen Ort für uns Menschen – (…) – wo wir uns alle treffen: rein, gut und ohne Zorn“ – an dieses Zitat von Hłasko knüpfen die Worte an dem Grabkreuz in Wiesbaden.

Am 19. April 2024 um 19 Uhr findet im Literaturhaus Villa Clementine in Wiesbaden eine Lesung über Marek Hłasko und seine Spuren in Wrocław (Breslau) und in Wiesbaden statt. Die Breslauer Stadtführerin Małgorzata Urlich-Kornacka wird den Teilnehmern die interessanten und komplizierten Episoden aus dem Leben von Marek Hłasko und die mit ihm verbundenen Orte in Breslau präsentieren.

Der Zwerg erinnert an die Städtepartnerschaft von Breslau und Wiesbaden.

Marek Hłasko war ein Schriftsteller, der es verstand, banalen Motiven und Themen aus dem Alltag einen tiefen existenziellen Gehalt zu verleihen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass sein Werk eine universelle Anziehungskraft besitzt. Mit seiner kompromisslosen Haltung, auch gegenüber der kommunistischen Realität, zog er Generationen von jungen Menschen aus aller Welt an. Seine Bücher sind in fast alle europäischen Sprachen sowie ins Japanische, Koreanische und Hebräische übersetzt worden“, schreiben die Abgeordneten des Sejms in der Begründung ihrer Entscheidung am Tag des 90. Geburtstag von Marek Hłasko.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka