Vor 225 Jahren wurde der berühmteste polnische Komponist Frédéric Chopin geboren
Auch in Breslau (Wrocław) kann man seine Spuren finden.
In Breslau erinnert vieles an Frédéric Chopin. Hier gab er eines seiner dreißig öffentlichen Konzerte, hier hat er zwei Denkmäler, hier, im Spielfilmstudio WFF wurde vor kurzem der Film „Chopin, Chopin!“ über seine letzten vierzehn Lebensjahre gedreht – die Premiere des Filmes von Michał Kwieciński ist für Herbst 2025 angesagt.
Chopins erster und zweiter Besuch in Breslau war mit gesundheitlichen Angelegenheiten verbunden. Denn über Breslau führte die Hauptroute zu den beliebtesten schlesischen und böhmischen Kurorten. Chopin litt wahrscheinlich an einer fortschreitenden Lungentuberkulose (oder an einer seltenen genetischen Krankheit, wie einige Forscher behaupten). Zu dieser Zeit gab es gegen die Krankheit noch keine wirksame Therapie. Eine innovative Behandlungsmethode von Dr. Georg Philipp Mogalla aus dem niederschlesischen Kurort Bad Reinerz (Duszniki Zdrój): das Trinken von Ziegenmilch und Molke vermischt mit dem Wasser aus der herkömmlichen warmen Heilquelle, Ruhe und Wanderungen in der Natur, sollte dem Jungen neue Kraft geben. Nachdem der Sechszehnjährige die letzte Klasse des Warschauer Lyzeums abgeschlossen hatte, entschied sich die Mutter, mit ihm „zu den schlesischen Bädern“ zu fahren. Der Aufenthalt in den Kurorten, von Chopins Lehrer Joseph Elsner empfohlen, sollte den kränklichen Jüngling wieder auf die Beine stellen. Und so um die Monatswende Juli/August 1826 machte sich Frédéric Chopin zusammen mit seiner Mutter auf den Weg nach Niederschlesien.

In Bad Reinerz (Duszniki Zdrój) verweilte schon seine Taufpatin mit Chopins jüngerer Schwester Emilia, die auch an der Tuberkulose erkrankt war (sie starb ein Jahr später) und einige Kilometer weiter, in Bad Kudowa (Kudowa Zdrój), erholte sich der Sohn der Taufpatin mit der Familie und Chopins ältesten Schwester Ludwika. Auf dem Weg zur Kur übernachtete Chopin zweimal in der niederschlesischen Hauptstadt. Sein Lehrer – Joseph Elsner – bat ihn darum, einige Briefe an seine Breslauer Jugendfreunde weiterzuleiten: an Friedrich Wilhelm Berner, Kapellmeister, Orgelmeister und Komponist an der Elisabethkirche, und Joseph Ignaz Schnabel, Kapellmeister des Breslauer Doms. Chopin erledigte diese Aufgabe auf seiner Rückreise von Bad Reinerz, etwa Mitte September. Es ist bestätigt, dass er vor J.I. Schnabel sein Können als Pianist und Komponist präsentierte. Ob ihm gelungen ist, noch etwas außer dieser zwei Kirchen zu besichtigen, ist nicht bekannt.
Chopins dritter Aufenthalt im Jahre 1829 hatte wieder nur einen kurzen Charakter und stand im Zusammenhang mit seiner Rückkehr von erfolgreichen Wiener Konzerten. Wir wissen, dass der junge Pianist und seine Begleiter (Ignacy Maciejowski und Alfons Brandt) am 5. September im Gasthaus „Rautenkranz“ in der Ohlauerstraße (ul. Oławska) übernachteten. Das Gebäude des Gasthauses ist nicht erhalten geblieben, aber gegenüber dem Standort wurde 2010 (anlässlich des 200. Geburtstages von Chopin) ein kleines Chopin-Denkmal enthüllt. Der Autor ist der Krakauer Künstler Prof. Bronisław Chromy, der u. a. den Wawel-Drachen in Krakau geschaffen hat. Chopin hatte damals keine Zeit, die Stadt zu besichtigen: wahrscheinlich machte er sich schon am nächsten Tag auf den Rückweg.
Erst im November 1830 hielt Frédéric Chopin für längere Zeit in Breslau an. Zusammen mit dem Freund Tytus Woyciechowski wohnte er in der Nähe des Ringes in dem Gasthof „Zur Goldenen Gans“ in der Junkernstraße (ul. Ofiar Oświęcimskich). Leider wurde das Gebäude während des Zweiten Weltkriegs zerstört und 1953 abgerissen. Aus den Briefen erfahren wir, dass der Gasthof saubere Zimmer und gutes Essen hatte. Am Anreisetag, den 6. November 1830, gingen die Freunde am Abend zur Aufführung ins Theater „Kalte Asche“, das an der Ecke der Teichstraße und Ohlauerstraße stand (der Vorgänger von dem Stadttheater). Dort schauten sie sich das Stück des damals populären österreichischen Dichter Ferdinand Raimund „Der Alpenkönig“ mit Musik von Wenzel Müller an. „Die Künstler haben sehr gut gespielt“ – schrieb Chopin an seine Familie. In den folgenden Tagen waren die Freunde noch zwei Mal im Theater: am 7. November sahen sie die Oper „Der Maurer und Schlosser“ von Daniel F. E. Auber und am 9. November die Uraufführung des Singspiels „Das unterbrochene Opferfest“ von Peter von Winter.
Am 7. November besuchte Chopin wieder den Domkapellmeister Joseph Ignaz Schnabel. Schnabel war von dem Besuch so erfreut, dass er Chopin für den nächsten Tag zur Konzertprobe in den Großen Saal des „Hôtel de Pologne“ in der Bischofsstraße einlud. So beschrieb das Ereignis Chopin (freie Übersetzung):
Dort fand ich das Orchester, wie üblich in geringer Zahl, zu einer Probe versammelt, das Klavier und einen Referendarius [einen angehenden Juristen], einen Amateur namens Hellwig, der sich bereitete, das erste Moscheles-Konzert in Es-Dur zu spielen. Bevor er sich an das Instrument setzte, bat mich Schnabel, der mich seit vier Jahren nicht mehr gehört hatte, das Klavier auszuprobieren. Ich konnte nicht nein sagen, setzte mich und spielte einige Variationen. Schnabel freute sich unglaublich, Herr Hellwig geriet in Panik, die Anderen baten mich darum, sich am Abend hören zu lassen. Besonders Schnabel bestand so fest darauf, dass ich dem Alten nicht wiederstehen konnte. Das ist ein großer Freund von Herrn Elsner. Ich sagte ihm, ich mache es nur für ihn, denn weder übte ich in der letzten Zeit noch habe ich vor, den Breslauern zu imponieren. Der Alte antwortete, er weiß das alles, er wollte mich schon gestern in der Kirche darum bitten, wagte es aber nicht. Ich fuhr mit seinem Sohn die Noten holen und spielte ihm Romanze und Rondo aus dem 2. Konzert. Auf der Probe wunderten sich die Deutschen über mein Spiel: „Was für ein leichtes Spiel hat er“ – sagten sie, und über die Komposition nichts. Sogar Tytus hörte, als einer sagte, „dass ich spielen, aber nicht komponieren kann.
Das Publikum des Abendkonzerts hörte das Rondo aus Chopins Klavierkonzert in e-Moll, op. 11 in seiner eigenen Interpretation. Darüber hinaus improvisierte der Komponist aus Daniel F. Aubers Oper „Die Stumme von Portici“.


Am nächsten Tag besuchten Frédéric und Tytus die Stadt. Chopin erwähnt nicht, welche Orte er gesehen hat, aber es ist anzunehmen, dass die wichtigsten Punkte der Tour der Ring und die Dominsel waren. Sie wurden sicher durch die Stadt mit der Kutsche gefahren und geführt. Der Fremdenführer in der Stadt war ein zufällig kennenlernte Kaufmann Namens Scharff. Die Eindrücke von dem Breslauer Aufenthalt waren sehr positiv, denn aus Dresden schrieb Chopin „Aus Breslau wollten wir nicht verreisen“. Weiter ging es nach Paris. Dann sollte der Weg zurück nach Warschau führen, aber es war nicht mehr möglich: dort brach der Novemberaufstand von 1830/31 auf. Chopin kehrte nie wieder in seine Heimat zurück, aber die Sehnsucht nach der Heimat, nach der Freiheit und Unabhängigkeit Polens ist in vielen seiner Werke spürbar. Deshalb lieben die Polen seine Musik so sehr.
Im Andenken an seine Besuche und vor allem an das eine öffentliche Konzert im Jahr 1830 wurde am 5. September 2004 im Breslauer Südpark ein Chopin-Denkmal enthüllt, das den Komponisten in einem Sessel sitzend und lauschend darstellt. Es ist ein Werk des Warschauer Bildhauers Jan Kucz.


Für das Jahr 2025 wurde die Megaproduktion „Chopin, Chopin!“ angesagt. Das Paris von Chopins Zeit ist nicht erhalten geblieben. Deshalb wurde die Stadt durch das heutige Bordeaux ersetzt. Außerdem wurde auf Mallorca und in vielen Ortschaften Schlesiens gedreht: in Leubus (Lubiąż), Bad Salzbrunn (Szczawno), Eisersdorf (Żelazno), in Pleß (Pszczyna) und in Sagan (Żagań). Auch keine von Chopins sieben Wohnungen ist erhalten geblieben. Im Breslauer Spielfilmstudio WFF wurden Innenräume von zwei Pariser Wohnungen von Frédéric Chopin nachgebaut. Auf der Leinwand ab Herbst 2025 zu sehen.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka
Galerie unten: Der Film „Chopin, Chopin!“ wird auch in Breslau (Wrocław) gedreht. Hier Chopins Wohnung im Objektiv von Antonina Popiel/ WFF.