Johann von Mikulicz-Radecki zum 175. Geburtstag

Der große Chirurg (1850-1905) wirkte seit 1890 in Breslau

In Wrocław wird an ihn mehrfach erinnert. Auch eine ungewöhnliche Geschichte einer Grafik ist mit ihm verbunden.

Eine ungewöhnliche deutsch-polnische Geschichte verbindet den großen Chirurgen Johann von Mikulicz-Radecki (auch Johannes, poln. Jan Mikulicz-Radecki) mit einer Grafik, die er in Breslau bekommen hat. Hier wirkte er seit 1890 bis zu seinem Tod 1905. Für seine Verdienste und in Anerkennung seines Beitrags zur Entwicklung der modernen Chirurgie hat ihm Oberbürgermeister Georg Bender 1903 eine große Grafik von Hugo Ulbrich mit dem Breslauer Rathaus überreicht. Nach vielen Jahren kehrte die Grafik nach Wrocław zurück und hängt heute im Rektorat der Medizinischen Universität.

Für das Jahr 2025 fällt der 175. Geburtstag (16. Mai) und 120. Todestag (14. Juni) von Mikulicz-Radecki – Anlass genug, an ihn und seine Breslauer Spuren zu erinnern und auch die Geschichte seiner Grafik zu erzählen.

Johann von Mikulicz-Radecki organisierte in dem Breslauer Klinikum den damals modernsten Operationssaal der Welt. Die Wände wurden mit weißen Kacheln verkleidet und ihre Ecken wurden abgerundet, um leichter Sauberkeit zu halten. Im Untergeschoss der Klinik wurde ein modernes chemisches und bakteriologisches Labor eingerichtet. Mikulicz-Radecki, ein Pionier der Aseptik und Antiseptik, ordnete an, in sterilen Schürzen und Masken und Handschuhen zu operieren. Zu seinen Zeiten hatte Breslau die modernste Klinik Deutschlands und eine der größten und bestausgerüsteten in Europa. Bis heute verwenden Chirurgen Werkzeuge, die nach Mikulicz’ Idee gebaut wurden, und wenden von ihm entwickelte Methoden an. Dank Professor Mikulicz-Radecki kann sich Breslaus rühmen, die Wiege der Thoraxchirurgie zu sein. Trotz einer strengen Disziplin, die er in der von ihm geleiteten Klinik einführte, wurde er von seinen Kollegen und Patienten geliebt und verehrt. Besonders geachtet wurde er von den Juden, die zu sagen pflegten: „Erst kommt der liebe Herrgott und dann der Professor Mikulicz“.

– Eines Tages war ich zu Besuch in der Partnerstadt von Wrocław, in Wiesbaden. Das war im Jahre 2013, erzählte der ehemalige Stadtpräsident von Wrocław, Dr. Rafał Dutkiewicz. Nach dem Besuch, der in der örtlichen Zeitung beschrieben wurde, meldete sich brieflich bei mir die Urenkelin des Chirurgen, die Zahnärztin Dr. Gerda Hofe. Sie besuchte mich in Wrocław und brachte diese Grafik, die ihr Urgroßvater vor über hundert Jahren bekam. Es stellte sich heraus, dass die Grafik zusammen mit den Mitgliedern der Familie weltweit gewandert war. Sie war in der Schweiz, dann in Australien, dann kehrte sie nach Deutschland zurück – eben nach Wiesbaden. Dr. Gerda Hofe entschied, dass die Grafik unbedingt nach zurück nach Wrocław sollte – das sei der richtige Platz für sie – so Dutkiewicz.

Dr. Rafał Dutkiewicz schenkte das Bild 2013 dem Rektor der Medizinischen Universität – es kehrte also an den Ort zurück, der mit Johann von Mikulicz-Radecki verbunden war, denn hier hielt er seine Chirurgie-Vorlesungen, hier führte er seine legendären Operationen durch. Die Geschichte machte einen Kreis…

In Breslau wurde der Chirurg mehrmals geehrt – sowohl vor dem Zweiten Weltkrieg, als auch in der Nachkriegszeit in polnischen Wrocław. Dank der Bemühungen von Mikulicz’ Schülern und Patienten wurde am 27. Mai 1909 ein Relief aus Marmor von Arthur Volkmann enthüllt. Die Hygieia – Tochter des Asklepios – legt einen Lorbeerkranz auf den Kopf des Chirurgen nieder. Im Hintergrund steht Athene, die Göttin der Weisheit. Mit einem Speer in der Hand deutet sie auf die Figur von Mikulicz-Radecki. Dieses Flachrelief befindet sich vor der alten Klinik (heute gehört das Gebäude zur Medizinischen Universität) in der Skłodowska-Curie-Straße 66.

Die Büste von Johann Mikulicz-Radecki in dem neuen Krankenhauskomplex (Klinikum) in der Borowska-Str.

Anlässlich des hundertsten Todestages des Chirurgen wurde 2005 in Wrocław eine Feier organisiert, bei der eine Büste des Arztes enthüllt wurde. Das akademische Jahr 2004/2005 wurde von der Konferenz der Rektoren der medizinischen Universitäten in Polen zum Johann-von-Mikulicz-Radecki-Jahr erklärt. Das im Jahr 2006 in der Borowska-Straße in Wrocław eröffnete Krankenhauskomplex wurde nach Johann von Mikulicz-Radecki benannt (Akademicki Szpital Kliniczny im. Jana Mikulicza-Radeckiego). Dort befindet sich auch die Büste des Chirurgen.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka