Achtung, hier spricht Gleiwitz

Hundert Jahre Rundfunk in Oberschlesien

Mit der Inbetriebnahme des Senders in Gleiwitz (Gliwice) am 15. November 1925 erhielt der deutsche Teil der Region seine eigene Radiostation.

Der erste Rundfunksender Deutschlands nahm 1923 in Berlin seine Arbeit auf. Ein Jahr später entstand in Breslau (Wrocław) die Schlesische Funkstunde – der erste Rundfunksender Schlesiens. Da er rasch große Beliebtheit erlangte und Ende 1924 bereits ca. 40.000 Hörer hatte, wurde beschlossen, in Oberschlesien einen Nebensender zu errichten. Unter den drei Bewerbern – Beuthen (Bytom), Hindenburg (Zabrze) und Gleiwitz –, die in der seit kurzem durch eine Staatsgrenze geteilten Region in Betracht genommen wurden –, fiel die Wahl auf die letztere Stadt.

Der erste Rundfunksender Oberschlesiens, Postkarte von 1931. Quelle: Fotopolska.eu/ Wikimedia Commons

Die Sendeanlage entstand ca. zwei Kilometer westlich vom Stadtzentrum. Sie wurde am 15. November 1925 in Betrieb genommen und bestand u. a. aus zwei 75 Meter hohen, eisernen Türmen, an denen eine 94 Meter lange Antenne befestigt wurde. Zunächst übertrug der oberschlesische Sender ausschließlich Programme aus Breslau. Seit 1927 produzierte er auch eigene Sendungen, bei denen regionale Kultur und Geschichte sowie aktuelle lokale Themen im Vordergrund standen. Seine Erkennungsmelodie war das Bergmannslied „Glück auf, der Steiger kommt“.

Technische Ausstattung des alten Senders, 1925. Quelle: Radioretro.hb -, Wikimedia Commons

Seit 1927 hatte mit dem Polskie Radio Katowice auch der polnische Teil Oberschlesiens seinen eigenen Rundfunksender. Deshalb verlief fortan die deutsch-polnische Konkurrenz in der geteilten Region auch im Äther. Da Kattowitz über eine stärkere Sendeleistung verfügte, beschloss die deutsche Seite, an einem aus technischer Sicht günstigeren Ort eine komplett neue Anlage zu bauen, um mit der polnischen Sendestation erfolgreich konkurrieren zu können. So entstand zwischen August 1934 und Dezember 1935 nördlich der Innenstadt, etwa vier Kilometer vom alten Standort, ein neuer Sender. In diesem befanden sich allerdings nur technische Einrichtungen und Wohnungen für die Mitarbeiter. Die Verwaltung und das Aufnahmestudio verblieben in der alten Anlage. Dieser Umstand war vermutlich einer der Gründe, weshalb die Provokation am 31. August 1939, mit der Hitler einen Vorwand für den Angriff auf Polen schaffen wollte, nicht planmäßig verlief. Das charakteristische Element des neuen Senders wurde der 111 Meter hohe Funkturm aus Lärchenholz.

Der neue Sender. Aufnahme aus den 1930er Jahren. Quelle: Fotopolska.eu

Seit 1945 erfüllt der Sender in Gleiwitz nur bedingt seine ursprüngliche Funktion. Nach der Übernahme Deutsch-Oberschlesiens durch die polnische Verwaltung fungierte er kurz als vorläufiger Sitz für den in der letzten Kriegsphase zerstörten Sender Kattowitz. In den 1950er Jahren diente er als Störsender, mit dem u. a. die Programme von BBC, Radio Freies Europa und Stimme Amerikas gestört wurden. Heute gehört die Anlage der Stadt und birgt eine der Außenstellen des Museums Gleiwitz.

Der 1935 in Betrieb genommene Sender auf einem aktuellen Foto. Quelle: Kapitel, Wikimedia Commons

Text: Dawid Smolorz