In Breslau finden die Feierlichkeiten am 18. und 19. November 2025 statt
Internationale Tagung, Ausstellung und Konzert stehen auf dem Programm.
Das Jahr 2025 wurde von dem Breslauer Stadtrat zum Versöhnungsjahr erklärt. Drei besondere Anlässe haben dazu beigetragen: 80 Jahre des Kriegendes, 45 Jahre der Gründung der „Solidarność“-Bewegung und 60 Jahre der Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Mitbrüder. Der letzte Anlass soll bald besonders gefeiert werden.
Genau vor sechzig Jahren, im November 1965, wurde „Die Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Brüder im Christi Hirtenamt“ verfasst. Sie war einer von mehreren Dutzend Briefen, die die polnischen Bischöfe an Episkopate weltweit richteten mit der Einladung zur Tausendjahrfeier des Christentums in Polen (der sog. Millenniumsfeier), die in das Jahr 1966 fiel. Die Idee, Vertreter der katholischen Kirche einzuladen, wurde während des Zweiten Vatikanischen Konzils im Rahmen der Vorbereitung auf die Feierlichkeiten des großen Jubiläums getroffen.
Als besonders schwierige Aufgabe zeigte sich die Einladung der deutschen Mitbrüder. Zwanzig Jahre nach Kriegsende fiel die Versöhnung beiden Seiten schwer. Das Trauma nach den Verbrechen der Nazis und Millionen verlorener Menschenleben war unter den Polen immer noch lebendig. Die Deutschen wiederum erinnerten sich bitter an die Vertreibung der Bevölkerung aus Schlesien und anderen deutschen Ostgebieten. Auch die Beziehungen zwischen den polnischen und deutschen Bischöfen gehörten aufgrund des nicht geregelten Status der Kirche in den neuen polnischen Westgebieten gerade nicht zu den einfachsten. Noch komplizierter wurde die Situation dadurch, dass die polnischen Kirchenhierarchen historische Argumente für eine polnische Anwesenheit in diesen Gebieten benutzten, indem sie sich auf die sog. piastische Vergangenheit beriefen, was der kommunistischen Propaganda sehr nahekam.

Der Breslauer Erzbischof Bolesław Kominek wusste, dass eine Aussöhnung mit Deutschland eine notwendige Voraussetzung für die Regelung der deutsch-polnischen Grenze ist. Er war tief beindruckt von der sog. Ostdenkschrift („Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn“), die von der Deutschen Evangelischen Kirche Anfang Oktober 1965 an die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet war. Man deutete darin an, dass Deutschland auf seine rechtlichen Ansprüche gegenüber den ehemals deutschen Gebieten verzichten und die deutsch-polnische Grenze anerkennen sollte. Zuerst sollte von Boleslaw Kominek eine kurze Einladung zur Millenniumsfeier an den deutschen Episkopat sowie ein umfangreicher Dankesbrief an die Deutsche Evangelische Kirche für die Ostdenkschrift verfasst werden. Bei einer Besprechung in Rom beschlossen aber die polnischen Bischöfe, beide Texte zu einem einzigen, an die deutschen katholischen Bischöfe adressierten Text zusammenzufügen. Bolesław Kominek schrieb die Botschaft von Hand in deutscher Sprache und sein Sekretär tippte den Text anschließend an der Maschine ab. Die Grundfassung des Textes wurde mit den deutschen und polnischen Bischöfen konsultiert. Die Botschaft war Anfang November fertig. Sie wurde am 18. November 1965 um 17 Uhr, bei einem Treffen im Päpstlichen Polnischen Institut in Rom, von den Bischöfen unterzeichnet. Eine Schlüsselrolle bei der Billigung des vorliegenden Inhalts durch den gesamten damals in Rom anwesenden Episkopat spielte Primas Stefan Wyszyński, der den Brief in voller Überzeugung als Erster unterschrieb.
Darin fanden sich die berühmten Worte: „Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung” (später bekannt als „Wie vergeben und bitten um Vergebung“), die mit der Zeit zum Symbol der deutsch-polnischen Versöhnung wurden.


Das 60. Jubiläum der Botschaft wird von den Vertretern der Stadt Breslau (Wrocław) und der Breslauer Kirche auf eine besondere Art und Weise erinnert. Am 18. November 2025 findet eine Kranzniederlegung am Kominek-Denkmal unter Beteiligung von Vertretern der Regierung der Republik Polen und der Bundesrepublik sowie der Episkopate Polens und Deutschlands statt. Danach folgt die Heilige Messe in der Breslauer Kathedrale und die Ausstellung „Versöhnung für Europa” wird im kürzlich neu eröffneten Erzdiözesanmuseum eröffnet. Am Abend gibt es die Möglichkeit, an dem ökumenischen Gebet mit Gesängen aus Taizé in der Kirche Maria auf dem Sande teilzunehmen oder ein besonderes Konzert „Wrocław dla Pojednania“ („Breslau für die Versöhnung“) im Nationalen Forum für Musik (Narodowe Forum Muzyki) mitzuerleben. Die Musiker des Breslauer Baroque Ensemble unter der Leitung von Maestro Andrzej Kosendiak werden zusammen mit einem der polnischen Halbfinalisten des diesjährigen 19. Internationalen Frédéric-Chopin-Klavierwettbewerbs – dem Pianisten Piotr Pawlak – feiern. Leider sind die Tickets für dieses Konzert schon vergriffen, aber man kann an den anderen Punkten des Jubiläums teilnehmen.
Am 19. November findet eine internationale wissenschaftliche Konferenz statt, auf der die Bedeutung der Botschaft für die damaligen und für die heutigen Zeiten vorgestellt und interpretiert wird. Die Vorträge und Diskussionen werden von den Fachleuten aus Polen und Deutschland präsentiert.
Quelle: „Vergebung und Versöhnung. Kardinal Kominek. Unbekannter Gründervater Europas“ (Ausstellungskatalog 2016).
Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka
