Der Meister der barocken Malerei lebte in Liegnitz und gehört zu den bedeutendsten schlesischen Künstlern des 18. Jahrhunderts
Nach dem Tod Michael Willmanns setzte er die Tradition des schlesischen Barock fort.
Jeremias Joseph Knechtel wurde am 13. Mai 1680 in Böhmen, in dem kleinen Dorf Šelty bei Česká Kamenice, geboren. Das schlesische Liegnitz wählte er aber als seinen Wohn- und Schaffensort. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Schlesien, während dessen er seine ersten Aufträge als Maler für die Schweidnitzer Jesuiten abschloss, ließ er sich um 1704 mit seiner Familie in der Stadt nieder. In der Nähe des Glogauer Tores richtete er seine Werkstatt ein, in der er mit seinen Lehrjungen arbeitete. Er übernahm eine führende Rolle in der Liegnitzer Malerzunft. Knechtel blieb zeitlebens in Liegnitz und verstarb am 25. August 1750.
1700 beauftragten ihn die Schweidnitzer Jesuiten, die dortige Pfarrkirche zu St. Stanislaus und St. Wenzeslaus im Barockstil umzugestalten. Die Maßnahmen zur Barockisierung erstreckten sich über einen Zeitraum von rund 20 Jahren. Die Schweidnitzer Jesuiten zählten zu seinen größten Mäzenen. Die in ihrem Auftrag ausgeführten Gemälde ebneten ihm den Weg für seine weitere berufliche Zukunft. Knechtel arbeitete meistens für kirchliche Auftraggeber. Er schuf für die Saganer Augustiner, die Jesuiten in Liegnitz, Schweidnitz und Sagan, die Zisterzienser aus Grüssau oder die Liegnitzer und Liebenthaler Benediktinerinnen. Er wirkte aber auch für katholische Adelige, u. a. für den Grafen Hans Anton von Schaffgotsch und die Vertreter des Geschlechts von Nimptsch und von Nostitz. Bekannt sind heutzutage etwa 160 seiner Werke, die beinahe über ganz Niederschlesien verstreut sind. In Liegnitz ist nur ein einziges von Knechtel stammendes Gemälde erhalten geblieben.
Seine hohe künstlerische Begabung ließ ihn zu einem erfolgreichen Maler werden. Bereits vor seiner schlesischen Schaffensphase war Knechtel zum Zunftmeister gewählt worden und kam als voll ausgebildeter Künstler nach Schlesien. Seine Gemälde fallen durch meist markante Umrisslinien und eine auserlesene, manchmal sogar pastellfarbene Farbgebung auf, die sich insbesondere in der Pigmentmischung von Ocker und Leberbraun für die Bolusgründe und Verwendung seltener Farbtöne (Violett) sowie auch durch erstaunlich glatte Oberflächen-Texturen, die an die Emaillemalerei erinnert, auszeichnen. Dagegen war die Darstellung von Menschen sein Schwachpunkt.
Knechtel malte vor allem großformatige Ölgemälde auf Leinwand, obwohl er in der Freskomalerei nicht weniger erfahren war. Von seiner Hand entstanden die gesamten Malzyklen von Heiligenfiguren oder Gemäldegruppen wie Hauptaltar- und Seitenaltargemälde, die dem Kircheninnenraum einen einheitlichen barocken Charakter verleihen sollten. Überdies befasste sich der Liegnitzer Meister mit Polychromie der Altararchitektur und sonstiger bildhauerischer Ausstattung von Kirchen. Dekorative Malereien an der Kanzel und an dem Altar der Unbefleckten Empfängnis Mariä (1725) in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt und St. Nikolai in Bunzlau/ Bolesławiec mögen hierfür als Beispiel dienen.
Sein Gesamtwerk umfasst ausschließlich religiöse Sujets. Er malte vor allem Bilder aus dem Leben der Heiligen, wie z. B. Leinwandbilder für das Altarretabel der ehemaligen Klosterkirche der Benediktinerinnen in Liebenthal/ Lubomierz (1736) oder schuf einzelne Auftragsarbeiten: das Gemälde des heiligen Franz von Sales (gilt als verloren) für die Kirche St. Martin in Jauer/ Jawor, das Gemälde der Heiligen Anna Selbstdritt (um 1717) für die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Warmbrunn/ Cieplice oder aber das hervorragende Gemälde „Das Gebet im Ölgarten“ (1721). Darüber hinaus schuf er Gemälde für zwei Malzyklen, die wichtigste Begebenheiten aus dem Leben der Heiligen erzählen. Einer davon, der Malzyklus zum Leben des Heiligen Augustinus (1747), ist an der Rückwand des Chorgestühls in der Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Sagan/ Żagań zu bewundern. Bekannt sind auch zwei Kreuzigungsgruppen, die sich derzeit in der St.-Jakob-Kirche in Zobten am Berge/ Sobótka (1727) und in der St.-Adalbert-Kirche in Breslau/ Wrocław (1750) befinden.
Obwohl seinem Werk hoher künstlerischer Wert beigemessen wurde, erlangte Knechtel zu seinen Lebzeiten wenig Popularität. Der Liegnitzer Maler ist daher einer der am wenigsten bekannten Künstler der Barockzeit in Schlesien. Dabei gilt er als ausgezeichneter Meister der barocken Malerei und einer der wichtigsten schlesischen Künstler der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er war derjenige, der stets danach strebte, mit seinem Schaffen die Lücke auszufüllen, die der Tod Michael Willmanns 1706 hinterlassen hatte.
Textvorlage: Muzeum Miedzi w Legnicy (Kupfermusem Liegnitz), Red. Agnieszka Bormann
Übersetzung: Jowita Selewska
Bilder: D. Berdys, Muzeum Miedzi w Legnicy (Kupfermusem Liegnitz)