Im Zusammenhang mit der Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine beschleunigte sich in Polen der Bau von Fernstraßen
Bis 1989 gab es in Schlesien nur die vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges fertig gestellten Teile der ehemaligen Reichsautobahn Beuthen–Berlin.
Zwar wurden bereits in den frühen 1990er Jahren zwischen Oppeln/ Opole und Breslau/ Wrocław die ersten zu polnischer Zeit gebauten Abschnitte der A4 für den Verkehr freigegeben, doch erst im 21. Jahrhundert entstand in Schlesien ein relativ gut ausgebautes Netz von Autobahnen und Schnellstraßen. Anzumerken sei an dieser Stelle, dass sich die Schnellstraßen in Polen baulich von den Autobahnen kaum unterscheiden. Anders ist allerdings ihr rechtlicher Status. Im Gegenteil zu einigen Autobahnen sind und bleiben sie mautfrei.
Die Ost-West-Achse Schlesiens bildet die Autobahn A4, deren Verlauf sich weitgehend mit dem der früheren Reichsautobahn deckt. Die letzte Lücke auf ihrem schlesischen Abschnitt (Görlitz – Myslowitz, 370 km) wurde 2009 geschlossen. Seit 2016 ist die A4 als erste Autobahn Polens komplett in Betrieb, sodass zwischen Ost-Görlitz/Zgorzelec und dem polnisch-ukrainischen Grenzübergang Korczowa (680 km) ein durchgehender Verkehr möglich ist. Zwischen 2007 und 2019 entstanden die oberschlesischen Abschnitte der Nordsüdautobahn A1. Sie beginnt an der polnisch-tschechischen Grenze im Raum Loslau/Wodzisław Śląski und führt dann weiter über das Industriegebiet in Richtung Tschenstochau/Częstochowa. Nach der Inbetriebnahme der noch im Bau befindlichen Teilstrecken südlich von Lodz/Łodź wird sie bald Oberschlesien mit Danzig/Gdańsk direkt verbinden. Im Süden mündet die A1 in die tschechische Autobahn D1 und ermöglicht somit eine bequeme Fahrt in Richtung Olmütz, Brünn und Wien. Die A1 und die A4 kreuzen sich bei Gleiwitz/Gliwice. Im Teschener Teil Schlesiens sind Bielitz-Biala/Bielsko-Biała und die Grenzstadt Teschen/Cieszyn über die 40 km lange Schnellstraße S52 verbunden.
Auch die Straßenkarte Niederschlesiens veränderte sich im letzten Jahrzehnt stark. Westlich und nördlich von Breslau entstand die Autobahnumgehung der Stadt (A8). Seit Ende 2019 ist die lang ersehnte Schnellstraße S5 Breslau – Posen/Poznań komplett in Betrieb. Stufenweise für den Verkehr freigegeben wird auch die Schnellstraße S3, die nach ihrer Fertigstellung die polnisch-tschechische Grenze im Raum Waldenburg/Wałbrzych über Liegnitz/Legnica und Grünberg/Zielona Góra mit Stettin/Szczecin verbinden wird. Bis auf die Abschnitte Grenze – Bolkenhain/Bolków und Lüben/Lubin – Polkwitz/Polkowice ist die S3 in Niederschlesien bereits fertig. Der Bau der Schnellstraße S8 Breslau – Lodz zwischen 2009 und 2012 veränderte wiederum grundlegend den Komfort der Autoreisen von der schlesischen Metropole nach Mittelpolen. Bis 2023 soll das wohl letzte und für die Autofahrer recht unangenehme Relikt aus den frühen Zeiten des Autobahnbaus verschwinden. Denn grundlegend saniert wird derzeit die Nationalstraße 18 (Bunzlau/Bolesławiec – deutsch-polnische Grenze bei Forst), die als ehemalige Reichsautobahn teilweise noch aus den in den 1930er hergestellten Platten besteht und aufgrund ihres sehr schlechten Zustands manchmal als die längste Treppe Europas bezeichnet wird. Nach dem Abschluss der Arbeiten wird sie auf den Straßenkarten als A18 markiert sein.
Die Länge der fertigen Autobahn- und Schnellstraßenabschnitte in Ober- und Niederschlesien beträgt heute ca. 860 km. In Polen sind zurzeit insgesamt 4.213 km Autobahnen und Schnellstraßen in Betrieb. Weitere 1.200 km befinden sich in Bau.
Text: Dawid Smolorz