Kraftwerk Oberschlesien/ Elektrownia Szombierki in Beuthen/ Bytom wurde 100 Jahre alt

Die Anlage gilt heute als spektakulärstes erhaltenes Objekt der Industriekultur in Oberschlesien

Am 29. November 1920 floss erstmals Strom aus dem Beuthener Kraftwerk in das Netz.

Die Riesenanlage erinnert nicht nur architektonisch an eine Burg. Sie liegt auch umgeben von mehreren Bahnlinien wie auf einer Insel, zu der man über eine Brücke gelangt. Auch hier ist die Assoziierung mit einer mittelalterlichen Festung und einer Zugbrücke berechtigt. Die Lage zwischen mehreren Bahntrassen hing womöglich mit der geplanten Funktion der Anlage zusammen.

Kraftwerk Oberschlesien aus der Vogelperspektive, Wikimedia Commons, Stadtverwaltung Beuthen/Bytom.

Ursprünglich hätte darin nämlich nicht Strom, sondern Schießpulver erzeugt werden sollen. In der unruhigen Zeit direkt nach dem Ersten Weltkrieg schienen zusätzliche Hindernisse in Form von Bahngleisen, die gegebenenfalls auch den Einsatz von Panzerzügen zur Verteidigung dieses strategisch wichtigen Werkes ermöglichten, durchaus sinnvoll.

Kraftwerk Oberschlesien 1930–1932, Wikimedia Commons,  Bundesarchiv_B_145_Bild-P011875.

Entworfen wurde dieser Tempel der Technik von den Berliner Architekten Emil und Georg Zillmann, nach deren Plänen unter anderem auch die weit über die Grenzen Oberschlesiens hinaus bekannten Kattowitzer Arbeitersiedlungen Gieschewald/ Giszowiec und Nikischschacht/ Nikiszowiec entstanden. Mit dem Kraftwerk Oberschlesien (nach 1945 Elektrownia Szombierki) schufen die Architekten ein weiteres Objekt, das nicht nur in der Region seinesgleichen sucht. Die Anlage beeindruckt durch ihre Größe und ihre Gestalt. Neben dem hammerförmigen Förderturm der Hohenzollerngrube (später Kopalnia Szombierki) gehört sie zu den Wahrzeichen des Stadtviertels Schomberg und ganz Beuthens.

Haupthalle des Kraftwerks, Wikimedia Commons, Marian Naworski.

In der letzten Zeit hatte das seit ca. 20 Jahren nur teilweise in Betrieb befindliche und mittlerweile endgültig stillgelegte Objekt wenig Glück. Zwar wurden dort bereits mehrere größere Tanz-, Theater- und Sportevents veranstaltet, aber die ambitionierten Pläne, nach denen in den postindustriellen Räumen ein Musiktheater, ein Tonstudio und eine Mediathek untergebracht werden sollten, konnten bis jetzt nicht verwirklicht werden. So hat das seit 2013 unter Denkmalschutz stehende Heiz- und Kraftwerk nach wie vor keine Funktion. 2019 wurde es vom Denkmalschutz-Verbund Europa Nostra auf die Liste der meist gefährdeten Baudenkmäler des Kontinents gesetzt.

Text: Dawid Smolorz