Oberschlesische Nobelpreisträger

Zwei oberschlesische Nobelpreisträger hätten kürzlich ihre Geburtstage gefeiert

In seiner neuen Sonderausstellung erinnert das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen auch an die oberschlesischen Nobelpreisträger.

Die oberschlesischen „Großen Vier“ bestehen aus einer Frau und drei Männern. Maria Goeppert-Mayer (geb. 1906) stammte aus Kattowitz/ Katowice. Sie war nicht die erste Wissenschaftlerin in der Familie: Ihr Vater war Professor für das Fach Pädiatrie, einer ihrer Großväter war Professor der Rechtswissenschaft und einer ihrer Urgroßväter erlangte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts als Botaniker und Paläontologe Anerkennung. Die Kattowitzerin erhielt 1963 als zweite Frau überhaupt den Nobelpreis für Physik.

Im benachbarten Königshütte/ Chorzów wurde 1902 Kurt Alder geboren. Als die Stadt 1922 polnisch wurde, zog die Familie nach Schleswig-Holstein. Mit dem prestigeträchtigsten Preis der Welt wurde Alder 1950 für seine Leistungen auf dem Gebiet der Chemie gewürdigt.

Als erster Oberschlesier erhielt Otto Stern 1943 den Nobelpreis (Physik). Der spätere Mitarbeiter und Freund Albert Einsteins war 1888 in der damals kleinen Stadt Sohrau/ Żory im Kreis Rybnik/ Rybnik als Sohn eines Mühlenbesitzers zur Welt gekommen. Zuletzt wurde ein Oberschlesier 1964 mit dem Nobelpreis geehrt. Der 1912 in Neiße geborene Konrad Bloch erhielt diese Auszeichnung im Bereich der Physiologie oder Medizin. 

Obwohl Otto Stern und Konrad Bloch verschiedenen Generationen angehörten, verbindet sie ein ähnliches Schicksal. Als Deutsche mit jüdischen Wurzeln mussten sie nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren auswandern und setzten ihre Arbeit in den USA fort. Auch Maria Goeppert-Mayer emigrierte in die Vereinigten Staaten, allerdings nicht aus politischen, sondern aus privaten Gründen.

Im kommunistischen Polen war der Umstand, dass mehrere deutsche Nobelpreisträger aus Oberschlesien stammten, ein Tabu. Erst seit den 1990er Jahren erinnern die einzelnen Geburtsstädte an ihre große Tochter und ihre großen Söhne. Nach Maria Goeppert-Mayer wurde eine am Rande der Kattowitzer Innenstadt gelegene Straße benannt. Zudem befindet sich an ihrem Geburtshaus nahe dem Hauptbahnhof eine polnischsprachige Gedenktafel. Auch Kurt Alder wurde in Königshütte mit einer polnischsprachigen Gedenktafel und der Benennung einer Straße geehrt. Otto Sterns Namen tragen wiederum in Sohrau die Stadtbibliothek und eine Allee. An die Fassade der Stadtverwaltung wurde überdies bereits Mitte der Neunziger eine den Wissenschaftler ehrende Gedenktafel mit einem Text in polnischer Sprache angebracht. Konrad Bloch hat in seiner Geburts- und Jugendstadt Neisse zwar keine Straße, dafür hängt an der Schule, in der er 1930 seine Abiturprüfung bestand, eine dreisprachige (Polnisch, Englisch, Deutsch) Gedenktafel. Darin wird er allerdings als in Neisse geborener „amerikanischer Biochemiker“ bezeichnet. 

In seiner neuen Sonderausstellung „Bewegte Leben. Oberschlesische Persönlichkeiten“ erinnert das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen ab Frühjahr 2021 auch an die oberschlesischen Nobelpreisträger.

Text: Dawid Smolorz