Die Pferderennbahn in Breslau/ Wrocław ist seit 1907 kontinuierlich in Betrieb
Heute beginnt die neue Rennsaison – ohne Publikum.
Die Pferde sind da, aber in diesem Jahr beginnt die Rennsaison in Breslau leider ohne Publikum. Eine Online Übertragung können Sie ab 12.00 Uhr auf der Seite www.torpartynice.pl verfolgen. Das Programm umfasst 9 Rennen mit insgesamt fast 90 Pferden.
Unter normalen Umständen ist die Rennbahn in Breslau ein Ort, an dem man sich wie in der Belle Époque fühlen kann. Die alten Tribünen und andere Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert sind immer noch in Betrieb. Pferderennen sind eigentlich die einzige Veranstaltung in der Stadt, die über so lange Zeit Kontinuität bewahrt hat! Außerdem sind sie nach wie vor sehr beliebt. Auch über das sportliche Niveau kann man sich nicht beklagen. Unter anderem rennen hier die schnellsten Pferde der Welt – Vollblüter.
Breslau – eine Rennstadt
Bereits 1833 wurden in der Odermetropole Pferderennen veranstaltet. Die erste Bahn wurde an der Stelle betrieben, wo sich heute die Jahrhunderthalle und andere Gebäude dieses Komplexes befinden. Es war die erste richtige Sportanlage in Breslau. Die Rennbahn in Hartlieb (Partynice), einer Wohnsiedlung im Breslau-Süd, wurde im Jahr 1907 eröffnet, im Jahre des 75. Jubiläums des Schlesichen Vereins für Pferdezucht und Pferderennen.
Die Jahre 1907-1914 waren die beste Periode des Rennsports in Wrocław mit der größten Anzahl von Renntagen und einem sehr hohen Interesse der Öffentlichkeit, trotz der Konkurrenz durch andere Sportveranstaltungen, vor allem in der Breslauer Radrennbahn.
Außerdem konnte die Rennbahn in Hartlieb mit einer modernen Infrastruktur punkten. Auf der neuen Anlage wurden komfortable, geräumige Tribünen und Einrichtungen für das Training der Pferde gebaut. Es wurden sogar „alle mechanischen Vorrichtungen zur Meldung von Ergebnissen, Pferdenummern, Totalisatorbeträgen usw. nach den neuesten Erfahrungen gebaut” – beschrieb die Verbesserungen der Schlesiche Verein für Pferdezucht und Pferderennen.
Was man betonen muss: Pferderennen war damals ein sportliches, aber mindestens ebenso ein gesellschaftliches Ereignis. „Der Rasen vor und hinter den Tribünen wurde durch Bilder voller Pracht und Überfluss belebt. Ihr Charme schien vielen Zuschauern interessanter und mehr wert zu sein als die Rennen selbst”, beschrieb ein Journalist des Breslauer General Anzeigers die Atmosphäre an der Rennbahn im Jahre 1911.
Das Publikum kehrt zurück
Heute sind die Damenkostüme vielleicht nicht mehr so aufsehenerregend wie früher, und auch die bunten Uniformen der schlesischen Kavallerieregimenter sind nicht mehr zu sehen. Doch obwohl die Mode heute ganz anders ist als zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Eleganz ist hier immer noch angesagt. Man kann sich auch vorstellen, dass ähnliche Emotionen wie vor über 100 Jahren durch den Renn-Totalisator hervorgerufen werden.
In diesem Jahr sind insgesamt 12 Renntage in Breslau geplant. Es ist zu hoffen, dass ein Teil von ihnen mit Publikum stattfinden wird.
Und nächstes Jahr besteht die Chance, dass man wieder mit dem Zug zu den Rennen fahren kann. An der Rennbahn wird die Bahnlinie saniert und eine neue Haltestelle gebaut. Vor 1914 gab es manchmal sogar drei Sonderzüge, die von Hauptbahnhof zur Haltestelle Rennplatz fuhren.
Text und Bilder: Sławomir Szymański