Menschen machen Geschichte: Die Galerie der Großen Breslauer ist 25 Jahre alt

In der Ausstellung im Breslauer Rathaus kann man dreißig Büsten von mit der Stadt verbundenen Persönlichkeiten sehen

Dr. Maciej Łagiewski blickt auf die Früchte seiner Idee zurück.

Die Galerie der berühmten Breslauer ist fünfundzwanzig Jahre alt. In der Ausstellung im Breslauer Rathaus kann man bis heute dreißig Büsten der Persönlichkeiten sehen, die nicht unbedingt in Breslau/Wrocław geboren wurden, sondern mit der niederschlesischen Hauptstadt verbunden waren und hier deutliche Spuren hinterließen.

„Schon in den 1970er und 1980er Jahren, als ich Seminare mit den Studenten hatte, fehlte mir ein konkretes Gesicht der Stadt. Alles, was die Stadt betraf, war mit der Handwerk- oder mit der Architekturgeschichte verbunden und nicht mit den Menschen“, sagt der Ideengeber der Galerie, der Direktor des Städtischen Museums Dr. Maciej Łagiewski. „Es war also einfacher über die einzelnen Werke oder Stile zu sprechen als über die Schöpfer dieser Werke. Und das war der erste Grund, warum ich später auf die Idee kam, die Präsentation der Büsten zu Ehren der großen Breslauer in dieser Form zu machen“.

Als Łagiewski eine Reise nach Bayern unternahm, besuchte er eines Tages die Gedenkstätte Walhalla in Donaustauf im bayerischen Landkreis Regensburg. Unter vieler Marmorbüsten fand er auch schlesische Heimatsakzente: Joseph von Eichendorff und Nicolaus Copernicus. Er hat sich die Galerie genau angeschaut und fand die Idee großartig. Und bald wurde sie zur „Breslauer Walhalla“ umgewandelt.

Den Anlass dazu gab die im Jahre 1996 im Breslauer Rathaus eröffnete Ausstellung über Gerhart Hauptmann und die bildenden Künste. Der schlesische Nobelpreiseträger wollte nämlich zuerst Bildhauer werden und hat einige Zeit in Breslau und in Jena an der Akademie der Künste verbracht und versuchte sogar sein Glück in Rom. Auf der Ausstellung, die zum 50. Todestag Hauptmanns organisiert wurde, wurden zahlreiche Skizzen aus seiner Jugend und Studienzeit gezeigt. Und dabei dachte sich der Museumsdirektor Łagiewski, es wäre schön, eine Büste des Nobelpreisträgers und Ehrenbürgers der Stadt aufzustellen. Kurz danach ist sie entstanden und bildete den Anfang der Galerie, die offiziell 1997 eröffnet wurde. Als die Nächsten sind Carl von Holtei, Ferdinand Lassalle, Adolph von Menzel, Edith Stein, Johann von Mikulicz-Radecki und Max Born gekommen.

„Besonders die Lebenswege von Ferdinand Lassalle und Edith Stein haben mich fasziniert. Beide stammten aus jüdischen Familien, sind aber in völlig andere geistliche Richtungen gegangen. Ihr Übergang und ihr Lebensweg zeigte deutlich die Vielfältigkeit von Breslau. Und hier steckte eigentlich die Idee der Galerie der großen Breslauer“, sagt der Museumsdirektor. „Diese Ausstellung sollte beweisen, dass sich die Geschichte der heutigen Breslauer und der aus der Vergangenheit verflechten und dass sich die gegenwärtigen Einwohner mit den damaligen identifizieren. Deshalb wurden die Büsten nicht von dem Stadtgeld bezahlt, sondern von den privaten Stiftern finanziert. Und so ist es bis heute. Die Stifter sollen sich mit den Persönlichkeiten gleichsetzen, deren Büsten aufgestellt werden“.

Fünfundzwanzig Jahre später stehen in der Breslauer Galerie dreißig Büsten. Dargestellt sind überwiegend Kulturschaffende, wie Schriftsteller, Künstler, Philosophen, Theologen, aber auch Professoren der Universität, unter denen Nobelpreisträger dominieren, Ärzte oder Personen, die mit den Anfängen der Stadt verbunden waren, z.B. Heinrich der Bärtige und dessen Gemahlin, hl. Hedwig oder der zweite Patron der Stadt, der gesegnete Ceslaus. Die Wahl wird zusammen mit dem Museumsrat getroffen. Der Schlüssel ist aber klar: die Personen sollen nicht nur auf der lokalen Ebene, sondern auch international bekannt sein und sie müssen auch von den Breslauern akzeptiert werden.

Zur Zeit gibt es noch keine Personen, die im polnischen Wrocław geboren wurden und sich in der Galerie befinden. Die Galerie ist nämlich den Verstorbenen gewidmet – es müssen mindestens fünf Jahre nach dem Tod der Person sein. Und es ist noch zu wenig Zeit vergangen. Aber die Idee fand einen großen Zuspruch und die Präsentation wird bestimmt fortgesetzt. Der familiäre Charakter ist nicht nur den Herstellern der Büsten zu verdanken, die hauptsächlich Absolventen der Akademie der Bildenden Künste in Breslau sind, sondern auch dem Material, aus welchem sie hergestellt wurden – dem schlesischen Marmor und Sandstein.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka