Im Sudeten-Saatguthaus werden Saamen aufbewaht, die nicht im Handel zugänglich sind
Das Ziel ist die Förderung der Biodiversität und Erhaltung lokaler Sorten von Kulturpflanzen.
Das sind Samen, die man heute nicht mehr im Handel kaufen kann – betonen die Schöpfer des Sudetensaatguthaus. Das Hauptziel des Projekts ist der Schutz der pflanzlichen Biodiversität und die Erhaltung lokaler, verschwindender Sorten von Kulturpflanzen.
Danuta Nowak und Dariusz Matusiak zogen vor drei Jahren nach Niederschlesien, verzaubert vom Bober-Katzbach- Gebirge, den Naturschutzgebieten und der deutschen Vorkriegsarchitektur, die in der Gegend größtenteils erhalten geblieben ist. Ihr neues Haus befindet sich in Nowa Wieś Wielka (früher Groß Neudorf) bei Jawor/ Jauer (ca. 60 km von Wrocław/ Breslau entfernt) und wurde zum Ausgangspunkt und Zentrum vieler sozialer und ökologischer Initiativen. Auf dem Hof, den sie zusammen mit ihren Hühnern, Gänsen und Enten besiedeln, schuf das Paar das Kreativ-Treffpunkthaus “Das Vogel-Tal” sowie einen Permakultur-Garten. Ihr jüngstes Projekt ist das Sudetensaatguthaus – das erste gemnnützige Saatguthaus in Polen.
Die Samen erinnern sich
– Es ist ein lebendiger Ort, an dem willige Menschen Samen austauschen können. Wir haben es zusammen mit Freunden ins Leben gerufen, die seit Jahren in lokalen Lebensmittelkooperativen, wie der Kooperatywa Izerska (Iser-Kooperative) aktiv sind – erklärt die Mitbegründerin des Projekts. Es sei für sie wichtig, die Artenvielfalt zu schützen. – Das sind Samen, die man heute nicht mehr im Handel kaufen kann. Sie haben ihr eigenes Gedächtnis und haben sich im Laufe der Jahre an die lokalen Wetterbedingungen, das Klima und den Bodentyp angepasst – sagt Danuta Nowak.
Sie fügt hinzu, dass die Saatgutproduktion heute in den Händen großer Konzerne liegt, was die Vielfalt stark bedroht. Landwirte müssen jedes Jahr neues Saatgut von Konzernen kaufen. – Wir wollen zurück zur Konservierung von Saatgut in Hausgärten und auf Bauernhöfen, so wie es unsere Großeltern taten.
Netzwerk von Saatgutwächtern
Das Sudeten-Saatguthaus ist ein hölzerner Pavillon im Garten, den Danuta Nowak gemeinsam mit ihrem Mann gebaut hat. – Wir haben hier nicht die Bedingungen, um diese Samen langfristig zu lagern. Deshalb ist es für uns wichtig, ein Netzwerk von Saatgutwächtern zu schaffen – Menschen, die für die Pflanzenvermehrung verantwortlich sind. Wir möchten, dass sich möglichst viele Menschen aus der unmittelbaren Umgebung an dem Projekt beteiligen, die bereit sind, sowohl Saatgut zu teilen als auch Verantwortung für die Vermehrung zu übernehmen. Eine Person, die beispielsweise 100 Gramm Samen auswählt, muss im nächsten Zyklus 150 Gramm zurückgeben. Die Konservierung und die Verpflichtung zur Rückgabe des Saatguts sind die zu erfüllenden Grundbedingungen. Also säen wir, kümmern uns um die Pflanzen und bekommen neue Samen, die wir wieder teilen können. Genau darum geht es bei diesem Projekt. Eine Person würde es nicht schaffen, aber wenn es mehr von uns gibt, haben mehr lokale Sorten eine Chance zu überleben – argumentiert Danuta Nowak.
Sudeten-Saatguthaus organisiert auch Schulungen für Saatguthalter im Bereich ihrer Auswahl, Reinigung, Trocknung, Lagerung und Aufzeichnung. Für den Fall, dass es einen Überschuss an Saatgut einer bestimmten Sorte gibt, beabsichtigen die Macher des Projekts, den Überschuss zu teilen und so andere zu ermutigen, Saatgut aufzubewahren. Die Partner des Projekts Sudeten-Saatguthaus sind die Stiftung Agro-Perma-Lab und der Verein Arche Noah aus Österreich, unter der Schirmherrschaft des Nationalen Zentrums für Pflanzengenetische Ressourcen (Krajowe Centrum Roślinnych Zasobów Genowych).
Tausch statt Verkauf
Im Sudeten-Saatguthaus findet man jetzt unter anderem mehr als ein Dutzend Tomatensorten, Kopfsalate, Rucola oder Senfgrün. Neben Gemüse gibt es auch Kräuter und Getreide.
– Als meine Kollegin aus Warschau die Tomaten aus unserem Garten probierte, war sie begeistert und sagte, dass sie noch nie so leckere Tomaten gegessen habe. Wir bekommen unser Saatgut hauptsächlich von befreundeten Gärtnern, darunter sehr umweltbewusste Menschen aus Österreich oder Deutschland, die seit Jahren in den Sudeten leben – sagt Danuta Nowak.
Sie und ihr Mann sind seit 30 Jahren Vegetarier. Das führte sie in die Richtung, ihr eigenes Gemüse anzubauen, bis sie schließlich beim Thema Saatgut landeten.
– In einer Welt, in der so wenig von uns abhängt, haben wir beschlossen, das anzupacken, was wir noch beeinflussen können. Ein kleiner Acker, unser eigenes Saatgut und die lokale Gemeinschaft, die wir um dieses Projekt herum aufbauen wollen – sagt Danuta.
Sie betont, dass nach dem geltenden Gesetz weder die Samen, die sie retten, noch die Pflanzen, die daraus wachsen werden, verkauft werden dürfen. Das ist in ganz Europa so. Die einzige Lösung ist das Teilen von Saatgut und der Tausch gegen Lebensmittelprodukte. Deshalb werden sie zusammen mit ihren Freunden demnächst die Sudeten-Tauschbörse gründen.
Text und Bilder: Marzena Żuchowicz, Dolnośląski Warsztat