Mnichus: Besuch in der Heimatstube von Wiktor Smyk

Wiktor Smyk sammelt seit über 40 Jahren alte Gebrauchsgegenstände

Allesamt erzählen sie die Geschichte von den zwei Gesichtern des technischen Fortschritts. Und die Geschichte einer Liebe.

Wiktor Smyk sammelt seit über 40 Jahren, und damit mehr als ein halbes Leben lang, alte Gebrauchsgegenstände. In seiner kleinen Heimatstube im oberschlesischen Mnichus bei Malapane/ Ozimek hat er sie untergebracht. Allesamt erzählen sie die Geschichte von den zwei Gesichtern des technischen Fortschritts. Und die Geschichte einer Liebe.

So manches Sammlerherz schlägt höher bei dem Anblick von Wiktor Smyks Heimatstube. So ziemlich alles, was antik anmutet, ist hier zu finden und füllt jeden Quadratzentimeter aus. Mehr als 40 Jahre Sammlerleidenschaft stecken hierin. Vieles davon hat Smyk vom Flomarkt aus Holland mitgebracht. Das Lieblingsstück seiner Sammlung ist ein altes Bügeleisen, das tatsächlich noch aus Eisen gegossen wurde. Das ist aber nicht aus Holland.

„Es stammt aus dem Jahr 1880, es ist das Bügeleisen meiner Uroma. Und die gab es ihrer Tochter. Bis es schließlich zu meiner Mutter kam. Und meiner Mutter sagte mir, ich solle es als Erinnerungsstück an mich nehmen. Deshalb fühle ich eine Verbundenheit zu dem Bügeleisen, so viele Generationen hat es überdauert.“

Über 40 Jahre Sammlerleidenschaft stecken hierin.

Er stellt das Familienerbstück zurück in die Glasvitrine. Die gibt ihm Schutz. Dann weist er mit einem Fingerzeig auf eine andere Ecke des Raumes, wo ein paar alte Leisten stehen – ebenfalls aus Gusseisen gefertigt. Erinnerungsstücke an jene beschwerlichen Tage, als der Schuster jeden einzelnen Schuh per Hand hergestellt hat. Heute eine exquisite Seltenheit, die sich leistet, wer in Handarbeit das Echte zu finden hofft.

Wiktor Smyk ist 71 Jahre alt und lebt in dem rund 130-Einwohner-Städtchen Mnichus bei Malapane/Ozimek. 26 Jahre lang, von 1985 bis 2011, war er dort Gemeindevorsteher. Seine kleine Heimatstube gehört zu seinem Elternhaus.

Ein Familienerbstück: Das Bügeleisen von 1880 gehörte Wiktor Smyks Uroma.

Die Anfänge gehen in das Jahr 1975 zurück. Alles beginnt durch einen Zufall, und es ist Ehefrau Anna Smyk, die mit einem alten russischen Geldstück von 1877 den Stein ins Rollen bringt. In das Haus der Schwiegereltern, in das sie Anfang der 1970er Jahre kommt, beginnt sie irgendwann einen Garten anzulegen. „Und dabei habe ich 5 Kopeken ausgegraben. Die habe ich meinem Mann gezeigt. Und so hat es angefangen. Seitdem sammelt mein Mann alles, was alt ist“, erzählt sie, und er räumt ein, dass er ihr dafür sehr dankbar sei.

Kennengelernt haben sich die Smyks vor über 50 Jahren. Im nächsten Jahr steht die Goldene Hochzeit an. Nicht immer ist es leicht gewesen, besonders für Anna Smyk. Die heutige Heimatstube ist früher einmal ein Stall gewesen. Mit Kühen, ihren kleinen Kälbern und Schweinen. Anna Smyk schmeißt den Betrieb gut zwanzig Jahre lang mit den Kindern allein. Ihr Mann hatte Arbeit in Deutschland und Holland.

Wiktor und Anna Smyk haben im nächsten Jahr Goldene Hochzeit.

„Wenn ich früher aus Deutschland zurückkam, warf sie mir vor: Schrott hast du mitgebracht anstatt Süßigkeiten. Ich habe gesagt: Schatz, du kannst doch in Polen mittlerweile alles kaufen“, berichtet Wiktor Smyk und weiß es mit Humor zu nehmen.

Er hamstere all das, damit die Enkel und Urenkel sehen können, wie früher gearbeitet wurde. Das habe schließlich viel Kraft gekostet. „Mein Schwiegersohn ist Tischler. Für alles hat er jetzt Maschinen“, sagt Smyk und ist sich dabei nicht ganz sicher, ob er das gut finden soll oder nicht. „Der Mensch hat sich von der Arbeit entfernt“, mokiert er.

Genau wie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Ökonom und Philosoph Karl Marx. Und dass sowieso früher alles besser gewesen sei, ist wohl eine romantische Illusion, um die der Mensch nicht herumkommt, sobald er ein gewisses Alter erreicht hat. Manchmal aber erkennt er doch: Fortschritt kann auch gut sein.

„Nach der Hochzeit habe ich meiner Frau eine Schleuder gekauft. Damit sie die Wäsche nicht mit der Hand auswringen muss so wie früher die alten Omas. Die haben sich damit die Gelenke kaputt gemacht.“ Natürlich hat er die Schleuder aufgehoben. Sie gehört jetzt zur Sammlung.  Wiktor Smyk fährt auch noch immer regelmäßig ins Ausland, um ausgesuchte Sammlerstücke zu erwerben. Seine Frau hat Verständnis. „In jeder Ehe gibt es Sonnenschein und Regen. Aber die Liebe ist am wichtigsten“, resümiert Wiktor Smyk.

Text & Bilder: Marie Baumgarten

Infobox: Die Heimatstube von Wiktor Smyk ist eine private Sammlung. Zwar ist sie für Besucher nicht zugänglich, dennoch stellt sie sicher, dass die Exponate für die Nachwelt erhalten bleiben.