#sprachlos – Jugend der Deutschen Minderheit gegen Kürzungen bei Minderheitensprache

Ende 2021 machte sich der Sejmabgeordnete Janusz Kowalski öffentlich für die Aberkennung der Mittel für den Deutschunterricht als Minderheitensprache stark

Welche Reaktionen hat er ausgelöst?

Nachdem sich in den letzten Monaten des Jahres 2021 der Sejmabgeordnete Janusz Kowalski der Partei ‘Solidarisches Polen’ lautstark für die Aberkennung der Mittel für den Deutschunterricht als Minderheitensprache stark machte, nahmen die politischen Pläne in diese Richtung klare Konturen an.

Vergleich der Polonia mit der deutschen Minderheit in Polen

Deutsche in Polen und Polen in Deutschland. Was uns in Zeiten des offenen Europas als normal vorkommt, bringt auf dem politischen Parkett seit Jahren Diskussionen hervor. So wie es in Deutschland Menschen mit polnischen Vorfahren gibt, die ihre Wurzeln bis in die Zwischenkriegszeit oder noch weiter zurückführen können, lebt in Schlesien, Pommern sowie Ermland und Masuren eine deutsche Minderheit. Die Frage, warum die Polonia in Deutschland nicht denselben Status wie die deutsche Minderheit in Polen zugestanden bekomme, ist ein immer wiederkehrendes Motiv in der Rhetorik der polnischen Regierungsparteien.

Die deutsche Seite betont die Existenz der deutschen Minderheit in Polen  aufgrund der Grenzverschiebungen nach dem zweiten Weltkrieg und die in den letzten Jahrzehnten zumeist aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte Einwanderung von Polen nach Deutschland. In der öffentlichen Diskussion in Polen wird dies als Antwort bzw. Begründung auf die Ungleichheit seit Jahren nicht akzeptiert. Es wird auf Symmetrie beharrt.

Mit Argumenten, dass die deutsche Bundesregierung den Polnischunterricht der Polonia in Deutschland gar nicht unterstütze und es doch 2,2 Millionen Polen in Deutschland gäbe, überzeugte der aus der Oppelner Region stammende Kowalski nicht nur den Bildungsminister Przemysław Czarnek, sondern auch die gesamte Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (Prawo i Sprawiedliwość) von der Kürzung der Mittel für den Deutschunterricht in Polen.

Zur Information: In Polen lernen mehr als 48.000 Kinder und Jugendliche, die aus der deutschen Minderheit und der polnischen Mehrheit stammen, Deutsch als Minderheitensprache. Der polnische Staat stellte 2020 zum Zwecke des Unterrichts aller Minderheitensprachen im Land 236,7 Mio. Złoty zur Verfügung. Nach Angaben der deutschen Botschaft in Warschau haben im Jahr 2020 an deutschen Gymnasien 14.246 Schüler Polnisch gelernt. Dafür haben die für Bildung zuständigen Bundesländer  umgerechnet 937 Mio. Złoty bereitgestellt.

Sejm: Weniger Mittel für Deutsch als Minderheitensprache

Seit der Entscheidung der Mehrheit im polnischen Sejm am 17. Dezember 2021, eine Änderung des für das aktuelle Jahr vorgesehenen Finanzhaushalts vorzunehmen, kämpfen Mitglieder der Deutschen Minderheit in Polen gegen eben jene. Auch viele zivilgesellschaftliche Akteure wie Lehrer und Eltern sowie Vertreter der Wirtschaft und Akademiker haben sich mittlerweile der Diskussion angeschlossen und Petitionen gestartet. Der Grund ist klar: Mit der erwähnten Abstimmung fiel die Entscheidung, die finanziellen Mittel für den Deutschunterricht als Minderheitensprache in den Schulen um fast 40 Millionen Złoty zu kürzen.

Rafał Bartek.

BJDM mit Medienkampagne gegen Kürzungen

Der Jugendverband der deutschen Minderheit in Polen (BJDM) will dies nicht gleichgültig hinnehmen und hat eine Online-Aktion ins Leben gerufen. „Als Vorstand des Bundes der Jugend der deutschen Minderheit in Polen möchten wir unseren ausdrücklichen Widerstand gegen diese Entscheidung zum Ausdruck bringen“, heißt es auf der Facebook-Seite des BJDM.

Nach der bereits im letzten Jahr erfolgreichen Kampagne #inPolendaheim läuft der zweite Anlauf der jungen Generation, die sozialen Medien als breite Plattform zu nutzen. Der Jugendverband fordert seine Mitglieder, Anhänger und Freunde sowie jede Person auf, sich an seiner Online-Aktion zu beteiligen. Um dies zu tun, brauche man nur ein Porträtfoto in Schwarz-Weiß, auf dem man die Hand vor den Mund hält, in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram mit den Hashtags #niemaMowy und #sprachlos zu posten. Neben Politikern, Lehrern und Journalisten aus der Oppelner Region haben mit Kulturvertretern und Bundestagsabgeordneten wie z.B. Dietmar Nietan (SPD) auch schon einige Personen aus Deutschland teilgenommen und ihre Solidarität bekundet.

Dietmar Nietan.

Wie geht es politisch weiter?

Am 5. Januar 2022 hat der Ausschuss für Wissenschaft, Bildung und Sport im Senat zunächst eine Änderung des Haushaltsgesetzes beschlossen, um den geplanten Vorstoß der Kürzung der Mittel für den Deutschunterricht rückgängig zu machen. Dieser Gesetzesvorschlag geht nun wieder an den Sejm zurück, wo der Haushaltsvorschlag in den Kommissionen und dann im Plenum bis Ende Januar 2022 erneut auf der Tagesordnung steht.

Text: Dominik Duda