Daisy von Pless: Tanz auf dem Vulkan – nach fast hundert Jahren neu verlegt

Marie Baumgarten im Gespräch mit Ina Maria Kwiatkowski, der Ideengeberin an der Neuauflage 

Die erste Buchvorstellung findet in Görlitz beim Schlesischen Nachtlesen am 9. April 2022 statt.

Das Buch „Tanz auf dem Vulkan – Erinnerungen an Deutschlands und Englands Schicksalswende“ beschreibt das Leben von Daisy, Fürstin von Pless bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 und ihre zahlreichen Begegnungen in Politik und Adel. 

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy (1873 in Wales – 1943 in Waldenburg), wurde durch Heirat Fürstin von Pless, Reichsgräfin von Hochberg und Freiin zu Fürstenstein sowie die erste High Society Lady des europäischen Hochadels. Das Buch „Tanz auf dem Vulkan – Erinnerungen an Deutschlands und Englands Schicksalswende“ beschreibt ihr Leben bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 und ihre zahlreichen Begegnungen in Politik und Adel. Marie Baumgarten sprach mit Ina Maria Kwiatkowski, die als Ideengeberin an der Neuauflage beteiligt ist.

Frau Kwiatkowski, bis heute gilt Fürstin Daisy als eine der schillerndsten Persönlichkeiten Schlesiens, warum?

Fürstin Daisy war ihrer Zeit voraus und hat diese maßgeblich geprägt. Sie kam in England zur Welt. Gerade einmal 17 Jahre alt, wird sie mit Hans Heinrich Fürst von Pleß, einem der reichsten Männer Mitteleuropas, verheiratet. Seiner Familie gehören die Kohlegruben in Schlesien. Daisy ist politisch interessiert und sozial engagiert – es war vor allem diese Wohltätigkeit, die ihr großen Respekt einbrachten, der bis heute nachhallt.

 „Tanz auf dem Vulkan“ ist zuletzt vor rund 90 Jahren erschienen. Sie haben eine Neuauflage ins Rollen gebracht. Warum?

Bis vor einem Jahr war Daisy für mich auch eine Unbekannte. Dann fiel mir ein Roman über die Fürstin und ihr beeindruckendes Leben in die Hände. So beeindruckend, dass ich mehr erfahren wollte. Bei meinen Recherchen stieß ich auf eine alte Auflage von „Tanz auf dem Vulkan“, ich brannte darauf, das Buch zu lesen. Das Problem war: Es war nirgendwo erhältlich. Ich habe die Suchmaschinen, Bibliotheken und Antiquariate durchstöbert – nichts.

Am Ende hat es aber doch geklappt.

In einem japanischen Antiquariat fand sich schließlich eine alte Original-Ausgabe aus dem Jahr 1929. Eigentlich unglaublich, die Freude war natürlich groß. Es ist dem Verleger Graf von Westarp mit seinen zahlreichen Kontakten zu verdanken, dass wir es überhaupt gefunden haben.

Und darum die Neuauflage, damit es nicht gänzlich verschwindet?

Genau, ich war von der Lektüre begeistert und davon überzeugt, dass andere es auch sein würden. Und die Person Daisy von Pleß darf nicht vergessen werden.

Fürstin Daisy hat die Bücher selbst verfasst. Handelt es sich also um eine Art Tagebuch?

Das kann man so sagen. Immer wenn etwas Wichtiges in ihrem Leben passiert ist, hat sie es niedergeschrieben. Es umfasst den Zeitraum Ende 19. Jahrhundert bis nach dem Ersten Weltkrieg 1918.

Wie lesen sich die privaten Aufzeichnungen der Fürstin?

Sehr spannend. Wer sich für Geschichte interessiert, sollte dieses besondere Zeitdokument unbedingt lesen. Man bekommt einen intimen Einblick in das Leben des Adels zum Beginn des letzten Jahrhunderts. Die gesellschaftlichen und politischen Geschehnisse jener Tage werden authentisch aus damaliger Sicht geschildert und eingeordnet.

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West.

Welche waren das?

Die ersten Notizen drehen sich darum, wie es für Daisy war, von England in die fremde neue Heimat Schlesien zu kommen. Sie wuchs in einer ganz anderen Kultur auf. Auf Schloss Fürstenstein musste sie jetzt nach steifer preußischer Etikette leben. Später kreisen ihre Gedanken um den sich nahenden Großen Krieg. Sie wollte ihn unter allen Umständen verhindern.

Wie wollte sie das schaffen?

Sie hat gesellschaftliche Veranstaltungen organisiert, um die Entscheidungsträger zusammenzubringen: Bälle und Jagden. In ihrem Buch beschreibt sie beispielsweise einen Abend auf ihrem Schloss, zu dem sie deutsche und englische Amtsträger eingeladen hatte – da gab es ja auch zahlreiche Verwandtschaften.

Und dabei hat Daisy sie ins Gebet genommen?

Die Männer dachten über den Krieg eben wie Männer: Sie müssen ihre Pflicht erfüllen. Daisy hat aus der Perspektive einer Frau an sie appelliert: „Bitte verhindert diesen Kriegt, denkt doch an die vielen Mütter, die ihre Söhne, die vielen Frauen, die ihre Männer verlieren.“

So ein Schritt war gewagt für Frauen ihrer Zeit. Normalerweise hatten Frauen sich in Politik nicht einzumischen.  

Ihr Plan geht nicht auf. Sie muss sogar noch einen Zweiten Weltkrieg erleben. 1943 stirbt sie, nach der Scheidung vom Fürsten, einsam und verarmt in Waldenburg. Was ist ihr Vermächtnis?

Es ist ihre Wandlung: eine unbedarfte junge Frau, die ihre Heimat verlassen muss und in der Ferne zu einer weltgewandten Dame reift. Die mit viel diplomatischem Geschick versteht, ihre Interessen durchzusetzen und die ihren Einfluss nutzt, um Gutes zu tun. Bis heute ein Vorbild für jede Frau.

Infobox:

Das zweibändige Buch erscheint am 15. Februar im Verlag Westarp Book On Demand und kann unter werden www.westarp-bs.de bestellt werden. Es kostet 68 Euro. ISBN: 978-3-96004-099-6. Die erste öffentliche Buchvorstellung findet in Görlitz am 9. April 2022 beim Schlesischen Nachtlesen statt. Mehr zum Buch und zur Person Daisy von Pless bei SILESIA News.

Ina Maria Kwiatkowski, geb. 1967 in Görlitz, jahrelang als Redakteurin bei unterschiedlichen Sendeanstalten tätig, heute Mediaberaterin bei DDV Mediengruppe Görlitz.