Architektur der Zwischenkriegszeit in Beuthen/Bytom

Großstädtische Ästhetik

Beuthen, Hindenburg und Gleiwitz waren drei Städte im Oberschlesischen Industriegebiet, die nach der Teilung der Region 1922 bei Deutschland verblieben.

Beuthen/Bytom war neben Hindenburg/Zabrze und Gleiwitz/Gliwice eine von drei Städten im Oberschlesischen Industriegebiet, die nach der Teilung der Region 1922 bei Deutschland verblieben.

Die Lage der Stadt nach der Grenzziehung prädestinierte sie buchstäblich zu der Rolle eines Schaufensters Deutschlands. Im Norden, Osten und Süden deckte sich doch die Stadtgrenze mit der neuen Staatsgrenze, wodurch dieses wichtige Industrie- und Verwaltungszentrum in Oberschlesien zu einer Art europäische Sehenswürdigkeit wurde.

Oberschlesisches Landesmuseum und Stadtsparkasse, 1937. Quelle: fotopolska.eu, United Archives.

In Beuthen, das bereits zuvor reich an beeindruckenden, großstädtischen Bauten aus der Gründerzeit war, wurden in der Zwischenkriegszeit zahlreiche weitere interessante architektonische Projekte umgesetzt. In schlichter Form gehalten spiegelten sie meistens moderne Strömungen der  1920er und 1930er Jahre wieder. Ein architektonisches, aber zugleich auch politisches Projekt war die Neugestaltung des Moltkeplatzes (heute pl. Sobieskiego) in den späten 1920er Jahren.  Denn einen Bestandteil der neuen Bebauung bildete das Oberschlesische Landesmuseum – eine Einrichtung, für die im Konkurrenzkampf zwischen der deutschen Provinz Oberschlesien und der polnischen Wojewodschaft Schlesien eine wichtige Rolle vorgesehen war. Wie einige andere Städte der Region hatte auch Beuthen sein „Hochhaus“ – und zwar direkt am Ring. In dem modernistischen Gebäude mit sieben Stockwerken befanden sich ursprünglich Wohnungen und das Kino „Capitol“. Erwähnenswert als architektonische Merkwürdigkeit ist überdies das ehemalige Kaufhaus „Hansa Haus” mit seiner originellen Form. Diese verdankte es vor allem dem Umstand, dass es auf einem nur wenige Meter schmalen Grundstück erbaut wurde.

Zwar ist die Hindenburger Josefskirche unter den Sakralbauten, die zwischen 1922 und 1939 in Oberschlesien entstanden, konkurrenzlos, doch auch in Beuthen fehlte es in diesem Bereich nicht an interessanten Projekten. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurde in einem neuen Wohnviertel nördlich der Innenstadt die Rundkirche Heilig-Kreuz erbaut. Stilistisch ganz anders und wohl noch spektakulärer ist aber die 1931 geweihte neoromanische St. Barbara-Kirche, deren zwei miteinander verbundene schlanke Türme zum festen Element des Stadtbildes wurden.

St. Barbara-Kirche. Quelle: wikimedia commons, Yarl.

Mindestens zwei in der Zwischenkriegszeit erbaute Industrieanlagen gelten heute als unverkennbare Symbole der Stadt. Ein bemerkenswertes Denkmal seiner Zeit ist der hammerförmige Förderturm der Hohenzollerngrube (später Bergwerk „Szombierki“). Und das 1923 in Betrieb genommene Kraftwerk „Oberschlesien“ (später „Szombierki“), das bei etwas Phantasie Assoziationen mit einer ostpreußischen Ordensritterburg weckt, gehört zu den wertvollsten Objekten der Industriekultur in ganz Oberschlesien. Mindestens eine kurze Erwähnung verdient darüber hinaus der Beuthener Bahnhof mit seiner Bahnsteighalle – in der Zwischenkriegszeit einer der wichtigsten Grenz- und Zollbahnhöfe im Osten Deutschlands (mehr dazu können Sie hier lesen: Oberschlesische Bahnhöfe – Eleganz und Funktionalität ).

Text: Dawid Smolorz