Der berühmte barocke Saal an der Universität Wrocław (Breslau) eröffnete wieder ihre Türen für die Besucher
Sechs Jahre dauerte die Sanierung des schönsten geistlichen Barockraums Europas.
Seit dem 22. März 2022 steht die Aula Leopoldina an der Breslauer Universität den Besucherinnen und Besuchern offen. Nach sechs Jahren gründlicher Sanierung erstrahlt der Raum im neuen-alten Glanz.
Den Habsburgern und den Jesuiten ist die Gründung der „Academia Leopoldina“ zu verdanken, die den Grundstein für die spätere Breslauer Universität legte. Während der Gegenreformation wurden 1638 zwei Jesuiten heimlich ins überwiegend protestantische Breslau gebracht. Sie fanden Zuflucht im Kloster der Kreuzherren mit dem Roten Stern (heute Ossolineum) und begannen hier mit dem Unterricht für die ersten 12 Schüler. Trotz der Unzufriedenheit des protestantischen Stadtrats gründeten die Jesuiten ein Gymnasium, das in ein Kolleg mit einer philosophischen Fakultät umgewandelt wurde. Im Jahr 1659 hatten sie bereits vierhundert Schüler.
In demselben Jahr schenkte Kaiser Leopold I. den Jesuiten eine Burgruine, die seit dem 13. Jahrhundert an der Stelle des heutigen Hauptgebäudes der Universität stand. Der Erfolg der Jesuiten in ihrer pädagogischen Arbeit führte zu einem derartigen Anstieg der Studentenzahl, dass man ein starkes Argument hatte, die Eröffnung einer Jesuiten-Akademie zu beantragen. Sie wurde 1702 gegründet und erhielt den Namen „Leopoldina“ – nach dem österreichischen Kaiser Leopold I.
Die Innenausstattung der Aula entstand in den Jahren 1728-1732 und ist das Werk der renommierten Künstler Johann Christoph Handke aus Olmütz (Plafond), Franz Joseph Mangoldt (Skulpturen) und Ignatius Provisore (Marmordekoration).
Die Universität besaß den Rang einer Akademie, da sie nur zwei Fakultäten hatte: die katholische Theologie und die Philosophie. Trotz der Bemühungen des Herrschers war es nicht möglich, die beiden anderen Fakultäten, Jura und Medizin einzurichten.
Erst unter preußischer Herrschaft wurde die Leopoldina zu einer Universität. Im Jahre 1811 wurde sie auf Beschluss von König Friedrich Wilhelm III. mit der Viadrina, einer evangelischen Universität in Frankfurt an der Oder, vereinigt. Sie war damit die erste deutsche Universität mit einer katholischen und einer protestantischen Fakultät. Bis 1945 trug sie den Namen Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität.
Während des Krieges wurde das Gebäude der Universität stark zerstört, aber der schönste Saal – die Aula Leopoldina – ist erhalten geblieben. Da sie keine Fenster hat, wurden die Fresken mit Rauch bedeckt und teilweise beschädigt. Nachdem die Universität und die Technische Universität (beide Universitäten wurden in den ersten Nachkriegsjahren vereinigt) von der Gruppe polnischer Gelehrter übernommen worden war, wurde mit dem Wiederaufbau und Sanierung begonnen. Die Restauratoren hatten aber keinen Zugang zu Rudolf Jaguschs Fotodokumentation aus dem Jahr 1944, die als Vorsichtsmaßnahme für den Fall von Kriegsschäden vorbereitet wurde. Deshalb wurde oft fantasiert…
Mit der Zeit wurde das farbenfrohe Barock von einem Schmutzschleier bedeckt, das schimmernde Gold verblasste, die Risse haben sich vergrößert und die Malereien wurden unleserlich. Deshalb war es wichtig, die ursprünglichen Farben und Motive der Aula Leopoldina wiederherzustellen. Im Jahre 1998 führte die Universität bauliche und konservatorische Untersuchungen durch, aber die Kosten wurden auf fast 9 Millionen Złoty geschätzt. Die Universität verfügte über solche Mittel nicht. Im Jahre 2015 wurde das Projekt von der Gemeinde Wrocław gefördert. Insgesamt wurden über 7 Millionen Złoty ausgegeben, der Großteil davon sind städtische Mittel.
Die Investition ist aber gerechtfertigt, gehört die Aula Leopoldina doch zu den wichtigsten touristischen Attraktionen in der Stadt. Die Eintrittskarte für alle vier Räume (Aula Leopoldina, Oratorium Marianum, Universitätsmuseum und den Turm) kostet 14 PLN (für Kinder und Studenten 10 PLN). Aktuell gehen die Einnahmen aus den Eintrittskarten zur finanziellen Unterstützung ukrainischer Studenten an der Universität Wrocław.
Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka
AULA LEOPOLDINA : Muzeum Uniwersytetu Wrocławskiego