In Wrocław (Breslau) wird an das Jahrhunderthochwasser erinnert

Vor 25 Jahren erlebte Niederschlesien eine Flutkatastrophe

Zu aktuellen Ausstellungen und Aktionen kommt bald eine Netflix-Serie.

Große Fotografien an den Gebäudefassaden und an den Wartehäuschen der Haltestellen, symbolische Wassereimer an dem Stadthaus, eine spezielle Wassershow bei der Jahrhunderthalle und eine Ausstellung mit den Sandsäcken in der Świdnicka-Str. (Schweidnitzer-Str.) – auf diese Art und Weise erinnert Breslau der schrecklichen Ereignisse, die vor 25 Jahren, im Juli 1997, in der Stadt und in der Region passierten.

Bald wird auch eine neue Netflix-Serie „Wielka woda“ („Das große Wasser“) ihre Premiere haben. An den Dreharbeiten, die voriges Jahr stattfanden, haben als Statisten die Einwohner der Stadt teilgenommen. Viele von ihnen konnten sich noch sehr gut an die Ereignisse von damals erinnert. Überall wurde heftig diskutiert, erzählt und berichtet. Trotz der vielen Jahre, die vergangen sind, ruft das Hochwasser immer noch große Emotionen hervor und weckt rege Erinnerungen.

Das Hochwasser, das im Juli 1997 die Stadt und die Region Niederschlesien heimsuchte, gehörte zu den größten Naturkatastrophen des 20. Jahrhunderts. Deshalb wird es oft als Jahrhundert- oder sogar Jahrtausendhochwasser bezeichnet. Unter dem Wasser befand sich damals über 30 Prozent der Stadt. Die größte Flutwelle kam nach Breslau am 12. Juli 1997. Ein Drittel der Stadt war mehr als eine Woche lang überflutet. An einigen Stellen, zum Beispiel auf der Siedlung Kozanów (Cosel), reichte das Wasser bis zum ersten Stockwerk der Hochhäuser. Deshalb mussten Transporte mit Trinkwasser und Lebensmittel mit Hubschraubern und Pontons organisiert werden.

Die Ursache für das Hochwasser waren die starken Regenfälle an der oberen Oder, die vom 4. bis 8. Juli dauerten. Gebirgsflüsse, die riesige Wassermengen führten, flossen in die Oder, deren Pegel schnell anstieg. Als die kulminierende Welle Breslau erreichte, betrug der Pegel der Oder bei Trestno (Treschen, Kreis Breslau), dem letzten Messpunkt vor Wrocław, 724 cm, das Doppelte des durchschnittlichen Wasserstandes an dieser Stelle.

Rund 200 000 Einwohner der Stadt wurden von der Katastrophe betroffen. Vier Menschen sind in Wrocław ertrunken. Viele Menschen verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Die Verluste der Stadt wurden auf 99,2 Prozent des für 1997 geplanten Haushalts geschätzt.

Besonders dramatisch war der Kampf um den ältesten Teil der Stadt – die Dominsel – und um den Breslauer Zoo. Dank dem großen Engagement der Einwohner und des damaligen Stadtpräsidenten Bogdan Zdrojewski konnten die wertvollsten Denkmäler der Stadt verteidigt und Tiere vom Zoo gerettet werden. Tausende Einwohner versammelten sich an den Uferpromenaden und im Stadtzentrum und bereiteten mit Sand gefüllte Säcke vor, die zum Bau oder Verstärkung der Dämme verwendet wurden. Davon wurden mehrere hunderttausend verlegt. Und obwohl nicht alle Stellen verteidigt wurden, trugen die gemeinsam verrichteten Arbeiten dazu bei, dass sich unter den Einwohnern ein starkes und identitätsstiftendes Gemeinschaftsgefühl bildete. Die große Solidarität, die damals entstand, war auch später bei dem Wiederaufbau der Stadt behilflich.

Infolge der Überschwemmung starben damals in Polen 56 Menschen. Der Schaden wurde auf 12 Milliarden geschätzt. Sieben Tausend Menschen verloren ihr Zuhause. Das Wasser zerstörte oder beschädigte 680 000 Wohnhäuser, 4 000 Brücken, 613 Kilometer Deiche und 500 000 Hektar Anbaufläche.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka