Beginn des Zweiten Weltkrieges in Oberschlesien

Die Besetzung von Mosty

Wenige Tage vor dem eigentlichen Ausbruch des Krieges am 1. September 1939 kam es in Mosty bei Jablunkau/Jablunkov zu einem kuriosen Ereignis.

Der heute im tschechischen Teil des Teschener Schlesien gelegene Ort Mosty gehörte zwischen Oktober 1938 und September 1939 zu Polen. Aufgrund seiner Lage im Jablunka-Pass, an einer wichtigen Eisenbahnlinie, hatte er für die deutsche Militärführung eine strategische Bedeutung. Die Besetzung der an der damaligen polnisch-slowakischen Grenze gelegenen Gegend eröffnete nämlich die Möglichkeit, die im Südosten Oberschlesiens stationierten polnischen Armeen aus dem Gebiet der mit dem „Dritten Reich“ verbündeten Slowakei anzugreifen. Aus diesem Grund war es für Berlin äußerst wichtig, die beim Ausbruch eines bewaffneten Konflikts erwartete Sprengung der Eisenbahntunnel von Mosty durch polnische Pioniere um jeden Preis zu verhindern.

Die Eisenbahntunnels in Mosty heute. Quelle: Matej Grochal, Wikimedia Commons.

Der deutsche Angriff auf Polen hätte ursprünglich am 26. August 1939 stattfinden sollen. Das Datum wurde jedoch kurzfristig verschoben, weil sich Adolf Hitler noch vergewissern wollte, ob Großbritannien tatsächlich beabsichtigte, die im Beistandspakt mit Polen enthaltenen Garantien einzuhalten. Die Nachricht, dass der Angriffsbefehl zurückzogen worden war, erreichte eine ca. 30 Mann starke Truppe nicht mehr, die sich überwiegend aus den im Teschener Schlesien lebenden Deutschen rekrutierte und die Aufgabe hatte, Mosty vor dem Eintreffen der Wehrmacht zu besetzen. Schuld daran soll das Versagen der Funkgeräte gewesen sein. Am 26. August beschoss dieses Kommando zwischen 3 und 4 Uhr morgens den polnischen Grenzbahnhof Mosty und besetzte anschließend das Bahnhofsgebäude.

Der Bahnhof in Mosty – aktuelle Aufnahme. Am Bahnhofsgebäude sind zweisprachige, tschechisch-polnische Ortstafeln zu sehen. Quelle: Vojtěch Dočkal,  Wikimedia Commons.

Die Aktion wurde mit viel Dilettantismus durchgeführt. Eine Telefonistin, die im Keller unerkannt blieb, setzte die polnische Militärführung von dem Überfall in Kenntnis. Auch gelang es dem Stoßtrupp nicht, die Eisenbahntunnel einzunehmen, da die durch Schüsse alarmierten polnischen Pioniere dort Stellung nahmen. Als die erwartete Unterstützung durch die regulären Verbände der Wehrmacht ausblieb und sich polnische Truppen dem Bahnhof näherten, zog sich die Gruppe bei Tagesanbruch auf das slowakische Staatsgebiet zurück. Noch am selben Tag entschuldigte sich die deutsche Seite für diesen Zwischenfall, der – so die offizielle Rechtfertigung – von einem Unzurechnungsfähigen verursacht worden sei. Als fünf Tage später der Überfall auf Polen begann und die deutschen Verbände an mehreren Stellen die slowakisch-polnische Grenze überschritten, sprengten polnische Pioniere die Eisenbahntunnel von Mosty.

Der Jablunka-Pass gesehen vom Berg Girowa. Quelle: J.M. Czarnecki,  Wikimedia Commons.

Text: Dawid Smolorz