Erinnerung an Karl von Holtei (1798-1880)

Am 24. Januar 2023 jährt sich zum 225. Mal der Geburtstag des großen Sohnes der Stadt Breslau und des großen Freundes der Polen

Der „Multitalent“ Holtei zählte zu den berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit.

Zu seiner Zeit zählte Karl von Holtei (gelegentlich auch: Carl von Holtei) zu den bekanntesten Persönlichkeiten. Er begann seine Laufbahn als Schauspieler, wurde Schriftsteller, Regisseur, Rezitator Shakespeares Werke, Dichter und Mundartdichter. Zu seinem großen deutschen und polnischen Bekanntenkreis zählten u.a. auch Johann Wolfgang von Goethe und Adam Mickiewicz. Seine meist beruflich bedingten Reisen führten ihn u.a. nach Prag, Wien, Brünn, Berlin, Weimar, Paris, Hamburg, Leipzig, München, Riga, Darmstadt und Graz. Man kann ihn als „Multitalent“ bezeichnen. Seine Beliebtheit beruhte auch darauf, dass er zwar dem Adel angehörte, aber bemüht war, gesellschaftliche Schranken abzubauen, wozu ihm die Verwendung der schlesischen Mundart diente. Der Musikkritiker Max Kalbeck rühmte seine „ins Unglaubliche gesteigerte Macht der Persönlichkeit“.

Karl von Holtei wurde am 24. Januar 1798 in Breslau (Wrocław) auf der Reuschestraße 45 (heute ul. Ruska 45) geboren. Seine Mutter starb wenige Tage nach seiner Geburt, weshalb ihn sein Vater in die Obhut der jüngeren Schwester seiner verstorbenen Ehefrau gab. Er besuchte das Maria-Magdalenen-Gymnasium und wurde dann zum Erlernen der Landwirtschaft nach Obernigk (Oborniki Śląskie) geschickt. Dann holte er „die Maturität“ nach und studierte kurze Zeit Jura an der Breslauer Universität, sein Interesse an der Schauspielerei war aber größer. So war er von 1816 bis 1824 als Schauspieler am Schlosstheater des Grafen von Herberstein in Grafenort (Gorzanów) in der Grafschaft Glatz tätig.

Das Holtei-Denkmal auf der Holteihöhe in Breslau auf einer Ansichtskarte um 1920, Quelle: polska-org.

In Grafenort lernte er die Schauspielerin Louise Rogée kennen, die er in Obernigk heiratete. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Marie Holtei (1822-1897) und Heinrich Wolfgang Holtei (1821-1836) hervor. 1819 debütierte Holtei am Breslauer Stadttheater „Kalte Asche“ mit seinem Erstlingswerk „Die Farben“. Louise Rogée starb sehr jung am 28. Januar 1825. Er war zu dieser Zeit am Königstädtischen Theater in Berlin tätig. Dort kam es am 1. Dezember 1825 zur Uraufführung seines Liederspiels „Der alte Feldherr“, das er „seinen lieben Freunden in Polen“ gewidmet hatte. In diesem Stück brachte er seine Verehrung für den polnischen Freiheitshelden Tadeusz Kościuszko (1746-1817) zum Ausdruck. Es wurde ein Erfolgsstück, das insbesondere nach 1830 zu einer Polenbegeisterung in Deutschland führte. Holteis Polenbegeisterung zeigt sich auch in seinem 1832 entstandenen Gedicht „Der letzte Pole“, wo er von sich selbst am Ende sagt: „Ich bin der letzte Pole, ich“.

Die Büste von Karl von Holtei wurde gegossen nach dem Entwurf von Albert Rachner und enthüllt im Jahre 1882. Der Sockel war aus rotem Granit gefertigt. Quelle: polska-org.

In Berlin lernte er Julie Holzbecher kennen, die 1829 seine zweite Ehefrau wurde. Sie begleitete ihn nach Riga, wo er 1837-1839 das Theater leitete und sie beim Publikum große Erfolge feierte. Nach ihrem Tod 1839 verließ er Riga. Er ging wieder nach Berlin, wo er mit der Niederschrift seiner Lebenserinnerungen „Vierzig Jahre, Lorbeerkranz und Wanderstab“ begann, die er in Oels (Oleśnica) und auf Schloss Trachenberg (Żmigród) fortsetzte. Seine zahlreichen Werke sind kaum überschaubar. Einen Namen machte er sich u.a. auch durch den vierbändigen Gauklerroman „Die Vagabunden“ und den Roman „Mord in Riga“, es war einer der ersten deutschen Kriminalromane. 1860/61 reiste Holtei durch Schlesien, wo er insbesondere seine Mundartgedichte „Derheeme“ und „Heem will ihch“ vortrug. Bis heute erhalten geblieben ist daraus sein Heimwehruf: „Suste nischt ock heem“, was soviel heißt wie: „nur nach Hause will ich“.

Karl von Holtei, Quelle: polska-org.

Nach langen Wanderjahren kehrte Holtei 1863 endgültig in seine Heimatstadt Breslau zurück. Er wohnte in einer kleinen Wohnung im damaligen Gasthof „Zu den drei Bergen“ auf der Büttnerstraße 33 (ul. Rzeźnicza 33). Weitgehend verarmt zog er von dort 1876 durch Vermittlung des Breslauer Fürstbischofs Heinrich Förster in das „Kloster der Barmherzigen Brüder“, Klosterstraße 57 (Romualda Traugutta 57), wo er am 12. Februar 1880 starb. Er wurde auf dem Alten St. Bernhardin Friedhof auf der Ofener Straße beerdigt. Tausende folgten seinem Sarg. Die Schulkinder hatten schulfrei, um an der Beisetzung teilnehmen zu können.

Eine Postkarte mit dem Hotlei-Denkmal im Winter, Quelle: polska-org.

1882 errichteten seine deutschen und polnischen Freunde auf der Ziegelbastei, die in Holtei-Höhe (jetzt: Wzgórze Polskie) umbenannt worden war, ein von Albert Rachner entworfenes Denkmal. Zu Holteis 200.Geburtstag wurde 1998 an seinem früheren Wohnsitz an der ul. Rzeźnicza 33 ein Relief enthüllt, das an ihn erinnert. Auch im Städtischen Museum wird an ihn erinnert und im historischen Rathaus von Wrocław steht in der Galerie der berühmten Breslauer auch seine Büste. Sein Denkmal in Oborniki Śląskie ist im Gegensatz zu dem Holtei-Denkmal in Breslau erhalten geblieben. Im März 2010 fand an der Universität Wrocław anlässlich seines 130. Todestages eine Internationale Wissenschaftliche Tagung zu Holteis Leben und Werk statt.

Die Holtei-Höhe war sein Lieblingsplatz. Eine Erinnerung an ihn gibt es dort nicht mehr.

Text: Dr. Dietmar Kendziur