Rogów Sobócki (Rogau-Rosenau) – kleines Dorf mit großer Geschichte

Was hat eine kleine Ortschaft am Fuße des Zobtenberges (Ślęża) mit den Farben der deutschen Flagge gemeinsam?

1813 wurden hier die Freiwilligen des Majors Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow eingesegnet.

Der frühere Name des Ortes Rogów Sobócki am Fuße des Zobtenberges war Rogau-Rosenau. Der Grund für den Doppelnamen war, dass das Dorf aus zwei Teilen bestand, die durch einen schmalen Bach voneinander getrennt waren. Der südliche Teil des Dorfes wurde Rogau genannt: dort standen ein Schloss (ursprünglich eine befestigte Wasserburg) und die katholische Pfarrkirche St. Johannes. Im nördlichen Teil genannt Rosenau stand eine evangelische Kirche, die heute nicht mehr existiert.

Mit dieser evangelischen Kirche ist ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte verbunden: vor 210 Jahren wurden hier die Freiwilligen des Majors Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow eingesegnet, die sich im März 1813 für den Kampf gegen Napoleon Bonaparte eingesammelt haben. Das historische Ereignis war auf einem in der Kirche aufgehängtem Ölgemälde von Max Weese festgehalten worden.

Postkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts anhand des Bildes von Arthur Kampf „Einsegnung von Lützows Schwarzen Freiwilligen in der Kirche zu Rogau bei Zobten in Schlesien im Jahre 1813“ (1891)

Das als “Schwarze Schar ” bezeichnete Lützowsche Freikorps ging in die Geschichte ein – keineswegs wegen seiner militärischen Leistungen, sondern aufgrund seiner symbolischen Rolle. Denn plötzlich sollten Freiwillige fast aller “fremden Ländern”: Sachsen, Westfalen, Thüringer, Rheinländer, deren Herrscher damals noch mit Napoleon verbündet waren, unabhängig von Herkunft und Vermögen, Seite an Seite für eine gemeinsame Sache kämpfen: für den Sieg über den französischen Kaiser. Diese Zeit – Zeit der Befreiungskriege – und der Kampf für eine gemeinsame Sache legte den Grundstein für die damals entstehende Idee der deutschen Einheit und Errichtung eines deutschen Nationalstaates.

Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm III. in Breslau den berühmten Aufruf “An mein Volk” verkündet hatte, in dem er sich das erste Mal an das Volk wandte und es deutsch nannte, wurde im Gasthof “Zum goldenen Zepter” in der Schmiedebrücke (heute Kuźnicza-Straße 22 in Wrocław) ein Werbebüro für Freiwillige eingerichtet. Es wurde absolut jeder aufgenommen, so dass das Korps eine recht merkwürdige Zusammensetzung aus Gesellen, Schülern und Studenten, “Fremden” und Vagabunden war. Auch bekannte Persönlichkeiten der damaligen Zeit, wie Theodor Körner, Turnvater Friedrich Ludwig Jahn, Friedrich Friesen oder Joseph von Eichendorff sind in die Reihen der Lützower eingetreten.

Theodor Körner liest seine Kriegslieder vor. Eine historische Darstellung anhand von Richard Knötel.

Zwei Ortschaften am Fuße des Zobtenberges: Rogau-Rosenau (Rogów Sobócki) und Zobten (Sobótka), wurden als Versammlungsorte ausgewählt. Sechs Wochen lang gaben sie Obhut allen Freiwilligen, die einzeln oder in Gruppen zu Fuß oder zu Pferd von dem Werbebüro aus Breslau anreisten. In Rogau-Rosenau war die Kavallerie des königlich-preußischen Freiwilligenkorps von Major Lützow untergebracht, in Zobten die Infanterie.

Von dem Denkmal ist nur noch der 11,5 hohe Sockel übriggeblieben.

Obwohl die Bedingungen äußerst bescheiden waren und es am Essen, Uniformen, Rüstung und Pferden mangelte, sahen die Freiwilligen über die Unannehmlichkeiten hinweg. Sie hatten nur ein Ziel vor Augen: den Kampf gegen “den Franzosen”. Die Kraft und die Unterstützung für den Kampf suchten sie im Glauben. Die feierliche Einsegnung des Korps vor dem Einzug in die Schlacht fand am 27. März 1813 in der evangelischen Kirche in Rogau-Rosenau (Rogów Sobócki) vom Pfarrer Georg Gottfried Peters statt. Es wurde geschworen und gesungen. Eines der Lieder hatte besondere Bedeutung: es wurde von einem der Korpsmitglieder und zugleich Dichter Theodor Körner für den historischen Gottesdienst komponiert. Es wurde auf losen Blättern gedruckt und unter den Freiwilligen verteilt. So erklang das Lied, begleitet von Orgel und Militärmusik, aus mehr als tausend Kehlen.

Wir treten hier im Gotteshaus mit frommem Mut zusammen,
uns ruft die Pflicht zum Kampf hinaus, und alle Herzen flammen.
Denn was uns mahnt zu Sieg und Schlacht, hat Gott ja selber angefacht;
dem Herrn allein die Ehre! …

Er weckt uns jetzt mit Siegeslust für die gerechte Sache;
er rief es selbst in unsre Brust: Auf, deutsches Volk, erwache!
Und führt uns, wär’s auch durch den Tod, zu seiner Freiheit Morgenrot.
Dem Herrn allein die Ehre!*

Nach dem Gottesdienst verteilte sich ein Trupp von etwa 260 Kavalleristen auf ein Quartier in Rogau-Rosenau, während die Infanteristen, deren Stärke auf 900 geschätzt wird, nach Zobten marschierten. Einen Tag später brachen sie alle in Richtung Leipzig, Halle und Magdeburg auf, wo seit Jahren “der Franzose” saß. Sie sollten Bonaparte die Versorgung an Lebensmitteln, Geld und Munition abschneiden und immer mehr neue Freiwillige sammeln. Obwohl die militärischen Leistungen des Korps nicht bedeutend waren, ging es doch in die deutsche Geschichte ein: Die Freiwilligen trugen schwarze Uniformen (daher der Name “Schwarze Schar”) mit roten Paspeln und goldenen Knöpfen. Diese drei Farben: Schwarz-Rot-Gold wurden später zum Bestandteil der deutschen Flagge.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka

* Abschnitt des Liedes zur feyerlichen Einsegnung des Preußischen Frey-Corps 1813 von Theodor Körner, in: Leyer und Schwert. Berlin 1814