Während der Sanierungsarbeiten wird die Ausstellung im Schloss Kreisau präsentiert
Im Berghaus trafen sich im Zweiten Weltkrieg die Mitglieder der Widerstandsgruppe um Helmuth James von Moltke.
Das Berghaus, in dem sich während des Zweiten Weltkrieges die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ getroffen haben, wird gründlich saniert. Für die Zeit der Bauarbeiten wurde die historische Ausstellung ins Schloss Kreisau verlegt. Nach der Sanierung wird das Erdgeschoss des Berghauses wieder für die Gruppen zugänglich gemacht, in den oberen Etagen werden Wohnungen für Freiwillige der hier tätigen Stiftung Kreisau eingerichtet.
Ein historischer Ort
Das kleine Dorf Krzyżowa (dt. Kreisau) bei Świdnica (Schweidnitz) in Niederschlesien ist sowohl in Deutschland als auch in Polen bekannt. Hier fand 1989 die berühmte Versöhnungsmesse statt, an der der damalige Bundeskanzler der Bundessrepublik Deutschland Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki teilnahmen. Das historische Ereignis fand am 12. November 1989 im Hof des ruinierten ehemaligen Gutshofes der Familie von Moltke statt. Der Friedensgruß zwischen Mazowiecki und Kohl ist in die Geschichte der beiderseitigen Beziehungen eingegangen. Damals fiel auch die Entscheidung, unterschiedliche Stiftungen und Organisationen ins Leben zu rufen, die den deutsch-polnischen Austausch unterstützen würden (z. B. das Deutsch-Polnische Jugendwerk). Dank ihnen können Millionen junger Menschen gemeinsam Geschichte lernen. Und zwar nicht aus den Lehrbüchern, sondern so, wie man sie selbst direkt erleben und erfahren kann – im Rahmen der internationalen Treffen, Workshops und Seminaren, die unter anderem von der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung veranstaltet werden.
Eine große Rolle spielt bei den Treffen natürlich der Ort selbst. Das Kreisauer Gut gehörte seit 1867 der Familie von Moltke. Es wurde vom Helden des preußisch-französischen Krieges, dem damals sechzigjährigen Feldmarschall Helmuth Karl Bernhard von Moltke gekauft, der nach einem ruhigen Ort für seinen Lebensabend suchte. Der Komplex umfasste unter anderem das barocke Schloss aus dem 18. Jahrhundert, das Ende des 19. Jahrhunderts von der Familie von Moltke umgebaut wurde, Pferde- und Kuhställe, einen Speicher und eine Remise. Heutzutage dienen sie alle als Wohn-, Ess- und Seminarräume.
Der Kreisauer Kreis
In den Jahren 1942–1943 fanden in Kreisau drei geheime Zusammenkünfte der Gegner von Adolf Hitler statt. Seine Mitglieder, die sich um Helmuth James Graf von Moltke (den Neffen des großen Feldmarschalls) und Peter Graf Yorck von Wartenburg versammelten, diskutierten und arbeiteten an einem Plan der Wiedergeburt des deutschen Staates nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Kreisauer Kreis setzte es sich zum Ziel, eine Zukunft für das neue, freie und demokratische Deutschland nach dem Zusammenbruch der Hitler-Diktatur zu entwerfen. Die Treffen fanden in dem sogenannten Berghaus statt, da das Schloss ab den 1920er Jahren wegen der schwierigen ökonomischen Situation nicht benutzt wurde. Die Gruppe hatte keine Strukturen und keinen Namen. Der Name „Kreisauer Kreis“ entstand später.
Nach einem misslungenen Attentat auf Adolf Hitler im Juli 1944 brachte man einige Mitglieder der Kreisauer Gruppe mit Claus von Stauffenberg in Verbindung. Damals wurde die Tätigkeit des Kreises aufgedeckt und die Mehrheit seiner Teilnehmer zum Tode verurteilt. Unter ihnen war Helmuth James Graf von Moltke. Für seinen Widerstand zahlte er den höchsten Preis. Die Geschichte hat ihn jedoch gewürdigt, und das Europa der Nachkriegszeit wurde auf den von ihm vertretenen Werten der friedlichen Zusammenarbeit zwischen den Nationen aufgebaut. Darüber wird in Krzyżowa ausführlich informiert. Bereits seit mehreren Jahren finden in hier Jugendbegegnungen statt. Projekte, in deren Mittelpunkt Aufbau von Toleranz, Frieden, Verständigung, Zusammenarbeit und sozialem Engagement stehen, sind für die Stiftung von besonderer Bedeutung.
Im Schloss kann man die Dauerausstellung „In der Wahrheit leben“ besichtigen, die über den Kreisauer Kreis sowie andere Widerstands- und Antitotalitarismusorganisationen handelt. Auf dem Gelände wurde auch die Ausstellung „Mut und Versöhnung“ zu den deutsch-polnischen Beziehungen vorbereitet. Für diejenigen, die sich in Kreisau länger aufhalten, ist auf jeden Fall eine detaillierte Führung von Stiftungsmitarbeitern zu empfehlen. Sie umfasst auch einen Spaziergang die Eichenallee entlang bis zum Berghaus, dem Treffpunkt des Kreisauer Kreises. Aktuell kann man das Haus nur von außen sehen. Die Sanierung wird vraussichtlich über ein Jahr dauern.
Text und Bilder (wenn nicht anders angegeben): Małgorzata Urlich-Kornacka