Kupferberg – eine verschwundene Stadt

Das heutige Miedzianka sucht eigene Identität auf den Spuren der verschwundenen Stadt Kupferberg

Die pittoreske Lage im Gebirge und die geheimnisvolle Geschichte machen den Ort zum Besuchermagnet.

Kupferberg – eine Stadt, die es nicht mehr gibt. Eine Geisterstadt, die zur Legende geworden ist. Zahlreiche Schauergeschichten, wie z. B. diese über das Sühnekreuz mit der Inschrift „Memento“, das an dem Platz steht, wo ein Bruder den anderen ermordet hat und dadurch das Unglück auf die Stadt brachte, tragen dazu bei, dass der Ort wieder in aller Munde ist. Auch das Buch von Filip Springer „Kupferberg – Der verschwundene Ort“ (übersetzt ins Deutsche von Lisa Palmes) und das Miedzianka-Festival mit Lesungen und Musik haben zur Popularität des Ortes beigetragen.

Das Sühne- oder Versöhnungskreuz mit der Inschrift „Memento“. Der Tradition nach ist das ganze Unglück der Stadt damit verbunden, dass hier Brudermord stattgefunden hat.

Auch die Miedzianka-Brauerei (Browar Miedzianka), die die ursprünglichen Brauereitraditionen des Ortes fortsetzt, spielt hier eine wichtige Rolle. Im Jahre 1876 hat der Braumeister Ewald Franzky in Kupferberg eine moderne Brauerei eröffnet und fing an, das berühmte Bier „Kupferberger Gold“ herzustellen. Sein Sohn Georg setzte die Tradition bis 1945 fort. In den 1950er Jahren wurde die Brauerei von den Löwenberger Betrieben übernommen. Zum Braumeister wurde Stefan Spiż gewählt, der gerade von den Zwangsarbeiten aus Deutschland zurückkehrte. Sein Sohn berichtete später: „Mein Vater hat hervorragendes Bier hergestellt. Ich weiß nicht, ob es an dem schmackhaften Kupferberger Wasser lag oder an meinem Vater, der immer für die Ordnung – wie die Deutschen – sorgte“. Die Brauerei produzierte ca. eine Million Liter jährlich. Als die Entscheidung über die Schließung der Brauerei 1972 kam, wollte Spiż sie mieten und weiterführen. Es wurde ihm aber nicht erlaubt. Der Ort wurde wegen fortschreitenden Bergbauschäden aufgegeben und alles musste raus. Der Sohn berichtete, dass der Vater völlig gebrochen war und wie ein Kind weinte.

Seit einigen Jahren kann man in Kupferberg neue Brauerei besuchen und wieder viele Biersorten probieren. Unter ihnen ist das „Kupferberger Gold“ oder „Cycuch Janowicki“. Der zweite Name ist nicht zufällig: er knüpft an Berge, die man von der Terrasse der Brauerei sehen kann. Es handelt sich um den Forstberg und Kreuzberg (Sokolik und Krzyżna Góra), die zu den Falkenbergen gehören. Die Berge sehen sehr charakteristisch aus, deshalb wurden sie im Volksmund „Lollobrigidas Brüste” genannt. Auf den hiesigen Felsen machte die polnische Alpinistin Wanda Rutkiewicz, die als erste Frau Mount Everest erobert hat, ihre ersten Schritte.

Zwei Berge, die von der Brauereiterrasse sichtbar sind, werden im Volksmund „Lollobrigidas Brüste“ (auf Polnisch „Cycuchy Janowickie“) genannt. Foto. Gabriela Dragun.

Vor dem Zweiten Weltkrieg zählte Kupferberg ca. 800 Einwohner. Es war eine Ortschaft, die für den über viele Jahrhunderte betriebenen Bergbau bekannt war. Im Jahre 1519 hat die Ortschaft den Status einer freien Bergstadt bekommen. Im 16. Jahrhundert gab es hier etwa 160 Schächte und Stollen, in denen Kupfer-, Gold- und Silbererze abgebaut wurden. Und vielleicht würde die Stadt bis heute stehen, wenn man nicht nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Stadt Uranerze gefunden hätte. Das war der Anfang vom Ende. Der aggressive Uranabbau (damals wohnten hier ca. 3.000 Einwohner) hat dazu beigetragen, dass der Erdboden an einigen Orten absackte.

Nach Erdverschiebungen wurde von den Behörden die Entscheidung getroffen, alle Betriebe zu schließen, die Bevölkerung nach Jelenia Góra (Hirschberg) auszusiedeln und die Bebauung der Stadt abzureißen. Im Jahre 1967, nachdem eine Wand der evangelischen Kirche eingestürzt war, wurde die Kirche von den Soldaten in die Luft gesprengt. In der Stadt wurde es verboten, die Häuser zu renovieren. Im Jahre 1972 wurden die verbliebenen Einwohner nach Jelenia Góra (Hirschberg) umgesiedelt und die Gebäude abgerissen. Heutzutage leben in Kupferberg ca. 40 Personen, aber die Ortschaft zieht viele Touristen an. Die geheimnisvolle Geschichte, malerische Lage und guter Ausgangspunkt für Wanderungen verursachen, dass es sich lohnt, hier vorbeizuschauen.

Text und Bilder (wenn nicht anders angegeben): Małgorzata Urlich-Kornacka