Oberschlesien nimmt Abschied von Steinkohle

Mehr als anderthalb Jahrhunderte lang prägten Fördertürme die Landschaft des östlichen Oberschlesiens

Heute verschwinden sie aus dem Bild der einstigen Industriestädte. Ist Oberschlesien noch eine Bergbauregion?

In den vergangenen drei Jahrzehnten vollzog sich in der zwischen Gleiwitz (Gliwice) und Myslowitz (Mysłowice) gelegenen Montanregion ein Wandel, der noch in den 1980er Jahren völlig unvorstellbar war. Nach und nach, oft im sehr schnellen Tempo, wurden die als nicht rentabel eingestuften Bergwerke geschlossen. Da sich die Betriebe häufig in Stadtzentren befanden, verschwanden einige von ihnen einfach von der Erdoberfläche, um Einkaufszentren, Bürohäusern oder neuen Wohnvierteln zu weichen.

Noch zum Zeitpunkt der politischen Wende von 1989 waren in Oberschlesien ca. 50 Steinkohlegruben tätig. Vor allem in den späten 1990er Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden aber im Zuge der Umstrukturierung mehrerer Dutzend geschlossen. Heute gibt es in Oberschlesien 15 Zechen, wobei einige durch Zusammenschlüsse von zwei oder sogar vier Gruben entstanden. Auch in einigen Städten, die ohne die Steinkohle wohl nie entstanden wären, verlor der Bergbau mittlerweile seine dominierende Position.

In Kattowitz (Katowice) ist als einzige die Grube „Staszic-Wujek“ tätig, die entgegen dem Namen ein Verbund von drei früher selbständigen Bergwerken bildet (Murcki, Staszic und Wujek). In Hindenburg (Zabrze), wo es in den 1970 Jahren sechs Gruben gab, existiert heute nur noch das relativ kleine, private Bergwerk „Siltech“. In Ruda (Ruda Śląska), einer Stadt, in der sich in den Zeiten der Volksrepublik neun Zechen befanden, überdauerten nur die zum Verbund „Ruda“ zusammengeschlossenen Gruben „Bielszowice“, „Halemba-Wirek“ und „Pokój“ die Umstrukturierung. Das im Mittelalter gegründete Beuthen verdankt seine Entstehung zwar nicht der Steinkohle, doch prägten die sieben dort tätigen Bergwerke in den vergangenen Jahrzehnten stark das Bild der Stadt. Als Verbund mit der Deutsch Piekarer Zeche „Piekary“ existiert heute dort nur noch die Grube „Bobrek-Piekary“, die 2025 geschlossen wird. Kein einziges Bergwerk mehr gibt es hingegen in Königshütte (Chorzów) und Schwientochlowitz (Świętochłowice). Beide Städte hat man noch vor relativ kurzer Zeit eindeutig mit dem Bergbau assoziiert.

Nach offiziellen Informationen soll 2049 das letzte Steinkohlebergwerk Polens geschlossen werden. Inoffiziell schließt man jedoch nicht aus, dass dies auch früher geschehen könnte.

Bergwerk „Sośnica” in Gleiwitz, die frühere Oehringen-Grube. Quelle: Klaumich49, Wikimedia Commons.
Aktive Bergwerke in Oberschlesien (Stand 2024):
  • „Borynia-Zofiówka-Bzie“ in Bad Königsdorff-Jastrzemb (Jastrzębie Zdrój)
  • „Budryk“ in Ornontowitz (Ornontowice)
  • „Knurów-Szczygłowice” in Knurow (Knurów)
  • „Pniówek“ in Pawlowitz (Pawłowice)
  • „Piast-Ziemowit” in Berun (Bieruń) und Lendzin (Lędziny)
  • „Sośnica” in Gleiwitz (Gliwice)
  • „Bolesław Śmiały” in Ober Lazisk (Łaziska Górne)
  • „Mysłowice-Wesoła” in Myslowitz (Mysłowice)
  • „Staszic-Wujek” in Kattowitz (Katowice)
  • „Silesia” in Czechowitz-Dzieditz (Czechowice-Dziedzice)
  • „Bobrek-Piekary” in Beuthen (Bytom) und Deutsch Piekar (Piekary Śląskie)
  • „Siltech” in Hindenburg (Zabrze)
  • „Eko-Plus” in Radzionkau (Radzionków)
  • Grubenverbund „ROW” in Rybnik (Rybnik), Rydlutau (Rydłutowy) und Radlin (Radlin)
  •  Grubenverbund „Ruda” in Ruda (Ruda Śląska).

Text: Dawid Smolorz