Vor 80 Jahren starb Schwester Maria Gabrielis von Ballestrem
Nach dem Einmarsch der Sowjets in Katscher (Kietrz) spielten sich im dortigen Franziskanerinnen-Kloster dramatische Szenen ab.
Ende März 1945 befand sich das oberschlesische Katscher (Kietrz) bereits seit mehreren Tagen unter sowjetischem Beschuss. Die meisten Einwohner hatten die Kleinstadt verlassen, bevor sie von den Einheiten der Roten Armee eingekesselt wurde. Außer den deutschen Soldaten blieben vor allem kranke und alte Menschen in der Stadt zurück. Viele von ihnen fanden in dem Franziskanerinnen-Kloster an der Ratiborer Straße nicht nur Zuflucht, sondern auch Obhut. Auch die Ordensschwestern hätten Katscher noch rechtzeitig verlassen können, doch tat dies im Bewusstsein der Verantwortung für notleidende und hilfesuchende Menschen keine von ihnen. Selbst die Nachrichten von den schrecklichen Verbrechen, die die Rote Armee in anderen Teilen Oberschlesiens begangen hatte, brachten sie von dieser Entscheidung nicht ab.

Als das Städtchen am Karsamstag den 31. März von den Sowjets besetzt wurde, drang eine Gruppe von Soldaten mit roten Sternen an den Mützen, teilweise im alkoholisierten Zustand, auch in das Franziskanerinnen-Kloster ein. Die Rotarmisten begannen mit der Plünderung des Gebäudes, einige belästigten dabei die Nonnen sexuell. Als einer von ihnen die junge Schwester Aloysia vergewaltigen wollte, versuchte Schwester Maria Gabrielis sie vor dem Angreifer zu verteidigen. Der verärgerte Soldat schlug zunächst mit der Pistole auf ihren Kopf. Da sie das aber nicht abschreckte, schoss er auf sie. Die schwerverletzte Ordensschwerster starb kurze Zeit später und wurde auf einem Feld hinter dem Kloster begraben. Wie es sich erwies, war ihr Opfer nicht umsonst. Der Mord an einer wehrlosen Frau schockierte einige Rotarmisten so stark, dass sie weitere Exzessen verhinderten.

Die Märtyrerin von Katscher, Schwester Maria Gabrielis, hieß mit dem bürgerlichen Namen Monika von Ballestrem. Die Enkelin des einstigen Reichstagspräsidenten, des Grafen Franz von Ballestrem, kam 1905 in Ober Gläsersdorf (Szklary Górne), dem niederschlesischen Sitz der Familie, zur Welt. Im Alter von 22 Jahren trat sie in den Franziskanerinnen-Orden ein. Nach den Stationen in Wien, Rom und Warschau wurde sie Anfang der 1930er Jahre ins Dreikönigskloster in Katscher verlegt.

Erinnerung an Schwester Maria Gabrielis heute
Am 29. März 2025 fanden in dem Kloster, in dem Schwester Gabrielis vor 80 Jahren ihr Leben für einen anderen Menschen opferte, und auf dem Friedhof, auf dem sie nach der Umbettung ihre letzte Ruhe fand, Gedenkfeierlichkeiten statt. Außer den Einwohnern der Stadt und ihrer Umgebung, Angehörigen des Franziskanerinnen-Ordens und anderen Geistlichen aus den Diözesen Oppeln (Opole) und Gleiwitz (Gleiwitz) nahmen daran auch mehrere Vertreter der Familie von Ballestrem teil. Bischof von Oppeln (Opole) Andrzej Czaja unterstrich in seiner Predigt in der historischen Klosterkirche, dass die Erinnerung an die heroische Tat der schlesischen Märtyrerin nicht nur aufrechterhalten, sondern auch der Welt verkündet werden soll. Inoffiziell wird von der Eröffnung des Seligsprechungsprozesses für Schwester Maria Gabrielis gesprochen.
Text: Dawid Smolorz