Heute starten in Görlitz-Zgorzelec die Literaturtage zum Thema „1945–2025. Zwischen den Worten“
In vielen Veranstaltungen ist das Thema Schlesien präsent, so auch in der feierlichen Eröffnung.
Am 10. April 2025 fangen in der Europastadt Görlitz-Zgorzelec die 6. Literaturtage an der Neiße an. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lädt das deutsch-polnische Literaturfestival zur Reflexion über seine Folgen für Deutschland, Polen und Mitteleuropa ein. Mit namhaften Literaturschaffenden aus Deutschland und Polen kann sich das Publikum den Ereignissen rund um das Jahr 1945 und ihren Spuren in den Familiengeschichten beiderseits der Neiße durch das Medium Literatur nähern.
Zwar ist das Thema Schlesien bei jeder Ausgabe der Literaturtage präsent, doch im diesjährigen Programm sind schlesische Akzente dominierend. Schon bei der heutigen Eröffnung im Kulturforum Görlitzer Synagoge mit der polnischen Bestsellerautorin Joanna Bator und ihrer deutschen Übersetzerin Lisa Palmes geht es mit “Bitternis” um ein Buch, dessen Handlung größtenteils in Niederschlesien spielt, in der Region um die Stadt Waldenburg (Wałbrzych). In der Stadt ist Joanna Bator geboren und aufgewachsen, hier platziert sie gern ihre Romane, die auch vor 1945 spielen. Die opulente Familiensaga “Bitternis” erzählt das Schicksal von vier Frauen, von Urgroßmutter bis Enkelin, von ihren meist gescheiterten Liebes- und Lebensentwürfen und – dennoch – von ihrer Stärke.
Starke Frauen stehen auch im Mittelpunkt der Lesung mit Ulrike Draesner aus „Die Verwandelten“ am 12. April 2025 im Schlesischen Museum. Der fulminante Roman der designierten Trägerin des Kulturpreises Schlesien 2025 thematisiert Traumata und unterdrückte Erinnerungen als Folgen von Krieg und Heimatverlust aus der Perspektive von Frauen. Ihre Lebenswege führen unter anderem nach Breslau (Wrocław). Diese Stadt steht im Mittelpunkt des Filmes “Schicksal” von Joanna Mielewczyk, der an demselben Tag im Kino Poza Nova im Dom Kultury in Zgorzelec präsentiert wird. Im anschließenden Gespräch mit der Filmemacherin sowie den Filmprotagonisten Jürgen Hempel und Jerzy Podlak, die als Jugendliche die Festung Breslau im Frühjahr 1945 überlebt haben, werden wertvolle und immer rarer werdende Zeitzeugenperspektiven vermittelt – auf das Thema Krieg und wie er das Leben für immer verändert.
Unterschiedliche Aspekte des Krieges, Entwurzelung und Verwurzelung, Flucht und Ankunft, Heimat und Heimatlosigkeit sind Themen, deren sich der deutsche Schriftsteller Matthias Nawrat und sein polnischer Kollege Tomasz Różycki in ihren Werken annehmen. Am 11. April 2025 stellen sie diese in einer deutsch-polnischen Doppellesung unter dem Titel „Literatur der Verwurzelung“ im Schlesischen Museum zu Görlitz vor. Vorlagen dafür liefern die Geschichten ihrer Familien, die von den Gräueln des Zweiten Weltkrieges, Zwangsmigrationen und den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts gekennzeichnet sind und deren Spuren nach Oberschlesien führen.
Die Literaturtage an der Neiße sind ein gemeinsames Projekt des Deutschen Kulturforums östliches Europa, der Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH und des Kulturreferats für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz in Kooperation mit den Stadtbibliotheken in Görlitz und Zgorzelec. Das Projekt wird gefördert durch die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).
Aktuelle Informationen sowie das Programm finden Sie auf: www.literaturtage.eu
Text: Agnieszka Bormann