Auch in Niederschlesien ist er mit seinen Werken vertreten
Mit dem Schloss Kamenz wurde hier sein letzter großer Entwurf realisiert.
Am 13. März 1781 wurde in Neuruppin der berühmte Baumeister und Architekt, aber auch Maler, Graphiker und Bühnenbildner Karl Friedrich Schinkel geboren, der den Klassizismus und Historismus in Preußen geprägt hat. Nach Schinkels Entwürfen wurden Kirchen, Schlösser oder Denkmäler in vielen, auch niederschlesischen Städten realisiert. Nicht zufällig entstand der Begriff der „Schinkelschule“ – Schinkels Tätigkeit beeinflusste Generationen von Architekten. Bis heute wird anlässlich des Geburtstages des Architekten der Schinkelpreis (AIV-Schinkel-Preis) für den begabten Nachwuchs im Architekturwesen verliehen. Mit dem Karl-Friedrich-Schinkel-Ring werden dagegen Persönlichkeiten oder Vereine ausgezeichnet, die sich für die Vermittlung des baulichen und archäologischen Erbes engagieren. Im Jahre 2018 wurde mit diesem Preis der Direktor des Muzeum Architektury (Architekturmuseum) in Breslau (Wrocław), Dr. Jerzy Illkosz, geehrt.
Die Werke von Karl Friedrich Schinkel finden wir in Niederschlesien u. a. in Zillerthal-Erdmannsdorf (Mysłakowice), Bunzlau (Bolesławiec) oder Kanth (Kąty Wrocławskie). Seinen vorletzten Entwurf fertigte Karl Friedrich Schinkel für Prinzessin Marianne von Oranien-Nassau, die Tochter des niederländischen Königs und Gattin des Prinzen Albrecht Hohenzollern von Preußen. Im Jahr 1838 kam sie in den Besitz der Kamenzer Güter in Niederschlesien und ließ sich hier ein Schloss bauen. Die Ortschaft Kamenz (Kamieniec Ząbkowicki) hat vor kurzem – am 1. Januar 2021 – die Stadtrechte bekommen und ist jetzt die jüngste Stadt Niederschlesiens. Die Perle der Stadt bildet das Schloss und der Park – eine der größten und schönsten Schlossanlagen in diesem Teil Europas.
Der Grundstein für den Bau des Schlosses wurde am 18. Oktober 1838 gelegt. Kurz danach wurde Schinkel krank und konnte sich diesem Projekt nicht mehr widmen. Auch den Abschluss des Bauvorhabens konnte er nicht mehr erleben – er starb 1841. Die Bauleitung übernahm sein Assistent, der junge Architekt Ferdinand Martius. Das Schloss ist somit Schinkels letzte große Projekt und zugleich das hervorragendste Werk von seinem Schüler, Ferdinand Martius. Unter dem Druck von der Prinzessin Marianne wurde das Projekt mehrmals verändert (über die einzelnen Bauschritte ist in dem Tagebuch des Architekten Ferdinand Martius zu lesen.
Der Bau des Schlosses, der Züge der englischen Gotik und des mauretanischen Stils in sich vereinte, dauerte mit Unterbrechungen von 1839 bis 1872, also 33 Jahre lang. Die Innenräume und die umliegenden Gartenanlagen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts eingerichtet. 1945 erlitt das Schloss einen Brand und wurde geplündert. Nach dem Zweiten Weltkrieg verwahrloste das Bauwerk bis 1984. Von der ganzen Ausstattung blieb nur Mariannes Klavier erhalten, das ihr von einer Breslauer Firma geschenkt wurde.
Seit einigen Jahren dauert eine intensive Renovierung des Schlosses und der ganzen Anlage. Zur Zeit (März 2021) findet der Austausch von Fenstern im großen Saal und in der Kapelle statt. Die Bauarbeiten werden im Rahmen des Projekts „Revitalisierung des romantischen Schloss- und Parkkomplexes durch Restaurierung ausgewählter Fragmente des historischen Schlosses und Parks in Kamieniec Ząbkowicki – Etappe I“ durchgeführt, das vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung der Wojewodschaft Niederschlesien für die Jahre 2014-2020 mitfinanziert wird. Das Schloss kann man jedoch jeden Tag zur vollen Stunde besichtigen (die kulturellen Einrichtungen wurden in einigen Wojewodschaften Polens wiedereröffnet). Außer dem Schloss lohnt es sich, die ehemalige Klosterkirche „Mariä Himmelfahrt“ zu sehen. Auch das Abtgebäude des ehemaligen Klosters (heutzutage eine Außenstelle des Staatlichen Archivs Breslau) beherbergt eine kleine historische Ausstellung. Unter den Gegenständen befindet sich eine Kasel, welche der preußische König Friedrich der Große dem Abt des Klosters verschenkte. Die Geschichte geht auf den ersten schlesischen Krieg zurück. Der Preußenkönig musste sich im Februar 1741 mit einer Flucht retten und versteckte sich in dem Kloster Kamenz (der Sage nach wurde er als Mönch verkleidet und auf diese Art und Weise vor der Gefangennahme durch die Österreicher gerettet). Als Dankeschön verschenkte er dem Abt das Messgewand, das bis heute auf der Ausstellung zu sehen ist.
Text und Fotos (wenn nicht andres angegeben): Małgorzata Urlich-Kornacka