8.11.2021, 19 Uhr, Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal in Ostritz und online
Nachfahre einer Görlitzer jüdischen Familie kommt aus den USA.
Am Montag, den 8. November 2021, lädt das Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal in Ostritz (20 km südlich von Görlitz) zu einem Vortrags- und Gesprächsabend ein. Es geht um die Geschichte von jüdischen Kindern, die Ende der 1930er mit dem Kindertransport vor den Nationalsozialisten aus Niederschlesien, der heute deutsch-polnischen Grenzregion, ins Ausland gerettet worden sind.
Rund 20.000 jüdische Kinder wurden durch die Rettungsaktion „Kindertransport“ 1938 und 1939 vor den Nationalsozialisten vor allem nach Großbritannien gerettet. Darunter auch Ursula aus Görlitz, deren Vater Adolph Totschek das bekannte Kaufhaus Totschek in der Görlitzer Steinstraße betrieb und eine Handvoll weiterer Kinder aus Bunzlau (heute Bolesławiec) und anderen Orten Schlesiens. Im Gesprächsabend wird Tamara Meyer, die in den USA lebende Tochter von Ursula, die persönliche Geschichte ihrer Mutter erzählen und von deren Erinnerungen als Kind berichten. Hinter jedem Kind, dass auf den Kindertransport geschickt wurde, steht auch die Geschichte von Eltern, die die herzzerreißende Entscheidung trafen, das Leben ihrer Kinder zu retten, indem sie sie allein in die Fremde schickten – und wahrscheinlich nie wiedersehen würden.

Neben den persönlichen Erzählungen geben Dr. Amy Williams und Dr. Bill Niven mit anschaulichem Bildmaterial einen historischen Überblick zu der von jüdischen Gemeinden und Hilfsorganisationen 1938 und 1939 organisierten Rettungsaktion. Die Historikerin und der Historiker von der Nottingham Trent University in Großbritannien forschen zu transnationalen Perspektiven auf den Kindertransport und darauf bezogene Erinnerungskultur. Sie halten weltweit Vorträge, kuratieren Ausstellungen und veröffentlichen Bücher zum Thema.
Dabei blickt die Veranstaltung nicht nur zurück, sie schlägt auch immer wieder den Bogen ins Jetzt: Wie hat der Kindertransport ganze Familiengeschichten bis heute beeinflusst? In welcher Verbindung stehen die damaligen Schicksale mit den Menschen, die heutzutage zur Flucht gezwungen sind? Wenn wir genau hinsehen, entdecken wir auch einen Teil unserer persönlichen Geschichte in der Grenzregion heute? Das Publikum ist herzlich eingeladen, Fragen zu stellen und eigene Gedanken einzubringen.
Der Gesprächsabend wird moderiert von Dr. Justus H. Ulbricht. Der Dresdner Historiker ist freier Mitarbeiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.
Die Veranstaltung ist offen für alle Interessierten und kostenfrei. Sie findet statt im IBZ St. Marienthal in 02899 Ostritz und wird zusätzlich online übertragen. Die Veranstaltung wird in englischer Sprache abgehalten und für die vor Ort Anwesenden simultan übersetzt. Sowohl für die analoge als auch die digitale Teilnahme wird um eine Anmeldung bis 7. November 2021 unter olbrich@ibz-marienthal.de oder 035823 770 gebeten.
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Festjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland, der Jüdischen Gedenkwoche Görlitz und der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung.
Weiterführende Informationen
Tacheles Oberlausitz – Initiative für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus:
www.ibz-marienthal.de/politik-und-gesellschaft/tacheles-oberlausitz/
www.facebook.com/st.marienthalibz/
Text und Foto: Pressemitteilung des Veranstalters