Baník Ostrava wird 100 Jahre alt 

Vom Arbeiterverein zum Landesmeister

In Oberschlesien für „Górnik Zabrze“ und „Ruch Chorzów“, im tschechischen Teil der Region schlagen die Herzen der meisten Fußballfans für den „Baník Ostrava“.

Als erfolgreichste Fußballvereine Oberschlesiens gelten mit Recht der Hindenburger „Górnik“ und der Königshütter „Ruch“. Im tschechischen Teil der Region schlagen aber die Herzen der meisten Fußballfans für den „Baník“. Im September 2022 feiert dieser Verein seinen 100. Geburtstag. Gegründet wurde er 1922 in Schlesisch-Ostrau – damals der größten Bergbaustadt der Tschechoslowakei (mehr über die schlesisch-mährische Doppelstadt Ostrau/Ostrava können Sie hier lesen). Der Sportovní Klub Slezská Ostrava – so die erste offizielle Bezeichnung – war anfangs ein typischer Amateurverein. Ihre Spieler rekrutierten sich aus dem Milieu der Hüttenarbeiter und Bergleute. Dies änderte sich erst mit dem Aufstieg in die zweite (1934) und dann in die erste Spielklasse (1937). Die größten Erfolge feierte der Verein nach dem Zweiten Weltkrieg in der sozialistischen Tschechoslowakei unter dem neuen Namen „Baník“ (Bergmann). 1954 wurden die Ostrauer Landesvizemeister. Den dritten Platz belegten sie in der Saison 1962/63. Wohlgemerkt gehörte die tschechoslowakische Fußballnationalmannschaft damals zu den besten in der Welt, was sie mit der Silbermedaille der WM 1962 bestätigte.

Logo von Baník Ostrava.

Als „goldene Ära“ des Vereins aus Schlesisch-Ostrau bezeichnet man den Zeitraum 1970–1990. „Baník“ wurde damals dreimal Landesmeister (1976, 1980, 1981) und fünfmal  Landesvizemeister (1979, 1982, 1983, 1989, 1990). In den Jahren 1973, 1978 und 1991 feierten die Blau-Weißen den Sieg im tschechoslowakischen Landespokal. Auch verzeichnete der Verein in den letzten zwei Jahrzehnten des Kommunismus seine größten internationalen Erfolge: 1975 erreichte er das Viertelfinale des UEFA-Pokals, vier Jahre später schieden die Ostrauer im Europapokal der Pokalsieger erst im Halbfinale gegen Fortuna Düsseldorf aus. 1981 verlor Baník wiederum im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister zweimal gegen Bayern München. Nach der politischen Wende und der Auflösung der Tschechoslowakei 1993 freuten sich die Fans aus der mährisch-schlesischen Doppelstadt noch einmal über den Titel des tschechischen Meisters und dreimal über den dritten Platz in der Ersten Liga.

Choreo zum 100. Gründungsjubiläum. Quelle: Facebook-Account von Baník.

„Baník“ verkörpert nicht nur die Tradition einer schlesischen Arbeiterstadt. Auch betonen seine Anhänger in ihren Choreos oft die schlesischen Wurzeln des Vereins. Zudem bezeichnen sich die Ostrauer Ultras – wohlgemerkt eng befreundet mit denen von GKS Katowice – als „Chachaři“. Das Wort, das man auch im polnischen Oberschlesien kennt, kann als „Tippelbrüderübersetzt werden. Seit der Saison 2015/2016 absolviert der Verein seine Heimspiele nicht mehr in Schlesisch-Ostrau, sondern in einem größeren und moderneren Stadion in Witkowitz/Vitkovice, im mährischen Teil der Stadt. Unter dem Motto „Zurück nach Schlesien!“ protestierten die Fans lange gegen diesen Umzug, der mittlerweile endgültig zu sein scheint.

Präsentation über die Vereinsgeschichte an der Fassade des Neuen Rathauses von Ostrau. Quelle: Facebook-Account von Baník.

Das Jubiläumsjahr 2022 würdigen „Baník“ und seine Fans mit einer Reihe von Veranstaltungen: einer großen Fete vor dem Neuen Rathaus, einem Konzert, an dem mehrere Stars der tschechischen Rockszene teilnahmen, einem Freundschaftsspiel gegen Celtic Glasgow, einer Ausstellung über die Geschichte des Sportklubs auf dem Gelände des Hüttenwerkes „Vitkovice“ (zugänglich bis Ende Oktober 2022) und einem Dokufilm über das Phänomen des Fußballvereins „Baník“:

Text: Dawid Smolorz