In Zielona Góra wird an Wilhelm Foerster erinnert

Anlass ist der 190. Geburtstag des berühmten Astronomen

Die Berliner Sternwarte ist nach dem Wissenschaftler aus Grünberg in Schlesien genannt.

Die Stiftung Fundacja Tłocznia und die lokale Redaktion der polnischen Tageszeitung “Gazeta Wyborcza” erinnern an den großen Astronomen Wilhelm Foerster, der am 16. Dezember 1832 in Grünberg in Schlesien geboren und am 18. Januar 1921 in Bornim nahe Potsdam gestorben ist.

Er war ein bedeutender Wissenschaftler, Wissenschaftsorganisator und -Vermittler, Publizist, Schüler von Alexander von Humboldt, von 1858 bis 1920 Professor und 1891/91 Rektor an der Berliner Universität, 1865 bis 1903 Direktor und Förderer der ersten Berliner Sternwarte, Initiator des Einsteinturms in Potsdam. Als Pazifist unterzeichnete er 1914 zusammen mit Albert Einstein und zwei anderen deutschen Intellektuellen ein Manifest gegen den Ersten Weltkrieg.

Wilhelm Foerster © Archiv WFS (gemeinfrei), Quelle: Stiftung Planetarium Berlin.

Wilhelm Foerster setzte sich mit großem Engagement für die Vernetzung astronomischer Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland und die Volksbildung ein. Auf seine Initiative entstanden eine Reihe von wichtigen Einrichtungen, die teilweise bis heute existieren: das Astrophysikalische Observatorium und später der Einsteinturm in Potsdam, das Astronomische Recheninstitut und das Königlich Preußische Geodätische Institut in Berlin. Er war wesentlich beteiligt an der Einrichtung des Internationalen Breitendienstes, der Einführung des metrischen Systems und eines europäischen Mess- und Eichwesens. Er war ab 1869 Mitglied und von 1891 bis 1920 Vorsitzender des internationalen Maß- und Gewichtskomitees. Ab 1870 war er Direktor der Normal-Eichungs-Kommission, der obersten Eichbehörde des Norddeutschen Bundes bzw. ab 1871 des Deutschen Reichs. Er war Mitbegründer der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, der Astronomischen Gesellschaft und der Urania (Berlin). In Berlin ist nach ihm die Wilhelm-Foerster-Sternwarte am Insulaner genannt, eine der größten Volkssternwarten, seit 2016 in Trägerschaft der Stiftung Planetarium Berlin.

Grünberg in Schlesien, das heutige Zielona Góra, ist die Heimatstadt Wilhelm Foersters. Hier wurde er am 16. Dezember 1832 geboren. Seine Eltern waren der Tuchfabrikant Friedrich Foerster und Hulda Foerster, geb. Seydel. Wilhelm Foerster besuchte ab 1847 das berühmte Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau. 1850 bis 1852 begann er das Studium der Astronomie an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin bei Johann Franz Encke. Er begeisterte sich allerdings für die verschiedensten Themenbereiche. 1852 bis 1854 studierte er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Mathematik, Physik, Kunstgeschichte und später wieder Astronomie, der seine größte Leidenschaft galt. 1854 wurde er zum Dr. phil. promoviert.

Er kam an die Berliner Sternwarte als Assistent des damaligen Direktors Johann Franz Encke. Als dieser verstarb, übernahm Foerster, der in der Zwischenzeit zum ordentlichen Professor an die Berliner Humboldt-Universität berufen worden war, das Amt des Direktors und machte sich sofort an die Modernisierung des Instrumentariums. Foerster wollte die Messgeräte der Sternwarte stetig verbessern. Er erstellte eine genaue Gradmessung (Längen- und Breitengrade) und überwachte den Erdmagnetismus. Außerdem organisierte er den Zeitdienst neu und rüstete die Uhr der Sternwarte mit elektronischen Kontakten aus, die daraufhin genaue Zeitsignale an die Berliner Zentraltelegrafenstation sandte. Neben der technischen Erneuerung der Sternwarte forschte der begeisterte Astronom ruhelos weiter an unbekannten Himmelsphänomenen und leistete unter anderem einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung des damals neuen Phänomens der sogenannten „Leuchtenden Nachtwolken“.

Abseits seiner Tätigkeiten in Berlin stieß Foerster verschiedenste Projekte an. Die Gründung des Astronomischen Recheninstituts (das auch heute noch in Heidelberg existiert), der Sternwarte Straßburg, der Technisch-Physikalischen Reichsanstalt und die Durchführung der Venus-Expeditionen 1874 und 1882 waren zu einem beachtlichen Teil ihm zu verdanken. 1871 wurde er zum Direktor der obersten Eichbehörde des Deutschen Reichs ernannt und trat als Vertreter Deutschlands beim Internationalen Komitee der Meterkonvention nachhaltig in Erscheinung. Er setzte sich für die Einführung eines weltweit einheitlichen metrischen Systems. Somit messen wir – dank Wilhelm Foerster – seit 1875 in Metern.

Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Trümmerberg Insulaner. © SPB / Foto: Natalie Toczek, Quelle: Stiftung Planetarium Berlin.

Trotz internationaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit und akademischer Forschungsprojekte wollte Foerster vor allem den „Normalbürger“ für astronomisches Wissen begeistern und zu eigenen amateurastronomischen Tätigkeiten ermuntern. Zusammen mit Werner von Siemens und Max Wilhelm Meyer gründete er deswegen 1888 die astronomische Gesellschaft Urania. Sein Vorbild waren die Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts, dessen Schüler er selbst einst gewesen war. Die vom ihm gegründete Urania-Volkssternwarte in der Invalidenstraße in Berlin– übrigens die erste ausdrückliche Volkssternwarte der Welt – wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Gerettet werden konnte lediglich der Bamberg-Refraktor, ein von Carl Bamberg 1889 gebautes 12-Zoll-Linsenteleskop, das 1942 zunächst in die provisorisch errichtete alte Wilhelm-Foerster-Sternwarte in der General-Pape-Straße (nahe dem heutigen S-Bahnhof Südkreuz) und schließlich zur heutigen Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Insulaner umzog. Die Sternwarte, dessen Neubau 1963 im geteilten Berlin auf dem Trümmerberg »Insulaner« errichtet wurde, verdankt ihren Namen Richard Sommer – dem damaligen Direktor des ersten Berliner Planetariums am Zoologischen Garten (im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nach dem Krieg abgerissen) und begeisterten Schüler Wilhelm Foersters. Ganz im Sinne Wilhelm Foersters und seiner Idee können dort auch heute noch Besucherinnen und Besucher den Himmel über Berlin entdecken.

Am Freitag, den 16. Dezember 2022, am 190. Geburtstag von Wilhelm Foerster, laden die Vertreter der Stiftung Fundacja Tłocznia, Dr. Bartłomiej Gruszka und Szymon Płóciennik, zu einer Veranstaltung zu seinen Ehren ein. Seit Jahren engagieren sie sich für die Vermittlung und Sichtbarmachung der Vorkriegsgeschichte ihrer Stadt Zielona Góra (Grünberg). Um 18 Uhr im Venus-Planetarium in Zielona Góra werden neben einer Präsentation zum Leben und Wirken von Foerster Auszüge von seiner Autobiografie „Lebenserinnerungen und Lebenshoffnungen“ aus dem Jahre 1910 vorgelesen, die speziell zu diesem Anlass ins Polnische übersetzt wurden.

Am Samstag, den 17. Dezember 2022, wird die Geburtstagsfeier für Wilhelm Foerster fortgesetzt. Treffpunkt ist um 14:30 Uhr am Wieża Braniborska (Aussichtsturm Grünberghöhe). Er wurde 1859-60 auf Initiative von Friedrich Gottlob Foerster, dem Vater von Wilhelm, gebaut, beherbergte ein Restaurant mit einem Aussichtsturm. Von Anfang an wurden dort astronomische Vorführungen abgehalten. Nach dem Krieg wurde das Denkmal viele Jahrzehnte lang vernachlässigt. Seit der Sanierung 1988 wird der Bau für Forschungszwecke als Astronomisches Observatorium der Universität Zielona Góra genutzt.

Wieża Braniborska in Zielona Góra, Foto Marek Sendyk, Instytut Astronomii Universytet Zielonogórski.

Von dort aus gibt es einen geführten Spaziergang zum Weinkeller in der Straße ul. Wodna, während dessen über die Geschichte der Familie Foerster und die Orte, die mit ihr verbunden sind, erzählt wird.

Text: Agnieszka Bormann
Quelle: Stiftung Planetarium Berlin, Stiftung Fundacja Tłocznia, wikipedia