Wir besuchen den Weihnachtsmarkt in Wrocław (Breslau)

Der Schönste im ganzen Land

Während die Weihnachtsmärkte in Deutschland bereits vor den Feiertagen wieder schließen, kann man in Breslau viele Stände noch bis zum Silvester besuchen. Stadtführerin Bogna Piter zeigt uns, was dort los ist.

Wien hatte wahrscheinlich den ersten, Dresden und Nürnberg zogen nach. Die Adventszeit ohne Weihnachtsmarkt ist im deutschsprachigen Raum nicht zu denken. Schon im Mittelalter gab es an den Weihnachtsbuden Handwerkskunst, Lebkuchen und allerlei Unterhaltung. Auch im Nachbarland Polen ist diese alte Tradition längst etabliert. Einer der namhaftesten Märkte steht im niederschlesischen Wrocław (Breslau). Für viele Einwohner und Touristen ist er der schönste im ganzen Land.

Auch ihn soll es bereits seit dem Mittelalter geben. Einige trollige Männchen aus Tannengrün mit roter Zipfelmütze, wie Wächter an einem Seiteneingang vom Weihnachtsmarkt drapiert, sind mittlerweile nicht mehr von dort wegzudenken. Sind doch die Zwerge für Breslau, was der Eiffelturm für Paris. „Sie erinnern an die Zeit des Kommunismus, als die Studenten- und Künstlerbewegung, genannt Orangene Alternative, sich eine Aktion ausgedacht hat, um den Kommunismus zu veralbern. Ein Symbol davon waren die Zwerge. Es kann ohne sie keinen Weihnachtsmarkt geben“, erklärt Stadtführerin Bogna Piter und verweist auf die unzähligen kleinen Metall-Zwerge, die das Stadtbild prägen.

Bogna Piter ist Stadtführerin für Ober- und Niederschlesien. Buchungen telefonisch möglich unter 0048 661 150 777.

Buntes Rummeltreiben

Piter zufolge gibt es fast 200 Weihnachtsstände, an denen man lokale Produkte, Handgemachtes oder Süßigkeiten kaufen kann. Aber auch Deftiges wie Bigos und Żurek, Pierogi oder der Bergkäse „Oscypek“ gehören dazu, eben typisch polnisch. Und typisch polnisch ist irgendwie auch das bunte Rummeltreiben mit Karussellen und Schießbuden. Ganz anders viele deutsche Weihnachtsmärkte, die das traditionelle Konzept beibehalten haben. Stichwort: besinnlich. „Der Weihnachtsmarkt diente dazu, sich für Weihnachten mit allen wichtigen Lebensmitteln einzudecken. Später zählte nicht nur der praktische Zweck, die weihnachtliche Stimmung wurde immer wichtiger“, sagt Bogna Piter.

Eine sehr spezielle Idee ist ein Häuschen, mehrere Meter hoch und breit, mit der Aufschrift „Lach Freu Haus“, darauf Figuren in Lederhosen und Dirndl mit einer Maß Bier, gerahmt von Bayerns Landesfarben. Breslauer Weihnachtsmarkt trifft auf Münchner Oktoberfest. Und überhaupt scheint zu gelten: je lauter und greller desto besser, desto mehr Weihnachten. Stadtführerin Bogna Piter, ganz Diplomatin, quittiert das mit einem eleganten Lächeln. Geschmäcker sind aber bekanntlich unterschiedlich. Besucher aus Usedom, die eigens für den Weihnachtsmarkt angereist sind, resümieren: „Es war die lange Reise wert!“

Bunt und lebendig wie auf dem Rummel. Besinnlich geht anders.

Der geheime Zauberspruch

Das beste Stück eines jeden Weihnachtsmarktes und bei vielen Besuchern beliebtes Fotomotiv: Der Weihnachtsbaum, Symbol für Hoffnung und Fruchtbarkeit. Immer am 6. Dezember wird der Baum erleuchtet. Und das passiert durch einen magischen Spruch. Auf Deutsch in etwa: „Es ist soweit. Breslauer Weihnachtsmarkt, erleuchte uns!“ Auf Polnisch klingt das viel schöner, da reimt er sich sogar und lautet so: „Wrocławskiej choinki to już czas – niech oświeci nas jej blask!“ Ein besonderer Brauch, an dem immer viele Menschen teilhaben.

Immer am 6. Dezember wird der Weihnachtsbaum durch einen Zauberspruch erleuchtet.

Der große Trumpf

Wenn man sich auf dem Breslauer Weihnachtsmarkt verabreden möchte, dann am besten unter der großen Holzpyramide. Hier gibt es den Glühwein in origineller Zwergschuh-Tasse. „Die höchste Pyramide mit bis zu sieben Etagen steht in Dresden, auf dem ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands. Die Breslauer Variante finde ich aber mindestens genauso schön“, freut sich Bogna Piter.

Breslau muss sich wahrlich nicht verstecken und kann, im Gegenteil, noch auftrumpfen: Während die Märkte in Deutschland bereits vor Weihnachten wieder schließen, kann man viele Stände in Breslau noch bis zur Silvesternacht besuchen. Nur am 25. und 26. Dezember ist kurz Pause.

Kein Weihnachtsmarkt ohne Zwerge, dem Symbol Breslaus.

Text & Bilder: Marie Baumgarten