“Keinen Dichter noch ließ seine Heimat los”

Erinnerung an Joseph Freiherr von Eichendorff anlässlich 235. Geburtstages

In seiner Heimat Oberschlesien besonders verehrt, hat er auch viele Spuren in der niederschlesischen Hauptstadt hinterlassen.

Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff, einer der letzten deutschen Romantiker, wurde am 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz (heute Łubowice) bei Ratibor (Racibórz) geboren. In Oberschlesien wird er besonders verehrt und sein Geburtstag ist auch dieses Jahr Anlass für Feierlichkeiten im Oberschlesischen Eichendorff Kultur- und Begegnungszentrum in Łubowice, aber auch in der niederschlesischen Hauptstadt Wrocław (Breslau) kann man einige Spuren von seinem Leben und Wirken finden. Hier besuchte Joseph von Eichendorff zusammen mit seinem älteren Bruder Wilhelm das katholische St. Matthias-Gymnasium, hier bereitete er sich auf sein Studium in Halle (später in Heidelberg und Wien) vor, hier heiratete er Luise von Larisch und arbeitete einige Zeit als Beamter, hier hatte er (und hat wieder) ein Denkmal.

Wie ist es dazu gekommen, dass Eichendorff nach Breslau kam?

Joseph und Wilhelm Eichendorff erhielten zu Hause eine sehr gute Ausbildung, bevor sie 1801 auf das katholische St. Matthias-Gymnasium (heute hat hier die Nationalstiftung Ossolineum ihren Sitz) nach Breslau geschickt wurden. Es war für die damalige Zeit recht ungewöhnlich, junge Freiherren zur Schule zu schicken, damit sie, wie die meisten Söhne des Bürgertums, eine Ausbildung bekommen. Diese Entscheidung wurde von der Mutter getroffen, die sich um das Schicksal ihrer Söhne sorgte, da die Familie Eichendorff große finanzielle Schwierigkeiten hatte. Bereits 1801 floh der Vater vor seinen Gläubigern und kehrte erst nach acht Monaten nach Lubowitz zurück.

Die Mutter wollte, dass ihre Söhne eine anständige Ausbildung und einen Beruf erlernen, der ihnen eine sichere Zukunft garantiert. So gingen die Brüder nach Breslau und wohnten in dem bescheidenen St.-Josephs-Konvikt. Hier besuchten sie von 1801 bis 1805 das St.-Matthias-Gymnasium, in dem sie sich auch musikalisch und theatralisch entwickeln konnten. Wilhelm interessierte sich für Musik, Joseph dafür fürs Theater. Mit dem Theater war er bereits in Berührung gekommen, als er mit seinen Eltern zum Jahrmarkt nach Ratibor reiste und sich dort die Aufführungen der Komödianten anschaute, aber eine wirkliche Begeisterung für das Theater kann man wohl erst im Gymnasium feststellen. Aufgrund seiner zierlichen Statur wurden ihm hier in der Schule hauptsächlich Frauenrollen zugeteilt. Sehr oft gingen die Brüder ins Theater und nahmen gerne an Ausflügen in die Umgebung (z. B. nach Zobtenberg) teil.

In seinem ungeheizten Zimmer des Josephskonvikts las Joseph leidenschaftlich Svetonius, Horaz, Homer und andere. Er beteiligte sich auch an der Schulzeitung, in der Personen und Ereignisse ironisch dargestellt wurden, wie z.B. im “Gespräch zwischen einem Josephiner, seinem Magen und seinem Geldbeutel”. Die ersten Gedichte Eichendorffs entstanden in Breslau. Das erste gedruckte Werk war das Gedicht “Am frühen Grabe unseres Bruders Gustav”, das die beiden Brüder nach dem Tod ihres kleinen sechsjährigen Bruders Gustav schrieben. Das von einem Lehrer überarbeitete Gedicht erschien am 30. Mai 1803 in den “Schlesischen Provinzialblättern”. Joseph führte auch ein Tagebuch.

Professor Henrik Steffens appelliert an die Studenten. Postkarte aus der Sammlung von Małgorzata Urlich-Kornacka.

Studienzeit und politisches Engagement

Nach Abschluss des Gymnasiums in Breslau bereiteten sich Joseph und Wilhelm auf das Jurastudium vor und besuchten noch einige Monate lang als freie Studenten Vorlesungen an der Universität Breslau und am evangelischen Maria-Magdalena-Gymnasium. Im Jahr 1805 begannen sie das Studium an der Universität in Halle. Die dortige Universität war damals eine der besten in Deutschland. Hier kam Eichendorff in Kontakt mit den Vorlesungen des norwegischen Philosophen Henrik Steffens, der den jungen Eichendorff in seinen Bann zog. Eichendorff beschrieb Steffens als herausragende Persönlichkeit und bewunderte vor allem seine fesselnde Sprachgewalt. Wahrscheinlich deshalb hat Joseph von Eichendorff 1813 entschieden, nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm III. seinen Aufruf “An mein Volk” verkündete und nachdem Professor Steffens an die Studenten appellierte, sich an den Befreiungskriegen zu beteiligen, nach Breslau zu gehen.

Die Wege der Brüder trennten sich. Im April 1813 ging Joseph mit seinem Freund Philipp Veit zum Lützowschen Freikorps, um gegen Napoleon zu kämpfen. Sein Bruder Wilhelm blieb in Österreich und bekam bald eine gut bezahlte Stelle als Beamter.

Die Breslauer St. Vinzenz-Kirche, in der 1815 Joseph von Eichendorff und Aloysia von Larisch, genannt Luise, heirateten.

Joseph nahm (zu seiner großen Enttäuschung) an keiner Schlacht teil, und das Korps war “eher von der Pest als von dem Krieg bedroht”. Im Jahre 1814 wurde Joseph aus dem Militärdienst entlassen und arbeitete auf Empfehlung von Gneisenau als Sekretär beim Generalkriegskommissariat in Berlin. Am 7. April 1815 heiratete Joseph in der Breslauer St. Vinzenz-Kirche Aloysia von Larisch, genannt Luise, gegen den Willen seiner Eltern, die sich wahrscheinlich eine bessere Partie für ihren Sohn wünschten. Sie waren auch nicht bei der Trauung. Vielleicht war die Ursache anders: die Trauung fand im April statt und am 30. August desselben Jahres ist der Sohn Hermann zur Welt gekommen!

Abschied von Breslau

Im Jahre 1816 wurde Eichendorffs Regiment aufgelöst. Da die Versuche, mit dem Schreiben von Gedichten Geld zu verdienen, scheiterten, nahm Joseph eine Stelle in Berlin als Angestellter in der höheren Kriegskommission an, 1816 als Regierungsregistrator in Breslau, 1819, nach bestandenem Staatsexamen, arbeitete er als Hilfskraft im Kultusministerium unter Karl von Stein zum Altenstein. Im Jahre 1821 verließ er Breslau und arbeitete später in Danzig, Königsberg und Berlin. Er kehrte nie wieder nach Breslau zurück. Die letzten Jahre seines Lebens hat er bei seiner Tochter in Neiße (heute Nysa) verbracht. Wenige Tage nach dem Umzug starb Luise; am 26. November 1857 starb Joseph von Eichendorff an einer Lungenentzündung, kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag. Er wurde neben seiner Frau begraben. Beide ruhen unter bescheidenen Platten aus schlesischem Marmor auf dem Neißer Friedhof.

Text & Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka