Vor 400 Jahren brannten in Schlesien Scheiterhaufen

Auch früher wurden in der Region Menschen, vor allem Frauen, beschuldigt, Zauberei zu praktizieren, doch eine wahre Verfolgungswelle begann im 17. Jahrhundert

Über Hexenjagd im Fürstentum Neisse schreibt Dawid Smolorz.

Vor 400 Jahren brannten in Schlesien Scheiterhaufen. Zwar wurden bereits früher in der Region Menschen, vor allem Frauen, beschuldigt, Zauberei zu praktizieren, doch eine wahre Verfolgungswelle begann erst im 17. Jahrhundert. Als erste schlesische namentlich bekannte „Hexe“ gilt Barbara Schmied aus Freiwaldau (Jesenik), auf die 1622 ihr im Sterbebett liegender Mann einen Verdacht warf. Während der brutalen Verhöre gestand sie ihre angebliche Schuld zu und soll sogar ausführlich geschildert haben, wie sie Brände verursachte und Kühe verhexte. Sie habe zudem, so die Überlieferung, weitere fünf Frauen genannt, welche wie sie im Bunde mit dem Teufel gestanden haben sollen.

Ein Scheiterhaufen. Quelle: Wikimedia Commons.

Dies war der Anfang der ersten, noch relativ kleinen Welle der Hexenverfolgung. Eine deutlich größere erfasste das damals von den Breslauer Bischöfen als Fürstentum regierte Neisser Land im Zeitraum 1634-1648. Die genaue Zahl der Opfer bleibt unbekannt. Dass sie hoch gewesen sein muss, zeugt der Umstand, dass die Stadt Neisse 1636 den Bau der Öfen zum Verbrennen der „Komplizinnen des Teufels und der bösen Geister“ genehmigte. Allein im Städtchen Freiwaldau wurden über 100 Menschen auf dem Scheiterhaufen umgebracht.

Kreismuseum Neisse, Teil der Ausstellung über die Hexenprozesse. Foto. Kreismuseum Neisse/Muzeum Powiatowe w Nysie.

Die Beschuldigungen wurden nicht nur von bischöflichen Inquisitoren, sondern oft auch von lokalen Bürgern inspiriert. Als Gründe nennt man Neid, nachbarschaftliche Konflikte und die allgemeine Verarmung der Bevölkerung während des Dreißigjährigen Krieges. Weit verbreitet war damals die Überzeugung, dass sich Hexen und Zauberer aus Schlesien und Mähren auf dem Gipfel des Petersteins (Petrovy kameny) im Altvatergebirge zu ihren Sabbaten treffen würden.

Kreismuseum Neisse, Teil der Ausstellung über die Hexenprozesse. Foto. Kreismuseum Neisse/Muzeum Powiatowe w Nysie.

Die letzten urkundlich bestätigten Hexenprozesse fanden im bischöflichen Fürstentum in den 1680er Jahren statt. Nach diesem Datum wurde 1715 noch eine Frau der Zauberei beschuldigt. Doch wurde sie nicht auf dem Scheiterhaufen umgebracht, sondern zur psychiatrischen Behandlung eingewiesen, was schon eine neue Einstellung zu diesem Problem symbolisierte.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Person Christoph Alois Lauthners. Der katholische Geistliche aus Mährisch Schönberg (Šumperk) protestierte lautstark gegen die barbarischen Praktiken der Behörden, wofür er den höchsten Preis zahlen musste. Nach fünfjähriger Haft wurde auch er 1685 verbrannt.

Denkmal für die Opfer der Hexenprozesse in Freiwaldau, Tschechisch-Schlesien. Foto. Jan Mrosek, Stadtverwaltung Freiwaldau/Město Jeseník.

In dem heute durch die polnisch-tschechische Staatsgrenze geteilten ehemaligen Neisser Bistumsland wird in verschiedener Form an die Ereignisse von vor vierhundert Jahren erinnert. Im Kreismuseum Neisse (Muzeum Powiatowe w Nysie) widmet sich ein Teil der Dauerausstellung den Hexenprozessen. Auch in den Museen in Mährisch Schönberg, Freiwaldau und Zuckmantel (Zlaté Hory) wird mit Ausstellungen auf dieses Thema aufmerksam gemacht. In Freiwaldau befindet sich außerdem auf einer Anhöhe, an dem Ort, an dem einst die Scheiterhaufen brannten, ein flammenförmiges Denkmal, mit dem der Opfer der schlesischen Inquisitoren gedacht wird. Weitere Denkmäler erinnern an die Verfolgungen in dem unterhalb des Altvaters gelegenen Ort Waldenburg (Bělá pod Pradědem) und in Böhmischdorf (Česká Ves). Zudem gibt es einen Radweg auf den Spuren der Hexenprozesse, der aus dem schlesischen Patschkau (Paczków) nach dem mährischen Müglitz (Mohelnice) führt, wo der mutige Dekan Lauthners sein Leben verlor.

Text: Dawid Smolorz