Polnische Marmelade aus deutschen Kirschen. Wie geht die zeitgenössische Kunst mit der Geschichte Niederschlesiens um?

In Görlitz wird das deutsch-polnische Künstlerresidenzprogramm W/E LAB präsentiert

Junge Kunstschaffende sprechen über ihre Erfahrungen und die Rolle der zeitgenössischen Kunst in der Erinnerungskultur.

Am Sonntag, den 8. Oktober 2023, findet ab 10 Uhr unter dem Motto „Der Garten erinnert sich“ eine deutsch-polnische Künstlermatinee im Atelier Kremser (Hartmannstraße 4) in Görlitz statt. Die Akteure der Veranstaltung sind junge Kunstschaffende, die am Künstlerresidenzprogramm W/E LAB (West/East Laboratory) teilnehmen. In lockerer Atmosphäre werden sie sich über ihre Auffassungen zu der Rolle der zeitgenössischen Kunst bei der (Gestaltung der) deutsch-polnischen Erinnerungskultur austauschen. Im Anschluss daran wird zu einer Ausstellungsbesichtigung in Legnica (Liegnitz) eingeladen.

Die Grundlage für den Austausch bilden Erlebnisse und Erfahrungen der Künstlerresidenz im niederschlesischen Tarczyn bei Wleń (Lähn) im Sommer 2023. Einen Monat lang beschäftigten sich hier sieben junge Kunstschaffende deutscher, polnischer, ukrainischer und französischer Herkunft aus Sachsen und Niederschlesien – Lisa Maria BaierTheo Guicheron-LopezOscar LebeckPatrycja PlichBartłomiej PuchViktoriia Tofan und Anastasiia Zazuliak – mit dem Ort und der Region. Im Ergebnis dieser Auseinandersetzung entstanden Kunstwerke, die aktuell in der Ausstellung Das Land erinnert sich / Ziemia pamięta in der Kunstgalerie Legnica zu sehen sind. Eine weitere Schau ist für Mai-Juni 2024 in der Kunsthalle Görlitz geplant. 

Polnische Marmelade aus deutschen Kirschen

Auch wenn die Künstlerinnen und Künstler individuell und in unterschiedlichen Techniken arbeiteten, haben ihre Werke die sensible Suche nach Kontinuitäten in der durch Umbrüche geprägten und geplagten Region gemeinsam. Die alten deutschen Häuser schützen immer noch ihre – jetzt polnischen – Bewohner, die Gärten blühen und tragen jedes Jahr Früchte, die Erde ernährt Menschen unabhängig von ihrer Nationalität und Sprache. Für die Kunstschaffenden hatte diese Verbindung zwischen Gestern und Heute auch eine praktische Dimension. In den alten verwilderten Gärten ernteten sie während ihrer Residenz in Tarczyn Unmengen an Kirschen und kochten Marmelade, die sie dann nicht nur gemeinsam verspeisten, sondern auch an die Bewohner des Ortes verteilten. Die polnische Marmelade aus deutschen Kirschen wurde für sie zum Symbol für die Überwindung der national geprägten, trennenden Geschichtsbetrachtung und für die Freude an Menschlichkeit.

Im Rahmen der Künstlermatinee am 8. Oktober stellen wir Kunstschaffende und Gestalter des W/E LAB Programms vor, sprechen mit ihnen über ihre Arbeit und die Motivation, sich mit Fragen der deutsch-polnischen Geschichte, Gegenwart und Identität in Niederschlesien zu beschäftigen. Die Kirschmarmelade aus Tarczyn wird uns derweil das gemeinsame Frühstück versüßen.

Die Veranstaltung wird organisiert vom Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz in Kooperation mit dem Partnernetzwerk W/E LAB. Eine deutsch-polnische Simultanübersetzung ermöglicht gutes Verstehen. Der Eintritt ist frei.

Einladung zur Finissage in Legnica

Nach der Matinee besteht die Möglichkeit, um 12 Uhr mit dem Bus nach Legnica zum Besuch der Ausstellung „Das Land erinnert sich“ zu fahren. Dort wird um 14 Uhr eine deutsch-polnische Führung mit der Ausstellungskuratorin und den Kunstschaffenden angeboten. Nach der Führung und einem kurzen Stadtspaziergang fährt der Bus zurück nach Görlitz. Anmeldungen bis zum 4. Oktober bei Senfkorn Reisen, Brüderstraße 13 in Görlitz, info@senfkornreisen.de, 03581 400520. Kurzentschlossene werden je nach Platzkapazität mitgenommen. Abfahrt des Buses um 12 Uhr von der Bushaltestelle hinter dem Kaisertrutz (Demianiplatz). Der Unkostenbeitrag beträgt 20 Euro.

W/E LAB Netzwerk: Stiftung FLOWLAND, Tarczyn | Stiftung OP ENHEIM, Wrocław | Kunstgalerie Legnica | Zentrum für Kunst und Kultur OKiS, Wrocław | Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz

Förderer: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien über das Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz | Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit | Marschallamt der Wojewodschaft Niederschlesien

Webpräsenz: https://www.schlesisches-museum.de/kulturreferat/west-east-laboratory

Text: Agnieszka Bormann