Seit etwa einem Dutzend Jahren kann man in Niederschlesien von einem regelrechten Boom des Weinbaus sprechen
In der Region gibt es bereits über 50 Erzeuger des edlen Tropfens.
Der Weinbau im heutigen Niederschlesien mag wie etwas Neues erscheinen. Doch der Wein wurde hier schon vor Jahrhunderten angebaut und hergestellt. Die Weinbautraditionen reichen bis ins Mittelalter zurück. Die historischen Namen wie Weinberg (heute Winna Góra oder Winnica) zeugen davon. Eine befindet sich in Trzebnica (Trebnitz), eine andere im Zobten-Massiv, in der Nähe gibt es ein Dorf gleichen Namens.

Wo wir in Niederschlesien Wein angebaut?
Interessanterweise sind auch heute noch, recht große (zumindest für polnische Verhältnisse) Weinberge zu sehen, vor allem im Katzengebirge (Wzgórza Trzebnickie) nordwestlich von Trzebnica (Trebnitz) und um den Zobtenberg (Ślęża), in einem Umkreis von etwa 15-20 km vom Berg. Aber nicht nur dort. Weinberge gibt es auch im Bartschtal (Dolina Baryczy), in der Nähe von Złotoryja (Goldberg), Świerzawa (Schönau an der Katzbach) oder Polkowice (Polkwitz).
Eines der ältesten und größten Weingüter in Polen überhaupt ist jedoch das 2001 gegründete Weingut Jarowek in Miękinia (Nimkau) bei Wrocław (Breslau), in der Nähe von Środa Śląska (Neumarkt in Schlesien). Im Wappen der letztgenannten Stadt ist eine Rebe zu finden, was darauf hindeutet, dass der Weinbau in der Vergangenheit sogar eine Schlüsselindustrie für die lokale Wirtschaft war – dies wird durch Dokumente aus dem 14. und 15. Jahrhundert bestätigt.

Wie viele Weingüter gibt es in Polen?
Die vom Nationalen Zentrum für die Unterstützung der Landwirtschaft (KOWR, Krajowy Ośrodek Wsparcia Rolnictwa) geführte Liste enthält derzeit mehr als 50 Weingüter aus Niederschlesien. Es handelt sich dabei weniger um Hobbywinzer als um Weinproduzenten. In ganz Polen sind 445 Weingüter registriert, die für den Markt produzieren.
Die niederschlesischen Weingüter haben in der Regel kleine Anbauflächen, nur wenige haben eine Fläche von mehr als 10 Hektar (dies ist im ganzen Land der Fall). Dennoch mangelt es in der Region nicht an Winzern mit Ambitionen, Qualitätsweine zu erzeugen, die auch bei nationalen Wettbewerben ausgezeichnet werden.

Welcher Wein wird in Niederschlesien angebaut?
In den so genannten “alten Weinländern” werden bestimmte Regionen in der Regel von bestimmten, gut assoziierten und manchmal endemischen Rebsorten dominiert. In Niederschlesien gibt es keine eigene Rebsorte, und auch die Vielfalt der hier angebauten Rebsorten ist recht groß. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die meisten niederschlesischen Weingüter relativ jung sind – in der Regel sind sie erst seit einem oder zwei Jahrzenhten in Betrieb, in der ersten Winztergeneration, selten in der zweiten. Aus diesem Grund experimentieren die Winzer hier noch mit unterschiedlichen Rebsorten und prüfen, welche unter den örtlichen Bedingungen die besten Ergebnisse bringen.
Und welche Rebsorten fühlen sich in Niederschlesien am wohlsten? Hybridsorten (Pilzwiderständige Sorten, kurz: PiWis) sind hier sehr verbreitet, darunter Solaris, Cabernet Cortis, Johanniter, Regent, Rondo oder Dornfelder. Aber auch die Edle Weinrebe (Vitis vinifera) kommt nicht zu kurz. Dazu gehören Riesling, Chardonnay, Grauburgunder, Spätburgunder, Gewürztraminer oder Sauvignon Blanc.

Die Entwicklung des Weinbaus in der Region wird durch das wärmere Klima begünstigt. Dies war auch im Mittelalter der Fall, als es in der Region deutlich wärmer war. Der Unterschied besteht darin, dass der schlesische Wein damals nicht von hoher Qualität war und mit besseren ausländischen Weinen vermischt oder mit Honig gesüßt und aromatisiert wurde. Jetzt besteht an solchen Maßnahmen kein Bedarf mehr.
In Niederschlesien ist derzeit eine Weinlese im Gange. Die weißen Sorten sind bereits geerntet worden, und die Ernte der roten Sorten beginnt jetzt.

Text & Bilder: Sławomir Szymański