Die Andreasbaude im Waldenbuger Bergland ist 90 Jahre alt

Sie gehört zu den jüngsten Bauden in den Sudeten – und genießt Kultstatus

Durch ihre günstige Lage am Knotenpunkt vieler Wanderwege ist sie sehr beliebt bei Wanderern.

Die Andreasbaude, heute Schronisko PTTK Andrzejówka, liegt auf einer Höhe von 805 m  ü. d. M. im Waldenburger Bergland, in der Nähe des Drei-Täler-Passes im Zentrum der Dürren Gebirge (Góry Suche), dem höchsten Gebirgszug der Steinberge (Góry Kamienne). Der Grundstein wurde am 20. Juli 1933 gelegt, die feierliche Eröffnung fand am 21. Oktober 1933 statt. Zum Vergleich: Die ältesten Bauden in den Sudeten, die Hampelbaude (Strzecha Akademicka) und die Wiesenbaude (Luční bouda), sind in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden.

Andreasbaude vor 1945, Foto. polska-org.pl.

Die Andreasbaude wurde „aus wilder Wurzel“ (in cruda radice, d. h. auf einem zuvor nicht genutzten Gelände) errichtet und war von Anfang an ausschließlich für touristische Zwecke bestimmt. Der intensiv wachsende Ballungsraum Waldenburg (heute Wałbrzych) trug zu einem Anstieg des Fremdenverkehrs bei, was für die neue Einrichtung in Stadtnähe zweifellos ein Vorteil war. Neben Waldenburg waren Bad Charlottenburg (Jedlina Zdrój), Bad Salzbrunn (Szczawno Zdrój) und Görbersdorf (Sokołowsko) wichtige Ausgangspunkte für die Mittelsudetenwanderwege.

Andreasbaude heute als Schronisko PTTK Andrzejówka, Fot. FB Schronisko PTTK Andrzejówka.

Die Wahl des Standortes für die Baude erwies sich als äußerst geeignet, da sie in sehr günstigen topographischen Verhältnissen liegt: auf einer Höhe von 805 m, am Fuße des hohen Heidelberges (poln. Waligóra, 936 m), wo die oberen Enden von drei Tälern aneinandergrenzen, weshalb der Ort heute als Drei-Täler-Pass bekannt ist. Diese Lage bestimmte von Anfang an die Rolle der Andreasbaude als Knotenpunkt von Wanderwegen, die von den oben genannten und auch von anderen Orten aus führten. In kurzer Zeit wurde die Baude zu einem wichtigen Bindeglied zwischen den Routen der West- und Ostsudeten. Diese Funktion erfüllt sie auch heute noch.

Die vom Architekten F. Kronke aus Waldenburg entworfene Holzbaude ist nach dem Initiator ihres Baus, Andreas Bock (1866-1942), dem Vorsitzenden des Waldenburger Gebirgsvereins, benannt. Er initiierte den Bau, sammelte Gelder und leitete die Bauarbeiten. Er galt als Schöpfer der Baude, weshalb sie den Namen Andreasbaude erhielt, der sich in einer polonisierten Version (Andreas = Andrzej) bis heute erhalten hat. Das Bauvorhaben ging rie Grundsteinlegung fand am 20. Juli 1933 statt, die fertige Baude wurde am 21. Oktober 1933 feierlich eingeweiht.

Hans Brochenberger, ein Künstler aus Janowitz (Janowice), schuf die stilvollen Skulpturen, die noch heute das Innere der Baude schmücken. Im Speisesaal schnitzte er auf einer der Säulen den guten Geist des Hauses, den Berggeist, der symbolisch die ganze Last trägt. Legenden über den Berggeist, auch Rübezahl genannt, sind im ganzen Sudetenland auch heute bekannt. Andere Säulen sind in der Regel mit schlesischen Motiven geschmückt, wie zum Beispiel einem Tänzerpaar, einem Trauzeugen oder einem Hochzeitspaar. Es gibt auch Waldtiere, einen Schafhirten und einen Skifahrer, der auf der Treppe, die zum Boden führt, Ski fährt.

Schnitzereien von Hans Brochenberger im Inneren der Andreasbaude.

Die ersten Wirte der Baude waren die Eheleute Otto und Margarete Rübartsch. Otto Rübartsch, ein Gastwirt, stammte aus einer alten Bierbrauer- und Gastwirtsfamilie aus der Nähe von Bad Reinerz (Duszniki Zdrój) und wurde von Andreas Bock als Pächter der Baude vorgeschlagen. Die neue Baude hatte drei Speisesäle mit fast 220 Plätzen, weitere 300 Plätze befanden sich im Bereich vor dem Gebäude. Der Teil für die Beherbergung war wesentlich bescheidener, die Andreasbaude hatte nur 25 Betten. LINK

In kurzer Zeit wurde die Baude sehr beliebt, sowohl im Sommer als auch im Winter. Im Februar 1936 besuchte sie die Königin Wilhelmine von Holland zusammen mit ihrer Tochter, Prinzessin Juliane. Die Gäste unternahmen Ausflüge zum Schloss Fürstenstein (heute Zamek Książ) und nach Görbersdorf (Sokołowsko), wo damals eine Skimeisterschaft veranstaltet wurde. Die Königin selbst fuhr ebenfalls Ski, und Prinzessin Juliana erlernte diese Kunst unter der Anleitung von Mitgliedern örtlicher Vereine. Während des zweiwöchigen Besuchs (14.-28. XI.), der eine große Attraktion für die örtliche Bevölkerung darstellte, empfing die Baude keine anderen Gäste. Nach diesem Besuch erhielt Otto Rübartsch den Spitznamen Königlicher Baudenwirt.

Schnitzereien von Hans Brochenberger im Inneren der Andreasbaude: der Berggeist.

Die Hütte war auch Schauplatz zahlreicher lokaler Sonderveranstaltungen. Wie es sich für eine Baude mit diesem Namen gehört, veranstaltete der Waldenburger Gebirgsverein für seine Mitglieder traditionelle Andreasfeste mit Wahrsagerei und Tanz. Als Aprilscherzveranstaltung wurde ein festliches Winterbegräbnis abgehalten.

Das Kriegsschicksal von Andrzejówka glich dem vieler anderer touristischer Einrichtungen in den Sudeten. Die Herberge war bis zum Herbst 1944 in Betrieb, als sie von den NS-Behörden beschlagnahmt und der Hitlerjugend übergeben wurde, die dort Erholungs- und Ausbildungslager einrichtete. Im Januar 1945 wurde sie von der Wehrmacht als Hauptquartier einer Flugabwehrgruppe besetzt. Diese Aufgabe erfüllte Andrzejówka bis zu den letzten Kriegstagen, als die Familie des Pächters zusammen mit der Wehrmacht evakuiert wurde.

Die Nachkriegsgeschichte der Andreasbaude ist am wenigsten bekannt. Von August 1945 bis Mai 1946 wurde sie noch von Rübartsch betreut. Nach seiner Umsiedlung nach Deutschland wurde die Baude kurzzeitig von der Niederschlesischen Kohlenindustrievereinigung übernommen und später zu einer Herberge der Polnischen Tatra-Gesellschaft, Zweigstelle Wałbrzych. Im Januar 1953 wurde sie offiziell als PTTK-Baude (Polskie Towarzystwo Turystyczno-Krajoznawcze, d.h. Polnische Gesellschaft für Touristik und Landeskunde) eröffnet. Dieser formelle Zustand hat sich bis zum heutigen Tag gehalten. Lediglich die Pächter der Herberge haben gewechselt. Seit 2020 befindet sich das Objekt in den Händen eines… Andrzej. So schließt sich der Kreis der Geschichte.

Text und Fotos (wenn nicht anders angegeben): Agnieszka Bormann

Quellen: Homepage der Andreasbaude unter https://www.andrzejowka.eu/, Jeleniogórska Biblioteka Cyfrowa (Hirschberger Digitalbibliothek) unter https://jbc.jelenia-gora.pl/

Noch mehr aktuelle Fotos von der Baude finden Sie hier.