„Hier ist kein Urlaub, hier ist Film!“

Im Henryk-Tomaszewski-Theatermuseum in Wrocław ist eine Ausstellung zur Geschichte der Filmproduktion in der Odermetropole zu sehen

Anlass ist das 70. Jubiläum des Breslauer Spielfilmstudios.

Die Ausstellung Tu nie wywczas, tu film! (Hier ist kein Urlaub, hier ist Film!) wurde anlässlich des 70-jährigen Bestehens des Breslauer Spielfilmstudios vorbereitet. Ihr Titel ist nicht zufällig. Er bezieht sich auf eine Anekdote, die mit dem Schriftsteller Marek Hłasko verbunden ist. In den Jahren 1957 und 1958 kam er im Zusammenhang mit der Verfilmung seiner Werke – „Die Schlinge“ (Pętla), „Baza ludzi umarłych“ und „Der achte Tag der Woche“ (Ósmy dzień tygodnia) – mehrmals nach Niederschlesien. Als der Regisseur Czesław Petelski einen Film nach dem Roman „Der Nächste ins Paradies“ (Następny do raju) von Hłasko drehte, mussten die Dialoge geändert werden. Daher wurde beschlossen, den Autor an den Drehplan zu holen.

Diese Aufgabe übernahm der Aufnahmeleiter Henryk Szlachet, der den Schriftsteller mit „Herr Hłaskower“ ansprach. Szlachet rief Marek Hłasko in Warschau an und präsentierte ihm eine fast ideale Vision der Dreharbeiten: „Herr Hłaskower, Sie kommen und sehen: Hier ist Urlaub, kein Film“. Durch diese Worte ermutigt, erschien Hłasko am Abend am Drehort und nahm natürlich eifrig am gesellschaftlichen Leben der Filmcrew teil und feierte bis zum Morgengrauen. Als die Filmemacher am nächsten Morgen zu Dreharbeiten aufbrachen, ging Henryk Szlachet zu Hłasko, um ihn zu wecken. Diesmal aber lauteten die Worte: „Herr Hłaskower, stehen Sie auf, das ist kein Urlaub, das ist Film!“. Dieser Satz wurde zu einem festen Bestandteil des Vokabulars der Mitarbeiter des Breslauer Spielfilmstudios.

Die Ausstellung zur Geschichte des Breslauer Spielfilmstudios dauert noch bis zum 15. September und gibt Einblicke in ein die Nachkriegsgeschichte des polnischen Filmes.

Dem Spielfilmstudio und seinem Mitarbeitern ist die Ausstellung im Henryk-Tomaszewski-Theatermuseum gewidmet. Das Neonlicht mit dem berühmten Spruch wurde für die Zeit der Ausstellung aus dem Spielfilmstudio hierher versetzt. Die Ausstellung präsentiert die wechselvolle und interessante Geschichte des Spielfilmstudios.

Politische Entscheidung stimuliert kulturelles Leben

Am 1. Januar 1954 hat das Spielfilmstudio in Wrocław seine selbständige Tätigkeit angefangen. Und obwohl seine Eröffnung eine eindeutig politische Entscheidung war – man wollte zeigen, dass in der ehemaligen deutschen Stadt nun das polnische kulturelle Leben blüht – hat es dazu beigetragen, dass die niederschlesische Hauptstadt zu den wichtigsten Kulturstätten Polens wurde. Hier entstanden Meilensteine der polnischen Filmgeschichte, u. a. „Asche und Diamant“ von Andrzej Wajda, „Das Messer im Wasser“ von Roman Polański, „Die Handschrift von Saragossa“ von Jerzy Wojciech Has, „Das Personal“ von Krzysztof Kieślowski oder „Eine alleinstehende Frau“ von Agnieszka Holland.

Das Neonlicht mit dem Spruch „Tu nie wywczas, tu film“ (Hier ist kein Urlaub, hier ist Film!) hängt über dem originalen Montagetisch aus dem Spielfilmstudio.

Für viele von den Regisseuren und Filmemachern war das Spielfilmstudio ein Zuhause. Früher gab es direkt bei den Drehhallen auch Übernachtungsmöglichkeiten, so dass man oft in den „Hausschuhen und Morgenmantel“ auf den Drehplan kommen konnte. Es wurde bis spät in der Nacht gesessen, diskutiert, gearbeitet und geplant. Man hatte etwas, was den heutigen Filmemachern nicht mehr zur Verfügung steht: die Zeit. Das Spielfilmstudio war nämlich bis zur Wende eine staatliche Institution. Deshalb hat man sich bei den Produktionen nicht besonders beeilt. Die Filme drehte man durchschnittlich drei-vier Monate, manchmal noch länger. Der große Vorteil war, man konnte sich besser kennenlernen (es war oft von der großen Filmfamilie die Rede) und alle Einzelheiten besprechen und planen. Die Filmrollen waren sehr teuer, die mehrfache Aufnahme einer Szene war begrenzt. Deshalb waren die alten Filme bis ins kleine Detail ausgearbeitet.

Nach der Wende bis heute

Die Wendezeit und die 1990er Jahre waren besonders schwierig für die Institution. Man versuchte sich mit den ausländischen Produktionen zu retten (u. a. „Frankenstein“ von David Wickes oder „Aimée und Jaguar“ von Max Färberböck), aber es war zu wenig. Es ist ein Wunder, dass das Spielfilmstudio überdauert hat und bis heute tätig ist. In den zwei Hallen, die den Filmemachern zur Verfügung stehen, entstehen neue Filme. Die nächste Produktion – ein Film über Frédéric Chopin mit Eryk Kulm Junior in der Hauptrolle – soll ab September gedreht werden (in den Hallen des Spielfilmstudios wird die Warschauer Wohnung von Chopin gebaut). Es wird weitergearbeitet und der Spruch „Hier ist kein Urlaub, hier ist Film!“ ist immer noch aktuell.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka