Vor 200 Jahren wurde in Breslau Ferdinand Lassalle geboren

Der Politiker war einer der Wortführer der frühen deutscher Arbeiterbewegung und einer der Gründerväter der SPD

In seiner Heimatstadt Breslau (Wrocław) wird an ihn mehrfach erinnert.

Im Rahmen der 3. Academia Silesia nutzt der Bundestagsabgeordnete des Rhein-Sieg-Kreises, Sebastian Hartmann (SPD), die Gelegenheit, um über die Person Ferdinand Lassalle (1825-1864) zu sprechen. Nicht ausschließlich biografisch, sondern vielmehr im Kontext der Bedeutung dieses Schlesiers für die deutsche Arbeiterbewegung und die Sozialdemokratie. Seine Vision von sozialer Gerechtigkeit, politischer Teilhabe und demokratischen Werten lebt in der heutigen Sozialdemokratie weiter. Seine Ideen und sein Engagement haben den Grundstein für die politischen Bewegungen gelegt, die für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen. Zudem: Es geht um die verbindenden Aspekte Schlesiens und Deutschlands, die bis in die Gegenwart hineinwirken.

Ferdinand Lassalle war einer der Wortführer der frühen deutschen Arbeiterbewegung, Hauptinitiator und Präsident der ersten sozialdemokratischen Parteiorganisation im deutschen Sprachraumund und somit einer der Gründerväter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Er wurde am 11. April 1825 in Breslau geboren. Sein Geburtshaus (Roßmarkt 6, später Carlsplatz 2, heute Bohaterów Getta) wurde zwar während des Zweiten Weltkrieges zerstört, aber man kann in der niederschlesischen Hauptstadt andere Spuren seines Lebens und seiner Tätigkeit finden.

In Breslau verbrachte Lassalle seine Jugendjahre, hier studierte er einige Zeit an der Friedrich-Wilhelm-Universität (heute Uniwersytet Wrocławski), hier wurde er auf dem jüdischen Friedhof in der Lohe-Str. (ul. Ślężna) begraben. Im Breslauer Rathaus steht seine Büste in der Galerie der Großen Breslauer, im Königlichen Schloss werden zahlreiche Andenken präsentiert. Anlässlich seines Geburtstages organisieren das Breslauer Zentrum Ośrodek Myśli Społecznej im. F. Lassalle’a und die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Reihe von Veranstaltungen. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten ist eine Gruppe ehemaliger Stipendiaten der Stiftung aus Polen und Deutschland nach Wrocław gekommen.

Über das Leben von Ferdinand Lassalle

Ferdinand Lassalle wurde in der jüdischen Familie geboren. Sein Vater Heyman Lassal (auch „Loslauer“ genannt) stammte aus Loslau (Wodzisław Śląski) und war ein wohlhabender Seidenhändler. Er erhoffte sich, dass sein Sohn in der Zukunft das Geschäft übernehmen wird. Ferdinand Lassalle hatte jedoch andere Pläne. Er besuchte von 1835 bis 1840 das Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau (das Gebäude existiert nicht mehr, an seiner Stelle steht heute das Qubus-Hotel) und danach – auf Wunsch seines Vaters – die Handelsschule in Leipzig, die er vorzeitig verließ. Er wusste, dass der Handel nicht für ihn ist. Er wollte studieren. Im Jahre 1841 kehrte er nach Breslau zurück und legte zwei Jahre später die Reifeprüfung am Matthiasgymnasium (heute Nationalstiftung Ossolineum) ab. Allein, in einem Dachstübchen seines Elternhauses, ohne dass der Vater es wusste, studierte er Texte, um sich für das Examen an der Friedrich-Wilhelms-Universität vorzubereiten. Einen besonderen Einfluss hat auf ihn die Philosophie Hegels ausgeübt. Von 1843 bis 1846 studierte er Geschichte, Archäologie, Philosophie und Philologie an den Universitäten Breslau und Berlin. Mit Beginn seines Studiums trat Lassalle 1843 der Breslauer Burschenschaft der Raczeks bei. Das sollte einen Einfluss auf die Herausbildung seiner Ehrbegriffe und seines geradezu aristokratischen Lebensstils haben.

Er nahm neben Karl Marx und Friedrich Engels aktiv am Revolutionsgeschehen von 1848 teil und versuchte eine Annäherung an den deutschen Reichskanzler Bismarck. Am 23. Mai 1863 wurde in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) gegründet, die erste Parteibildung der sozialdemokratischen Bewegung in Deutschland, dessen erster Präsident Ferdinand Lassalle wurde. In den Statuten des Vereins wurde betont, dass die Arbeiterbewegung ihre Ziele nur auf legalem Wege und mit friedlichen Mitteln durchsetzen wolle.

Sein Leben und seine glänzende politische Karriere endeten am 31. August 1864 in Genf bei einem Duell wegen einer Liebesbeziehung zu Helene von Dönniges. Am 15. September 1864 wurde Ferdinand Lassalle in seiner Heimatstadt Breslau auf dem Jüdischen Friedhof bestattet. Sein Gedenkstein hatte ursprünglich die Inschrift: „Hier ruhet, was sterblich ist von Ferdinand Lassalle, dem Denker und Kämpfer“. Während des Zweiten Weltkrieges war der Jüdische Friedhof in Breslau Frontgebiet. Nach dem Ende des Krieges und der Verschiebung der Grenze geriet er in Vergessenheit. Im Jahre 1975 wurde das Grab in das Denkmalsregister der Stadt Wrocław aufgenommen und zum 120. Todestag von Lassalle 1984 von polnischen Denkmalpflegern fachlich saniert. Seit 1997 steht das Grab Lassalles unter der Aufsicht des Breslauer Stadtmuseums (der alte jüdische Friedhof ist heutzutage ein Museum der Grabsteinkunst) und zieht seit vielen Jahren viele Besucher aus den Reihen der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung an.

Text: Małgorzata Urlich-Kornacka