Oberschlesisches Pantheon ohne deutsche Oberschlesier

Nur polnische Oberschlesier werden im Oberschlesischen Pantheon in Kattowitz (Katowice) vertreten

Der erste offizielle Vorstoß, auch Deutsche aus der Region in die Ausstellung aufzunehmen, scheiterte.

Im Oberschlesischen Pantheon (Panteon Górnośląski) in Kattowitz (Katowice) werden in einer Ausstellung wichtige oberschlesische Persönlichkeiten porträtiert. Allerdings nur polnische Oberschlesier. Auf den Antrag des Verbandes der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), auch Deutsche aus der Region in die Ausstellung aufzunehmen, reagierte die Direktion des Oberschlesischen Pantheons mit einem klaren „Nein“.

„Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die von Ihnen zur Aufnahme in die Liste der verdienstvollen Persönlichkeiten vorgeschlagenen Personen keine Akzeptanz des Programmrates des Oberschlesischen Pantheons fanden“, so die Begründung des Direktors der Kattowitzer Institution. Bereits Ende des vergangenen Jahres bat der Dachverband der Organisationen der deutschen Minderheit in Polen, im Oberschlesischen Pantheon auch verdiente Oberschlesier zu berücksichtigen, die dem deutschen Kulturkreis angehört hatten. Auf der Wunschliste befanden sich Carl Ulitzka, Geistlicher, Politiker der katholischen Zentrumspartei, Häftling des KZ-Dachau, Eduard Pant, Aktivist der deutschen Minderheit in Polnisch-Oberschlesien, Senator der Republik Polen, überzeugter Antifaschist, Befürworter engster Kooperationen deutscher und polnischer christlich geprägter Parteien, Joseph von Eichendorff, großer Dichter der Romantik, Johann Kroll, Mitbegründer der deutschen Minderheitenorganisation 1989/1990 und Ludwig Guttmann, Ideengeber der paraolympischen Spiele. Wie im weiteren Teil der Begründung zu lesen ist, würden diese Persönlichkeiten die vorgegebenen Kriterien nicht erfüllen, da sie sich im Zeitraum 1918–2022 nicht für den polnischen Charakter Oberschlesiens eingesetzt hätten. 

In seiner Stellungnahme zu der ablehnenden Antwort des Oberschlesischen Pantheons wies der Vorstand des VdG darauf hin, dass die Region von polnischen, deutschen und teilweise von tschechischen Einflüssen geprägt sei. Daher sei das in der Ausstellung präsentierte Bild Oberschlesiens verzerrt, wenn sie bedeutende Persönlichkeiten ausschließt, die sich als Oberschlesier, zugleich aber als Deutsche, Tschechen oder Mähren fühlten oder auch ihre ethnische Zugehörigkeit nur regional definierten. Der VdG appelliert deswegen an die Träger des Oberschlesischen Pantheons – das Warschauer Ministerium für Kultur und Nationales Erbe, die Woiwodschaft Schlesien, die Erzdiözese Kattowitz (Katowice) und die Stadt Kattowitz, – die Satzung der Institution so zu modifizieren, dass die im Pantheon präsentierte Ausstellung das gesamte Bild der multikulturellen Vergangenheit der Region widerspiegeln kann.

Die Christkönigskathedrale in Kattowitz. In ihrem Untergeschoss befindet das Oberschlesische Pantheon. Fot. Grzegorz Bargiela, Quelle: wkatowicach.eu

Das Oberschlesische Pantheon ist ein modernes, multimediales Museum ohne Exponate im klassischen Sinne. Die am 19 Juni 2022, dem 100. Jahrestag des Anschlusses der östlichen Teile der Region an Polen eröffnete Einrichtung befindet sich im Untergeschoss der Christkönigskathedrale in Kattowitz. Die Auswahl der Protagonisten weckte von Anfang an Kontroversen. Auch wenn die Ausstellung trotz der Satzungsvorgaben einige wenige Persönlichkeiten aus dem deutschen Kulturkreis berücksichtigt (die heilige Hedwig, die seliggesprochene Maria Merkert und die Wohltäterin Eva von Tiele-Winkler), wurde sie von der Bewegung für die Autonomie Schlesiens (RAŚ) als tendenziös bezeichnet. In medialen Berichten wurde zudem mehrmals betont, dass das Pantheon bestimmte Inhalte aus der regionalen Geschichte verschweigen würde. Beispielsweise wies das Internetportal www.tuudi.net in seinem kritischen Kommentar unter anderem darauf hin, dass die Ausstellung zwar die polnischen Aufstände von 1919–1921 erwähnt, gleichzeitig aber verschweigt, dass sich die meisten Oberschlesier bei der Volksabstimmung von 1921 für den Verbleib ihrer Heimat bei Deutschland aussprachen.

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Text: Dawid Smolorz