Der Kampf gegen das unbequeme Erbe

Heraldische Polonisierung

Als Elemente der deutschen Vergangenheit wurden nach dem Wechsel der staatlichen Zugehörigkeit Oberschlesiens mehrere Stadtwappen geändert.

Solche Bemühungen begannen nicht erst 1945. Bereits in der Zwischenkriegszeit fiel das Wappen der 1922 polnisch gewordenen Stadt Königshütte/ Chorzów der heraldischen Polonisierung zum Opfer. Nicht akzeptabel für die neue Verwaltung waren die Krone der preußischen Könige und das goldene „W” als Monogramm Wilhelm I. Fast 16 Jahre lang verwendete die Stadt inoffiziell diverse entdeutschte Varianten des Stadtwappens, bis 1938 ein neues Symbol eingeführt wurde. Kurioserweise wurde in dem neuen Emblem sogar der Halbadler der schlesischen Piasten durch den Halbadler der oberschlesischen Piasten ersetzt. Da der erstere schwarz ist, weckte er in Polen schlechte Assoziationen. Hatten doch alle drei Mächte (Preußen, Österreich und Russland), die im späten 18. Jahrhundert die polnisch-litauische Adelsrepublik untereinander geteilt hatten, in ihren Wappen schwarze Adler. Bei der Entdeutschung von Königshütte beschränkte man sich jedoch nicht nur auf die Symbolik. Der amtliche polnische Ortsname lautete nach 1922 „Królewska Huta”, was eine wörtliche Übersetzung der ursprünglichen deutschen Bezeichnung war. Schon 1934 wurde aber die Stadt in „Chorzów“ umbenannt – so hieß bis dahin ein eingemeindetes Dorf, seitdem „Chorzów Stary“. Damit entledigte man sich der preußischen Könige auch aus dem Stadtnamen.

Obwohl das in den Zeiten der Weimarer Republik genehmigte Wappen von Hindenburg/ Zabrze mit seinem Ziegelturm und Zahnrad auf den ersten Blick wie geschaffen war für eine sozialistische Stadt, wurde seine Verwendung 1948 unter Strafe verboten. Denn beide genannten Elemente wurden als Symbole der Grenzlage im Deutschen Reich und der deutschen Präsenz im Osten interpretiert. In dem 1950 eingeführten neuen Stadtemblem von Hindenburg waren ein goldener Halbadler, der den piastischen und damit den polnischen Ursprung des Ortes symbolisieren sollte, sowie eine schwarze Pike und ein Lorbeerzweig zu sehen, welche für den sozialistischen Wettbewerb standen. Obwohl das neue Wappen selbst von polnischen Heraldikern als den Regeln widersprechend kritisiert wurde, führte es die Stadt bis zum Fall des Kommunismus. Erst 1990 beschloss der demokratisch gewählte Stadtrat die Wiedereinführung des traditionellen Wappens mit Turm und Zahnrad (Mehr dazu können Sie hier lesen).

Das Wappen von Gleiwitz/ Gliwice war für die polnisch-kommunistische Verwaltung nach 1945 gleich aus zwei Gründen inakzeptabel. In der direkten Nachkriegszeit assoziierten die meisten Polen den Halbadler der Habsburger nicht nur mit den Teilungen ihres Landes, sondern (obwohl es keinen dazu Grund gab) auch mit der deutschen Besatzung. Nicht gern gesehen war zudem in der sozialistischen Wirklichkeit die Muttergottes mit Jesuskind als Element der städtischen Symbolik. So wurden die unbequemen Elemente schlicht entfernt. Die polonisierte Version war in diesem Falle jedoch nicht ganz künstlich, denn sie entsprach im Großen und Ganzen der ältesten Darstellung des Stadtwappens aus dem späten 14. Jahrhundert. Die beseitigten Elemente waren dem Wappen nach dem Dreißigjährigen Krieg hinzugefügt worden. Damit hatte sich der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Ferdinand II. für die heldenhafte Verteidigung der Stadt vor den protestantischen Verbänden im Jahr 1626 bedankt. Nach 1989 wurde zwar über die Einführung des alten Wappens diskutiert, doch fand die Idee unter der mehrheitlich zugezogenen Bevölkerung nicht allzu viele Anhänger.

Wie Königshütte lag auch Tarnowitz/ Tarnowskie Góry schon seit 1922 innerhalb der Grenzen Polens. Dennoch überstanden die deutsch anmutenden Elemente in dem Wappen dieser Stadt die gesamte Zeit der Zweiten Polnischen Republik. Der schwarze Halbadler des Markgrafen Georg Friedrich I. von Brandenburg, der Tarnowitz das Wappen verliehen hat und mit diesem Element seinen Anspruch auf den Thron des Herzogtums Preußen unterstreichen wollte, verschwand erst in den 1950er Jahren. 1990 wurde die Symbolik zwar geändert, doch beschränkte man sich dabei  grundsätzlich nur auf die Farbgebung. Die „amputierte“ Variante des Stadtwappens galt bis 2002, als der Stadtrat einstimmig eine Rückkehr zu dem Wappen des Markgrafen Georg Friedrich I beschloss.

Text: Dawid Smolorz