Als die Olympischen Spiele in Schreiberhau möglich waren

In den 1930er Jahren war Schreiberhau ein ernsthafter Kandidat, Olympische Winterspiele auszurichten

Wird die Idee, die Olympia im Riesengebirge zu organisieren, wieder aufgegriffen?

In den 1930er Jahren war Schreiberhau (heute Szklarska Poręba) der ernsthafte Konkurrent von Garmisch-Partenkirchen im Wettbewerb um das Recht, Olypische Winterspiele auszurichten. Das IOC (International Olympic Committee) verlieh Deutschland das Recht, die Olympischen Winterspiele 1936 zusammen mit den Sommerspielen auszurichten. Als Austragungsort für die Winterspiele bewarben sich mehrere Orte: Garmisch und Partenkirchen (damals noch getrennt, sie wurden vor den Spielen zusammengelegt), Schreiberhau, Oberhof (Thüringen), Feldberg (Baden-Württemberg) oder Schierke (Sachsen-Anhalt). Zu einem bestimmten Zeitpunkt waren nur noch die Orte in Bayern und Schlesien im Rennen.

Winterattraktionen in Schreiberhau in der Mitte der 1930er Jahre. Quelle: www.polska-org.pl.

Die Bedingungen waren gut

Hatte Schreiberhau wirklich die Voraussetzungen und Möglichkeiten, die Winterspiele 1936 zu organisieren? Damals war das sicherlich kein Wunschtraum. Die sportliche Infrastruktur war bereits in den frühen 1930er Jahren sehr gut entwickelt. Hierfür können mehrere Beispiele angeführt werden.

Wie der hervorragende Historiker Przemysław Wiater über den Wintersport in den Sudeten schrieb, galt die 1925 eröffnete Zackelfallbobbahn in Schreiberhau als die größte und schönste der Welt. Außerdem wurde sie zum Vorbild für die olympische Bobbahn im amerikanischen Lake Placid. Im Jahr 1933 wurde auf der Zackelfallbobbahn die Weltmeisterschaft im Zweierbob ausgetragen. Es kann hinzugefügt werden, dass im Jahr 1925 fanden in Schreiberhau die Winterspiele der 1. Arbeiterolympiade statt. Außerdem wurden hier viermal in den 1920er und 1930er Jahren hier die deutschen Rennrodelmeisterschaften ausgetragen.

In den späten 1920er Jahren wurde beschlossen, auch eine spektakuläre Skisprungschanze hier zu bauen. Die Himmelsgrundschanze, die sich in der Nähe des Zackelfall befindet, wurde 1932 eröffnet. Für die damalige Zeit war es eine moderne Anlage: mit einem Startturm, einer zweistöckigen Zuschauertribüne für die Richter, Einrichtungen für Journalisten und natürlich für das Publikum. Der Wettbewerb konnte dort sogar von mehreren tausend Zuschauern verfolgt werden.

In der näheren Umgebung von Schreiberhau gab es damals – wie auch heute – ausgezeichnete Langlaufloipen, und es wäre auch kein Problem gewesen, alpine Wettbewerbe zu organisieren, die bei den Winterspielen 1932 erstmals ins olympische Programm aufgenommen wurden.

Anfang der 1930er Jahre gab es auch Pläne für den Bau eines Eisschnelllaufstadions in Schreiberhau. Das Riesengebirge verfügte auch über angemessene Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten für Gäste. Warum also hat Schreiberhau den Wettbewerb um die Olympischen Spiele verloren?

Die Kriterien waren unklar

Theodor Lewald, der Vorsitzende des Organisationskomitees der Olympischen Spiele 1936, machte von Anfang an keinen Hehl aus seiner Sympathie für Garmisch-Partenkirchen. Ein Besuch drei deutschen Olympiaverantwortlichen in bayerischen Orten (darunter Lewald) wurde ebenfalls organisiert. Schreiberhau und anderen Bewerberstädten statteten sie keinen solchen Besuch ab. Die Kandidatur der kleinen Gemeinden Garmisch und Partenkirchen, mit starker Unterstützung der wichtigsten bayerischen Behörden und Institutionen, kam schnell und entscheidend an die Spitze.

Der Kurort im Riesengebirge wollte dies nicht akzeptieren und betonte, dass seine Bedingungen nicht schlechter seien und es außerdem als Stadt im Osten Deutschlands einen Entwicklungsimpuls brauche. Doch im Sommer 1933 traf das Deutsche Olympische Komitee die endgültige Entscheidung, dass die Olympischen Spiele in den bayerischen Alpen und nicht im schlesischen Riesengebirge stattfinden sollten, obwohl nicht bekannt ist, welche Argumente wirklich vorherrschten. 

Auf der Skisprungschanze in Schreiberhau fanden im Januar 1936 nur die Vorausscheidungen für die deutsche Olympiamannschaft statt.

Bobsturz am 12.1.1932 auf Zackelfall-Bobbahn, Quelle: www.polska-org.pl.

Die olympische Idee lebt im Riesengebirge weiter

Nach 1945 verfielen die Sportanlagen in Schreiberhau allmählich. Auf der Himmelsgrundschanze wurden 1973 noch die polnischen Meisterschaften ausgetragen. Interessante Tatsache: es nahm Wojciech Fortuna daran teil, Goldmedaillengewinner der Olympischen Winterspiele in Sapporo 1972 und der erste Pole, der die wertvollste Medaille der Winterspiele gewann. Doch bald darauf wurde die Schanze wegen ihres sehr schlechten technischen Zustands abgebaut. Die Bobbahn, einst so berühmt, war bereits vorher in Vergessenheit geraten.

Sind auch die Olympischen Spiele endgültig in Vergessenheit geraten? Im Jahr 2017 wurde die Idee geäußert, die 26. Olympischen Winterspiele im Jahr 2030 im Riesengebirge auszutragen. Nach den ursprünglichen Plänen der lokalen Regierungsvertreter aus Karpacz (Krummhübel) und Szklarska Poręba (Schreiberhau) sollte sie sowohl auf der polnischen als auch auf der tschechischen Seite des Gebirges stattfinden.

Es handelte sich jedoch nur um eine lokale Initiative, die nicht in eine konkrete Kandidatur mündete. Die Organisation der Spiele im Riesengebirge wäre heute auch eine unvergleichlich schwierigere Aufgabe als vor fast 100 Jahren. Die Anforderungen an die Bedingungen – z. B. bei den alpinen Wettbewerben – und an die gesamte notwendige Sport- und Begleitinfrastruktur sind deutlich gestiegen. Sogar Oslo (das ursprünglich an den Spielen 2022 interessiert war) hat sich aufgrund der horrenden Kosten gegen die Ausrichtung eines solchen Ereignisses entschieden.

Zuschauer bei den Bobrennen. Quelle: polska-org.pl.

Eine zeitgemäße Infrastruktur

Wie sieht die Infrastruktur für den Wintersport in Schreiberhau heute aus? Die Abfahrtspisten dienen hauptsächlich dem individuellen Sportvergnügen. Wenn es um Sport geht, ist Schreiberhau – und insbesondere sein Ortsteil Jakuszyce – vor allem für den Skilanglauf bekannt. Vor einigen Jahren wurden dort sogar Weltcup-Wettbewerbe ausgetragen. Zurzeit wird der Bau des Niederschlesischen Sportzentrums auf der Jakuszycka-Wiese abgeschlossen. Es soll das modernste Skilanglauf- und Biathlonzentrum nicht nur in Polen, sondern auch in Europa werden. Der Standort für eine solche Anlage ist gut gewählt, denn in diesem Teil des Isergebirges fehlt fast nie Schnee.

Es besteht also eine Chance, dass in der Zukunft die Großveranstaltungen wie zum Beispiel die Nordischen Skiweltmeisterschaften in der Region stattfinden werden. Immerhin wurden sie 2009 im benachbarten Liberec (Reichenberg) abgehalten.

Text: Sławomir Szymański